Bad Honnefer Geschichte Was Wegekreuze Spannendes zu berichten haben
Bad Honnef · Immer wieder begibt sie sich auf eine spannende Spurensuche: Die Bad Honneferin Uschi Thienen recherchiert über Wegekreuze und ihre Geschichten. Nicht alle Rätsel hat sie dabei schon lösen können.
Den Wegekreuzen auf der Spur. Uschi Thienen ist schon viele Kilometer gegangen, um solche Denkmale zu entdecken. Jetzt legte sie eine Broschüre darüber vor, die dem Leser einen Überblick über die meist uralten Kreuze in der Innenstadt, in Selhof und Rhöndorf verschafft und den Anreiz, diesen Gebilden mit offenen Augen zu begegnen.
Den Kick erhielt Uschi Thienen bei vielen Wanderungen und Spaziergängen. Immer wieder fielen ihr in der Stadt und auch im Wald alte Kreuze auf. Oft half ihr die Dokumentation von Heimatforscher Karl Günter Werber aus dem Jahr 1968, die damals vom Heimat- und Geschichtsverein Herrschaft Löwenburg herausgegeben wurde. Einige der Kreuze hatten inzwischen jedoch Schaden genommen, waren restauriert oder versetzt worden. Und so musste die Autorin suchen und recherchieren.
Veröffentlichung von Karl Günter Werber aus dem Jahr 1968
Informationen fand Thienen darüber hinaus in einer Sammlung von HVZ-Texten von Adolf Nekum und Franzjosef Schneider. Nun legte sie ihre eigene Broschüre vor mit einer Zusammenstellung dieser Denkmale im Bad Honnefer Stadtgebiet. Ihr Mann Josef gestaltete das Heft – und wenn sich neue Erkenntnisse offenbaren, sollen sie in einer neuen Auflage berücksichtigt werden. Hinweise sind also jederzeit willkommen.
Gleich auf der ersten Seite gibt ein Inhaltsverzeichnis den Überblick über die Namen der Wegekreuze, auch mit alten Bezeichnungen in Mundart, die ihr an Heimatgeschichte ebenso interessierter Ehemann kennt. Da ist dann beispielsweise die Rede vom „Krüz om Maat“ oder vom „Beuele Krüz“.
Was einst schon im Vorwort des Werber-Büchleins stand, ist auch für Uschi Thienen Programm: diesen Kreuzen Aufmerksamkeit zu schenken, um die Erinnerung an Ereignisse zu wecken. Die meisten auf Honnefer Stadtgebieten erhaltenen Wegekreuze sind Votivkreuze, meistens von Ehepaaren „zur Ehre Gottes“ errichtet – wegen eines besonderen Ereignisses oder aufgrund eines Gelöbnisses. Es gibt Kreuze, die nach Unfall oder Mord aufgestellt wurden. Der Täter wurde meist verpflichtet, zur Sühne ein Kreuz am Ort der Tat aufzurichten. Auch den Weg von Prozessionen markieren Kreuze und dienten dabei häufig als Segensaltäre.
Prozession „Römerfahrt“ wird nachempfunden
Uschi Thienen hat von den versetzten Kreuzen neue Fotos gemacht und den Schwarz-Weiß-Fotos des Werber-Heftchens aktuelle Farbaufnahmen zur Seite gestellt. Interessant auch die Reihenfolge. So hat sie etwa die Prozession „Römerfahrt“ nachempfunden, die durch ganz Honnef führte und eine Nachahmung von Jesu Einzug in Jerusalem darstellte. Hintergrund war ein vielfach auch im Rheinland praktizierter Kompromiss: Die Christen sollten eigentlich einmal im Jahr zum Gedenken an Christi Leiden nach Rom wallfahren. Das war meist nicht möglich und so pilgerten sie am Palmsonntag oder in der Karwoche zu sieben Kirchen, Kapellen oder Kreuzen und Fußfällen, um dort zu beten. Die Nummer eins war Dells Kreuz an der oberen Bahnhofstraße. Die „Römerfahrt“ endete dann auf den Kirchenstufen. Zu diesen „sieben Fußfällen“ pilgerten übrigens auch Jungfrauen, um für die Genesung eines Schwerkranken oder dessen Heil im Himmel zu beten.
Spannend ist die Historie um die Kreuze. Wem fällt schon das Kreuz in der Pastoratsmauer an der Bergstraße auf? Vermutlich handelt es sich um ein Grabkreuz vom Kirchhof aus dem Jahr 1623. Vielleicht wurde es zur Reparatur der Mauer des Siegburger Hofes genutzt. So hatten sich 1829 Honnefer beim Kirchenvorstand beschwert, weil Grabkreuze vom Kirchhof zu Bauzwecken weggeschleppt und für den Schulbau genutzt wurden.
So sind viele Geschichten zu entdecken. Nicht immer gibt es eine Erklärung. Manchmal sind die Inschriften zu verwittert, etwa bei dem Sompekrüz, dem Kreuz im Sumpf, am Steg über den Obach, unterhalb der Einmündung der Kapellenstraße in die Beueler Straße. Auch hierbei handelt es sich um einen Todesfall, mehr ist nicht bekannt.
Stark beschäftigt sich Uschi Thienen aber auch mit den Kreuzen, die nicht auffindbar sind. So verschwand das Tilmann-Kreuz, dessen letzter bekannter Standort sich vor dem ehemaligen Verwaltungsgebäude der Bad Honnef AG an der Hauptstraße 21 befand. Es erinnert an den Unfalltod des Tilmann Uckerath im Jahre 1677. Es wurde in den 30er Jahren aus dem Stadtwald dorthin gebracht, weil das Haus damals eine heimatkundliche Sammlung aufnahm.
Rätsel um das Vredenkreuz
Auch das Vredenkreuz lässt Uschi Thienen nicht ruhen. „Da lasse ich nicht locker.“ Es erinnert am Wilhelm Vreden, geboren 1820 in Selhof. Er erlitt am 28. Dezember 1880 einen Herzschlag. Im Wald. 1989 wurde das Kreuz restauriert, etwas versetzt, damit es vom Weg aus sichtbar sein sollte. Und dennoch ist es nicht mehr aufzufinden. „Keiner erinnert sich. Ich bin deshalb schon viele Kilometer gegangen.“
Jedenfalls stachelten die Kreuze im Wald die Autorin, die auch im Gutenberg-Verein im Archiv mitarbeitet, dazu an, den Denkmälern im Wald eine eigene Broschüre zu widmen. Vielleicht hat sie bis zu dessen Erscheinen das Rätsel um das Vredenkreuz gelöst.