Spektakuläre Premiere von „Bad Honnef tanzt“ Wenn die Erde in Bad Honnef lauthals SOS ruft

Bad Honnef · Eine Zeitreise unternehmen zu können, um die Welt vor der Klimakatastrophe und anderen Begleitumständen des Lebens heutzutage zu retten, ist ein tröstlicher Gedanke. Zur Premiere von „SOS Erde“, dem Hauptstück von „Bad Honnef tanzt“, bringen 200 Kinder und Jugendliche tänzerisch ihre Sicht auf die Zukunft der Welt zum Ausdruck.

Wie leblos wirkende Zombies laufen die „Smombies“ in ihren grauen Jogginganzügen unablässig auf ihr Handy starrend durch die Welt.

Wie leblos wirkende Zombies laufen die „Smombies“ in ihren grauen Jogginganzügen unablässig auf ihr Handy starrend durch die Welt.

Foto: Frank Homann

Die Zukunft liegt verborgen im Inneren einer bunt leuchtenden Kugel, getragen von Kindern, die das kostbare Gut behutsam festhalten und leichtfüßig damit durch Zeit und Raum tanzen. Was wird sie bringen, die Zukunft? Eine Frage, die die junge Generation in besonderem Maße bewegt. All ihre Gedanken, Sorgen und Ängste, Träume und Wünsche, alles was sie tagtäglich bewegt und womit sie sich beschäftigen, haben 200 Kinder und Jugendliche aus Bad Honnef jetzt tänzerisch zum Ausdruck gebracht. „SOS Erde“ heißt das diesjährige Hauptstück des Projekts „Bad Honnef tanzt“, das am Dienstagabend im Ratssaal Premiere feierte.

Das Stück handelt von Schülern, die, um die Welt zu retten, Zeitzeugnisse ihrer Generation in eine Art „Kapsel“ verpacken und durch ein schwarzes Loch im All „zurück in die Zukunft“ schicken müssen. Dadurch geraten sie in Auseinandersetzung mit sich selber und den Themen der Gegenwart.

 Schauspieler Enno Kalisch, der in bad Honnef lebt, beeindruckt bei „Bad Honnef tanzt“ mit seiner enormen Bühnenpräsenz.

Schauspieler Enno Kalisch, der in bad Honnef lebt, beeindruckt bei „Bad Honnef tanzt“ mit seiner enormen Bühnenpräsenz.

Foto: Frank Homann

Ratssaal ist mit schwarzen Vorhängen komplett abgedunkelt

Mit dabei sind die Klassen 3a und 3b der Sankt Martinus Grundschule Selhof, die Internationale Vorbereitungsklasse des Siebengebirgsgymnasiums, die Klassen 1a und 1b der Gebrüder Grimm Schule Rheinbreitbach sowie Schüler der Stefan-Andres Realschule Plus in Unkel und der CJD Christophorusschule Königswinter. Ebenfalls auf der Bühne steht Schauspieler Enno Kalisch, der in die Rolle des Lehrers schlüpft. Profimusiker Björn Jentsch hat die Musik komponiert, für die 3D-Videos zeichnet Lieve Vanderschaeve verantwortlich. Für die Inszenierung wurde der Ratssaal mit schwarzen Vorhängen komplett abgedunkelt und mit professionellen Scheinwerferkonstruktionen und einer Tribüne fürs Publikum in einen echten Theatersaal verwandelt. „Es war wirklich sehr aufwendig, den Raum wirklich dunkel zu bekommen“, berichtet Choreografin und Regisseurin Anna-Lu Masch. Aber schließlich sollen die eindrucksvollen Projektionen ja ihre volle Wirkung entfalten.

Masch hat „S0S Erde“ gemeinsam mit den jungen Darstellern entwickelt: „Alle Themen, Texte und Aussagen, die in dem Stück vorkommen, sind Originaltöne der Kinder und Jugendlichen“. Die junge Generation habe bereits viel mitgemacht: die Klimakrise, Corona, der Druck durch die sozialen Medien, viele hätten sogar Krieg und Flucht erlebt. „Wir wollen den Kindern eine Stimme geben“, erklärt Masch. Bedrückend sei für sie gewesen, wie negativ die Sichtweise der jungen Leute ist: „Das hat mich sehr erschrocken“.

Viele von denen, die am Dienstagabend auf der Bühne agierten wie die Profis, hatten bis vor wenigen Monaten mit Tanz rein gar nichts zu tun. Wie Sameer, Realschüler aus Unkel: „Anfangs hatte ich überhaupt gar keine Lust darauf“, erzählt der 15-Jährige. Auch seine Klassenkameraden seien zunächst wenig begeistert gewesen: „Können wir nicht bitte, bitte Fußball machen“, lautete die Reaktion, als der Lehrer die Teilnahme am Tanzprojekt vorschlug. Doch je weiter die Proben voranschritten, „desto mehr hat es mir gefallen“, berichtet Sameer.

Die Tatsache, dass das Stück sogar professionell auf die Bühne gebracht werden sollte, habe dann bei allen noch für einen zusätzlichen Motivationsschub gesorgt. Besonders gut ist bei den Jugendlichen angekommen, dass sie selber kreativ sein durften: „Der Tiktok-Tanz war eine Idee von uns“, berichtet Sameer stolz. Man wolle den Zuschauern ja „unsere Welt“ zeigen und in eben dieser spielen TikTok und andere soziale Netzwerke eine große Rolle. Bemerkenswert ist dabei, dass die tänzerische Auseinandersetzung der jungen Leute mit der Social-Media-Welt durchaus auch eine kritische ist.

Smombies starren ständig und wie leblos auf ihr Smartphone

So begeisternd war die „Bad Honnef tanzt“-Premiere von „SOS Erde“
21 Bilder

So begeisternd war die „Bad Honnef tanzt“-Premiere von „SOS Erde“

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Da gibt es neben den Influencern, die Botschaften wie „Be My Follower“ auf ihre Shirts gedruckt haben, auch die „Smombies“ – scheinbar leblos wirkende Gestalten in grauen Jogginganzügen, die unablässig auf ihr Handy starren. Die schwarz-gekleideten „Emos“ verharren kollektiv in Weltschmerz, während die „Umweltaktivisten“ à la Greta Thunberg lautstark für eine bessere Welt demonstrieren. Am meisten Anlass zur Hoffnung liefern die Jüngsten, die „Happy Childs“. Scheinbar sind vor allem sie es, die unbeschwert tanzend und spielend die Zukunft in ihren Händen halten.

Schauspieler Enno Kalisch ist zum zweiten Mal bei deiner „Honnef tanzt“-Produktion mit dabei. „Ich habe es nicht bereut“, sagt der Neu-Honnefer. „Anna-Lus Arbeitsweise ist toll – wie sie es schafft, alle mit ins Boot zu holen.“ Die Entwicklung der gesamten Choreografie sei eine wilde Reise gewesen, da die Schüler ja aus sich selbst heraus etwas Eigenes entwickeln sollten, was dann zu einem großen Ganzen zusammengepuzzelt werden musste. „Und so war es total spannend bis zum Schluss.“

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