Grafenwerther Ingenieur verstarb vor 60 Jahren Wie Hermann Honnef vom Gärtner zum Windrad-Pionier wurde

Bad Honnef · Vor 60 Jahren verstarb Hermann Honnef. Der Grafenwerther Ingenieur tüftelte an den ersten Windkraftanlagen. Nun schlägt das Virtuelle Brückenhofmuseum vor, ihm in Bad Honnef ein Denkmal zu errichten.

 Ein moderner Windpark: Bereits Mitte des 20. Jahrhunderts tüftelte Hermann Honnef an einer solchen Anlage.

Ein moderner Windpark: Bereits Mitte des 20. Jahrhunderts tüftelte Hermann Honnef an einer solchen Anlage.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Hermann Honnef baute Brücken, Türme, Hallen – stets ging es für den gebürtigen Bad Honnefer hoch hinaus. Aus der Energie des Windes in großen Höhen wollte der Visionär elektrischen Strom zum Preis von einem Pfennig pro Kilowattstunde gewinnen. Mehr als drei Dutzend Patente meldete er allein auf diesem Gebiet in Deutschland an. Vor 60 Jahren, Ende Juli 1961, verstarb der Pionier der Windkraftnutzung fast erblindet und verarmt in Rheinbrohl, wo er in der Familiengrabstätte seine letzte Ruhe fand.

In Bad Honnef erinnert indes nichts an den Ingenieur. Das Virtuelle Brückenhofmuseum, das eine umfangreiche Dokumentation zu dem Thema präsentiert, hat nun die Stadt ermuntert, ein Denkmal für Hermann Honnef zu errichten. Dieser Vorschlag wird vom Verein Gutenberghaus unterstützt.

Die Insel Grafenwerth würde sich für eine solche Würdigung anbieten. Dort wurde Hermann am 19. Juni 1878 geboren – als ältester Sohn von acht Kindern des Gärtners Franz-Joseph Honnef und dessen Frau Margarete. Mit dem Kahn musste der stolze Vater von Grafenwerth, das damals noch ohne Brücke war, nach Honnef übersetzen, um den Nachwuchs anzumelden. In der Insel-Idylle entwickelte Hermann Honnef Interesse an der Pflanzenwelt. Nach der Volksschule wurde er Gehilfe in der Gärtnerei seines Vaters, der mit seiner Familie zwischenzeitlich nach Rheinbrohl umzog, wo er in der Firma Jacob Hilgers als Gärtner arbeitete.

Hermann Honnef begann bei einem bekannten Brückenbau-Unternehmen eine Ausbildung zum Schlosser

Das bekannte Brückenbau-Unternehmen wurde zum Sprungbrett für den Jungen, der nach einem Trainingsunfall im Turnverein seine bisherige Arbeit nicht mehr ausführen konnte. 1892 begann er daher seine Ausbildung als Schlosser bei Hilgers und hatte einen sagenhaften Lauf. Bereits im dritten Lehrjahr im Alter von 17 Jahren wurde Honnef Abteilungsleiter des Konstruktionsbüros der Firma. Das Unternehmen ermöglichte ihm zudem eine Ingenieursausbildung. Das Vertrauen in ihn muss riesig gewesen sein – und Honnef enttäuschte nicht. Er leitete, noch keine 20 Jahre alt, große Projekte, beispielsweise die Konstruktion einer schwimmenden Badehalle in Düsseldorf sowie einer 800 000 Goldmark teuren, prachtvollen Markthalle in Krefeld. Honnef war wohl das, was ein Genie ausmacht: Ihm wurde ein Gespür für Details nachgesagt und seine Entwürfe waren ungewöhnlich, kühn, mit einem futuristischen Schwung.

Sogar Firmen aus Übersee hatten Interesse an dem Bad Honnefer Ingenieur

An dem jungen Mann waren sogar Firmen aus Übersee interessiert. Das berühmte Benrather Unternehmen August Flender engagierte ihn schließlich als ersten Ingenieur. Zu dem Zeitpunkt war er 22 Jahre alt und leitete fortan ein Team von 52 Ingenieuren. Eiserne Brücken entstanden unter seiner Federführung. Unter anderem konstruierte er die Hubbrücke über den Binoda-Kanal in Manila, eine 15 Meter lange Fußgängerbrücke, die per Elektroantrieb um fünf Meter angehoben werden konnte, um Booten die Zufahrt zu den am Kanalende liegenden Handelshäusern zu ermöglichen. Ein Meisterwerk, das ihm internationalen Ruhm einbrachte. Turmkräne mit bis zu 150 Tonnen Tragkraft für Werften überall auf der Welt sowie der Schrägaufzug für die Rheinischen Stahlwerke – alle Honnefs Arbeiten.

Ganz hoch hinaus ging es bei den Funktürmen – die meisten der deutschen Funktürme plante der Bad Honnefer. So errichtete er 1925 den 700 Tonnen schweren und 243 Meter hohen Mittelturm der Rundfunk-Sendeanlage bei Königs Wusterhausen. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Honnef bereits selbstständig – 1906 hatte er seine Firma in Lothringen gegründet.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Honnefs Firma in Lothringen beschlagnahmt

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Firma des Rheinländers beschlagnahmt. Aber der Visionär ließ sich nicht unterkriegen, ein Jahr später eröffnete er seine Honnefwerke Actien-Gesellschaft für Eisenhoch- und Brückenbau im Schwarzwald. 1931 musste Honnef Konkurs anmelden und zog mit seiner Familie nach Berlin. Der Bau der Sendetürme hatte den findigen Ingenieur auf eine neue Idee gebracht – mit Windenergie in großen Höhen elektrischen Strom zu produzieren. Türme mit bis zu 500 Metern Höhe und fünf Großturbinen entstanden auf dem Papier. Der Tüftler dachte auch über die Möglichkeit nach, diese Energie zu speichern. Er publizierte seine Ideen 1932 im Buch „Windkraft“, ging auf Vortragsreisen. Aber verwirklichen konnte er sie nicht. 1941 durfte er ein Windkraftversuchsfeld bei Berlin einrichten, die industrielle Umsetzung wurde ihm aber nicht ermöglicht.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieb Hermann Honnef der Erfolg verwehrt. Mit Windkraft löste er keine Begeisterung in der Politik aus. Beauftragte Gutachter winkten ab. Utopisch, nicht realisierbar, lautete ihr niederschmetterndes Urteil. Es gab aber auch Sachverständige, die sein Vorhaben als „Wunderwerk deutscher Ingenieurskunst“ lobten. Hermann Honnef war seiner Zeit voraus.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort