Reihe "Demokratie in Gefahr" "Wir brauchen den engagierten Journalismus"

UNKEL · Zum Auftakt der Aktionsreihe "Demokratie in Gefahr" der Künstler Ute Giesen, Britta Bellin-Schewe, Gabriela Mrozik und Christian Rosenzweig und des Willy-Brandt-Forums referierte der Journalist und Professor für Medien, Kommunikation und Wirtschaft an der Kölner Hochschule, Frank Überall, über die Gefährdung der Demokratie durch Extremismus und die Rolle der Medien.

 Erörterten Gefahren für die Demokratie: Frank Überall (4.v.r.) und Besucher des Vortragsabends vor dem Willy-Brandt-Forum.

Erörterten Gefahren für die Demokratie: Frank Überall (4.v.r.) und Besucher des Vortragsabends vor dem Willy-Brandt-Forum.

Foto: Frank Homann

Den Kontakt zu dem Gastredner, der vor zahlreichen interessierten Zuhörern sprach, hatte Rainer Bohnet vom Bonner Politik-Forum vermittelt.

"Die Medienlandschaft hat sich seit meiner Jugend rasant verändert", sagte Überall, Jahrgang 1971. Damals habe es noch "Straßenfeger" gegeben, Sendungen, die alle sehen oder hören wollten, um mitreden zu können. Dieser gemeinsame Informationsstand sei bei der heutigen Vielfalt nicht mehr gegeben. Gleichzeitig seien die Themen und Probleme erheblich komplexer, so dass sie vereinfacht, aber sorgfältig aufgearbeitet dargestellt werden müssten, um verständlich zu werden. "Eben diese Vereinfachung machen sich extremistische Gruppen zunutze."

Linke, die das System bekämpften, gebe es zwar auch noch, erheblich gefährlicher seien jedoch Rechtsradikale. Diese träten nach dem Scheitern offen nationalistischer Gruppierungen scheinbar gemäßigt national-populistisch auf. "Wehe wenn diese einen charismatischen, rhetorisch brillanten Anführer finden. Dann hätte etwa Pegida noch mehr Zulauf bekommen", warnte er. Nach dem Prinzip "simplifizieren, emotionalisieren, dramatisieren" besetzten national-populistische Gruppen und Parteien alle gesellschaftlichen Themen, um dann zu diskriminieren.

Beispiel Asylbewerber: Nach einer Flüchtlings-Welle und -Flut werde inzwischen vor einem Asylanten-Tsunami gewarnt. "So wird Angst geschürt, der größte Feind der Demokratie." Dieses Prinzip nutzten auch islamistische Extremisten. Die von diesen ausgehende Gefahr werde von den Medien und Teilen der Politik aber dramatisiert; von ihr sei man hier nur in sehr geringem Maß betroffen. "Trotzdem wird die Situation genutzt, um Überwachungsmöglichkeiten auszubauen, ohne dass sich der Großteil der Bevölkerung dagegen wehrt", warnte Überall.

Eben deshalb brauche man qualifizierte, investigative Journalisten, die Bericht und Kommentar sauber trennen und wissen, dass Wikipedia keine zuverlässige Quelle ist. Verantwortung hätten aber auch die Verleger und die "Öffentlich-Rechtlichen", auch wenn dort die Tendenz auf Kosten von Politik und Kultur immer mehr zur Unterhaltung gehe, monierte Überall. "Wir brauchen den engagierten Journalismus, der wahrhaftig berichtet und der Lesern, Hörern und Zuschauern mehr zutraut als triviale Nachrichten und Katzenvideos."

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