Zeugen im Fall Anna sollen sich melden

Bad Honnef · Nach den Hinweisen aus der Bevölkerung über die familiären Verhältnisse der Pflegefamilie, wollte sich die Bonner Staatsanwaltschaft am Freitag zu diesen Aussagen nicht äußern. Das gilt sowohl für die Umstände des Todes des behinderten Sohnes von Annas Pflegemutter als auch für den Hinweis auf weitere leibliche Kinder.

Zeugen im Fall Anna sollen sich melden
Foto: Holger Handt

Die Pflegeeltern des neunjährigen Mädchens, das vor neun Tagen in Bad Honnef in der Badewanne ertrunken ist, sitzen in Untersuchungshaft. Das Amtsgericht Bonn hatte gegen die beiden Haftbefehle wegen mehrfachen Missbrauchs von Schutzbefohlenen sowie Körperverletzung und Freiheitsberaubung mit Todesfolge erlassen.

"Die familiären Verhältnisse und das persönliche Umfeld werden selbstverständlich abgeklärt. Wir haben aber den Persönlichkeitsschutz der Beschuldigten zu wahren", sagte Oberstaatsanwalt Robin Faßbender am Freitag auf Anfrage. Vorrangig sei aber weiterhin die Untersuchung der genauen Umstände von Annas Tod.

Ein Nachbar von Annas Pflegefamilie hatte Zweifel an der natürlichen Todesursache des behinderten Sohnes geäußert. Ein weiterer Anrufer hatte auf zwei weitere, inzwischen erwachsene leibliche Kinder der Pflegemutter hingewiesen, die ihrerseits in Pflegefamilien untergebracht gewesen wären. Keine direkten Hinweise sind bisher bei der Ermittlungsbehörde zum angeblichen Anruf bei der Erziehungsberatungsstelle in Königswinter an Annas Todestag eingegangen.

"Es gibt niemanden, der dies uns gegenüber geäußert hat." Er bittet Zeugen ausdrücklich, sich mit ihren Hinweisen bei der Staatsanwaltschaft zu melden unter Telefon (02 28)97 52 0. Neue Ermittlungsergebnisse konnte die Staatsanwaltschaft auch am Freitag nicht bekannt geben. "Es gibt Neues, aber nichts was wir der Presse mitteilen können", so Faßbender.

Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) empfiehlt, dass sich ein Jugendamtsmitarbeiter um nicht mehr als 25 Pflegekinder kümmert, wenn er mit der Fallführung und administrativen Aufgaben betraut ist. Ansonsten liegt die Empfehlung bei maximal 35 Pflegekindern. Das betonte LVR-Sprecher Christophe Göller gegenüber dem General-Anzeiger.

Die Angaben der Stadt Königswinter, wonach das Landesjugendamt einen Betreuungsschlüssel von 60 Pflegekindern als Höchstgrenze je Vollzeitstelle angebe, sei nicht zutreffend. Nach Aussage von Königswinters Bürgermeister Peter Wirtz kümmert sich eine Vollzeitkraft im Jugendamt, die auch noch andere Aufgaben zu verrichten habe, in rund der Hälfte ihrer Arbeitszeit um 21 Pflegekinder. Je nach Bedarf könnte sie allerdings auch mehr Zeit für die Pflegekinder investieren.

Göller verweist auf eine ein Jahr alte Rahmenkonzeption des Landesjugendamtes, die von Fachleuten, die anerkannte Instanzen seien, mitentwickelt worden sei. "Es gibt positive Fälle von Jugendämtern, die sich an unseren Zahlen orientieren.

Aber gerade kleine Jugendämter haben häufig das Problem, dass sie ihre Mitarbeiter nicht komplett für die Betreuung der Pflegekinder abstellen können." Allerdings sei das Landesjugendamt gegenüber den kommunalen Jugendämtern nicht weisungsbefugt.

Zu Wort gemeldet hat sich auch das Bad Honnefer Ratsmitglied Manfred Rauw. "Es wird zu klären sein, welche oder welcher Mitarbeiter des Jugendamtes die Anrufe der besorgten Nachbarin entgegen genommen und nicht selbst das Jugendamt in Königswinter angerufen hat", so der Vorsitzende der Freien Wählergemeinschaft (FWG).

"Die Berufung auf Zuständigkeit ist hier meines Erachtens unterlassene Hilfeleistung", so Rauw weiter. Er fragt auch nach der Eignung der Pflegefamilie. "Bitte, wo war die Prüfung der Qualifikation der Pflegeeltern? Diese wird bei jeder Adoption und sogar bei der Übernahme eines Hundes aus dem Tierheim geprüft. Sind Pflegekinder weniger wert?"

Im Oberpleiser Rathaus wird es am Dienstag, 3. August, 17 Uhr, eine Sondersitzung des Königswinterer Jugendhilfeausschusses geben. Einziger Tagesordnungspunkt: Informationen zum Fall des zu Tode gekommenen Pflegekindes Anna.

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