Führung durch 1936 gebaute Schutzräume Beklemmendes Gefühl im Luftschutzbunker unter dem Unkeler Rathaus

Unkel · Die Beklemmungen, die dieser Raum auslöst, sind kaum in Worte zu fassen. Seit dem Ausbruch des Angriffskriegs von Russlands Präsident Wladimir Putin auf die Ukraine fragen sich auch hierzulande immer mehr Menschen, ob und wo es noch Luftschutzräume gibt, die im Fall eines Luftangriffs oder gar einer atomaren Bedrohung zum Schutz aufgesucht werden können. In Unkel gibt es einen solchen Bunker, der jetzt besichtigt werden kann.

 Die Abstützbalken stammen noch im Original aus der Zeit, da der Luftschutzbunker gebaut worden ist – das Jahr 1936.

Die Abstützbalken stammen noch im Original aus der Zeit, da der Luftschutzbunker gebaut worden ist – das Jahr 1936.

Foto: Frank Homann

„Hier verkriechen sich die Leute!“, rief Wolfgang Rosen neu ankommenden Besuchern, die sich über die steile Treppe in die kühlen Tiefen des alten Rathauses von Unkel wagten, entgegen. Der Geschichtsverein Unkel hatte zu Führungen durch den historischen Luftschutzkeller im historischen, 1885 errichteten Rathaus eingeladen.

Im Jahr 1936 auf behördliche Anordnung zu einem Luftschutzraum ausgebaut, waren nach dem Krieg nur noch Abstützbalken in diesem Kellerraum erhalten. Seit 2005 wurde er wieder mit originalen Gegenständen ausgestattet und ist heute als Museum zu besichtigen. „Wegen der Brücke von Remagen gab es hier häufig Fliegeralarm.“, erzählte Rosen. „Und man war im nahegelegenen Unkel natürlich nie sicher, ob die Bombe nicht ihr Ziel verfehlte und dann hieß es: Schnell in den Keller.“, fuhr der geschichtlich interessierte und äußerst bewanderte Rosen fort und übernahm die Führungen in den Keller mit Herzblut und viel Expertise.

 Allerlei historische Stücke aus der Entstehungszeit des Bunkers wie etwa einen Volksempfänger hat der Geschichtsverein Unkel ausgestellt.

Allerlei historische Stücke aus der Entstehungszeit des Bunkers wie etwa einen Volksempfänger hat der Geschichtsverein Unkel ausgestellt.

Foto: Frank Homann

Jedes Detail konnte Rosen genauestens erklären, so auch die originale Gefängnisjacke: „Für gefährliche Aufträge, wie das Entschärfen von Langzeitzündern nahm man einfach Häftlinge.“, erklärte Rosen. Ausrüstungsgegenstände wie Steckdosen, Lampen, Herdplatten oder Verbandskasten konnten bestaunt werden.

„Die rote Laterne war ein Warnsignal, wenn auf Blindgänger oder Kampfmittel hingewiesen werden sollte.“, erfuhr der Besucher. Zudem zeigte er Gasmasken, teils Beutemasken aus der Tschechei, Wehrmacht-Masken, Luftschutzmasken. „Metall wurde ja immer knapper, so wurden nicht nur Schüsseln aus Pressstoff gefertigt, sondern auch Schutzmasken ohne Metall hergestellt“, wusste Rosen. „Letztendlich kamen Masken aus der Hutfabrik, sahen aus wie kleine Hutschachteln, ganz ohne Metall. Den Riemen zum Umschnallen musste man dann selber mitbringen.“, erklärte er.

Die Besucher konnten sich in dem kühlen Raum, in den sie aus dem außen herrschenden Sonnenschein hinuntergingen und der seinerzeit circa 40 Personen Schutz bot, die gespannte Atmosphäre der Zeit vorstellen. Wasser musste mitgebracht werden, der Abort war hinter einem Tuch auf einem Nachttopf. „Wann konnte man das ‚Geschäft‘ dann entsorgen?“, war die Frage. Erst, wenn sicher war, dass die Angriffe vorüber waren.

Alte Sirene lässt bedrückende Gefühle hochsteigen

„Bedrückend“ und „eindrucksvoll“ raunten die Anwesenden. Die alte Sirene, die Rosen kurz aufheulen ließ, war sehr real. „Es ist ja auch alles wieder so nah.“, sprach die ältere Dame anderen Besuchern aus dem Herzen. Im Zweiten Weltkrieg waren sie bekannt und oft Retter bei Fliegerangriffen: die Luftschutzkeller.

Nun rückten diese Schutzvorrichtungen durch die Medien wieder in den Fokus – in der Ukraine, im Krieg aber vorsorglich auch in Deutschland, wo die Debatte, ob das Vorhalten solcher Schutzräume angesichts der veränderten Bedrohungslage in der Welt sinnvoll ist, wieder entfacht ist. Das rückte die Besichtigung dieses, wenn auch als Museum eingerichteten, Luftschutzraums für alle in ein ganz anderes Licht. Seit 2013 gelten die Räumlichkeiten als „Unbequemes Denkmal“.

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