Die Walhalla des Rheinlandes Das Königswinterer Schloss Drachenburg hat viele Geschichten zu erzählen

Königswinter · Das neueste Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises gewährt Lesern eine Zeitreise durch die Geschichte und die Stile von Schloss Drachenburg in Königswinter.

 Die wechselvolle Geschichte von Schloss Drachenburg hoch über Königswinter ist Thema im neuen Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises.

Die wechselvolle Geschichte von Schloss Drachenburg hoch über Königswinter ist Thema im neuen Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises.

Foto: Frank Homann

Es gehört zu den vielen Geschichten und Anekdoten, die sich um Schloss Drachenburg ranken, dass ihr stolzer Besitzer, der aus Bad Godesberg stammende Textilfabrikant Paul Spinat, während der 1970er Jahre seine Gäste in einer weißer Admiralsuniform zu empfangen pflegte. Doch damit nicht genug: Zusätzlich „spielte“ der Schlossherr zur Begrüßung auf einer Orgelattrappe. Die sah ohne Zweifel beeindruckend aus – so beeindruckend, dass viele Besucher des Schlosses gar nicht sagen, dass an dem majestätischen Instrument gar kein Spieltisch vorhanden war. Dies ist nur eine schillernde Episode in der wechselvollen Geschichte von Schloss Drachenburg, die Tanja Bleutgen-Wagner im neuen Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises „Fremdenverkehr und Sommerfrische im Rhein-Sieg-Kreis“ in ihrem Beitrag „Schloss Drachenburg – Walhalla des Rheinlandes“ beschreibt.

 Der gebürtige Bonner Freiherr Stephan von Sarter ließ das Schloss Ende des 19. Jahrhunderts als luxuriöse Gründerzeitvilla errichten. Der Bankier war an der Pariser Börse in kurzer Zeit zu erheblichem Reichtum und durch Geldspenden zu einem Adelstitel gekommen. Ein Weg, der allesa andere als vorgezeichnet war: Nachdem er 1849 das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium in Köln mit der Mittleren Reife verließ, begann er im Anschluss eine Ausbildung beim Kölner Bankhaus Leopold Seligmann. 1856 wechselte er zum Bankhaus Salomon Oppenheim, die ihn bald zu ihrer Filiale in Paris versetzte – ein Schritt, der sich auch für Sarter lohnen sollte. Zunächst als Analyst für die Bewertung von Anleihen und Aktiengesellschaften tätig, machte er sich ab 1862 selbständig und brachte es mit Spekulationsgeschäften, wie etwa mit Aktien der Suezkanal-Gesellschaft, deren Gründer, Ferdinand de Lesseps, zu seinen Geschäftsfreunden zählte, zu großem Reichtum.

Zur Historie von Schloss Drachenburg gehört auch, dass der Schlossherr nie selbst sein Rheindomizil auf halbem Weg zur Burgruine Drachenfels und unweit seiner Geburtsstadt bewohnte. Denn: Sarter baute das Schloss, um es mit einer Jugendliebe zu beziehen. Bei der Fertigstellung war jene Geliebte aber bereits verstorben, weswegen er das Schloss nie bezog. Vielmehr lebte er bis zu seinem Tod anno 1902 in Paris und nahm 1890 auch die französische Staatsbürgerschaft an. Schloss Drachenburg nutzte er lediglich, um dort prominente Gäste zu empfangen. 

In den folgenden Jahrzehnten wechselten Besitzer und Bestimmung des Schlosses häufig: Es wurde als Erholungsheim oder Jungeninternat genutzt, es fanden Kunstausstellungen statt, und Touristen begannen oder beendeten hier ihre romantische Rheinreise. Heute gehört Schloss Drachenburg dem Land NRW und steht unter Denkmalschutz.

Autorin Tanja Bleutgen-Wagner nimmt die Leserinnen und Leser aber nicht nur mit auf Zeitreise – Schloss Drachenburg ist mit seiner Mischung verschiedener Baustile, einer einzigartigen Sammlung zahlreicher Kunstgegenstände und einer weitläufigen Gartenanlage weiterhin beliebtes Ziel für Besucherinnen und Besucher von nah und fern. Unter dem Titel „Fremdenverkehr und Sommerfrische im Rhein-Sieg-Kreis“ haben sich 25 Autorinnen und Autoren mit ihrer Heimat als Ziel für Erholungssuchende auseinandergesetzt. Sie blicken rechts und links des Rheins zurück bis zu den Anfängen des Tourismus und zeichnen dessen Entwicklung zwischen Bergischem Land und Voreifel nach. Dabei erzählen sie nicht nur die Geschichte, sondern auch Geschichten des Fremdenverkehrs in der Region. Angefangen bei der „Walhalla des Rheinlands“ über „Nizza am Rhein“ bis hin zum Inselurlaub in Bad Honnef.

Das Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises 2022 ist in der Edition Blattwelt von Reinhard Zado erschienen und für 13,50 Euro im Buchhandel erhältlich. Details zum Inhalt unter rhein-sieg-kreis.de/jahrbuch. Und: Nach dem Jahrbuch ist auch immer wieder vor dem Jahrbuch: „Herkunftsgeschichten – Migration – Heimat“ lautet das Arbeitsthema, um das sich beim Jahrbuch 2023 alles drehen wird. Die Redaktion des Jahrbuchs freut sich über Vorschläge, Ideen und Anregungen unter ☏ 0 17 2/888 05 03 oder per Mail an jahrbuch@rhein-sieg-kreis.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort
Der Künstler von Haus Parzival
150. Geburtstag von Heinrich Reifferscheid Der Künstler von Haus Parzival