Kostümsitzung in Königswinter 700 Jecke „fleje“ im Ballon

Königswinter · Die Große Königswinterer KG hebt mit den Klüngelköpp, Brings und den Räubern in den siebten Karnevalshimmel ab. Das Publikum feiert mit der Beletage des Kölner und Königswinterer Karnevals eine bombastische Kostümsitzung.

 Völlig losgelöst: Die fantasievoll kostümierten Jecken ziehen mit einer Polonaise durch den Königswinterer Gürzenich.

Völlig losgelöst: Die fantasievoll kostümierten Jecken ziehen mit einer Polonaise durch den Königswinterer Gürzenich.

Foto: Frank Homann

Zum Abheben! Und den bunt schillernden Ballon hatten die Klüngelköpp gleich mitgebracht. Als sie bei der Kostümsitzung der Großen Königswinterer Karnevalsgesellschaft (GKKG) ihren aktuellen Sessions-Hit „Mer fleje im Ballon, dohin, wo die Stääne sin“ anstimmten, da plusterte sich die Montgolfière startbereit auf der Bühne der rappelvollen „CJD-Arena“ auf. Und das Publikum war schon bei diesem ersten Musik-Knaller des Abends komplett aus dem Häuschen.

Die Besucher hoben ab, schwenkten auf Kommando die Arme, schunkelten und sangen mit, was das Zeug hielt. Frontmann Frank Reudenbach rief: „Leute, Ihr seid echt der Hammer! Wir freuen uns, wenn wir hier in Königswinter sind!“ 700 Besucher – über 1 000 Kartenwünsche gab es für die im Juli schon ausverkaufte Veranstaltung – knubbelten sich in der rappelvollen Aula von „Klüngelköpp-Winter“. Nach der „Hölle von Vettweiß“ mit fast 2000 ausgelassenen Wievern die zweite Mega-Sause des Abends für diese Band. Aber die ist ja eh „us kölschem Holz“ und „jedäuf mit 4711“.

„Die Stimmung hier ist bombastisch“, waren sich die Klüngelköpp einig. Ihr neuer Gitarrist Alex Olivari lernte das fantastische Publikum im Königswinterer Gürzenich kennen, das von GKKG-Sitzungspräsident Peter Giesen souverän und charmant durch ein mehr als sechsstündiges Non-Stopp-Programm geführt wurde. „Um 22 Uhr beginnt das Finale – das dauert allerdings drei Stunden“, ulkte der Boss.

Die Musikgruppen aus der Beletage, aber auch die Spitzenkräfte des geschliffenen Wortes waren an Bord. Und vor allem spielte auch das bestens aufgelegte Publikum, darunter Bürgermeister Peter Wirtz, mit. Natürlich präsentierte die Gesellschaft auch ihre Eigengewächse: Drachenfelsfünkchen, Drachenfelsgarde, Drachenfelsperlen und die Powerhexen – süß die Kleinsten, klasse die „statsen“ Gardetänzerinnen, glanzvoll die Perlen mit ihren akrobatischen Tänzen und sexy die Powerhexen. Wie auf Wolke sieben durfte sich auch das Altstadtprinzenpaar Michael I. und Anke II. fühlen. Die Tollitäten der KG Postalia wurden auf der Bühne gefeiert – und sie feierten dann mit den Jecken und ihrem Gefolge in der rot-weißen Narrhalla mit.

„Ne Hausmann“ Jürgen Beckers erinnerte an die Zeiten, als Oma und Mama nur mit einer Dose Nivea und Penaten ausgerüstet waren, um von vorne und von hinten fein zu sein. „Penaten müsste eigentlich Ponaten heißen, ist aber kein Make-up für ein Arschgesicht.“ Köstlich seine Ausführungen über die Feinheiten der Sprache. Vor dem Friseurbesuch sagt Mutti: „Ich kriege den Kopf gemacht.“ – „Ich wusste immer, dass das nur ein Provisorium ist.“

Auch die Bütten-Stars Martin Schopps, Guido Cantz und Marc Metzger bekamen volles Ohr. Weit nach 23 Uhr, als diese herrliche Feiergesellschaft gerade mit Brings ausgelassen „Polka, Polka, Polka“ getanzt und „Besoffe vor Glück“ gesungen hatte, kündigte Sitzungschef Giesen dä Blötschkopp an: „Den lass ich nur ins Stadion, wenn Ihr absolut ruhig seid. Das ist Champions League.“ Und Marc Metzger zog die perfekte Show ab.

Immer wieder die Interaktion mit dem Publikum. Herrlich, als er den Selfie-Stab eines Besuchers schnappte und am Elferratstisch abgab. Exklusiv-Fotos garantiert. „Schatz, vor einer Woche hast du gesagt, ich hätte die Figur einer griechischen Göttin. – Da wusste ich auch noch nicht, dass Buddha keine griechische Göttin ist.“ Auch die aktuelle Diskussion um den Silvester-Einsatz der Polizei in Köln und die Political Correctness in der Sprache schlug sich in seiner Rede nieder. „Im letzten Jahr wurde gefragt, wo ist die Polizei, in diesem Jahr war es zu viel Polizei, und wenn sie im nächsten Jahr Mettbrötchen und Kölsch serviert, wird es heißen: Schweinefleisch und Alkohol, das geht aber gar nicht.“ Frenetischer Beifall, als er der Polizei Respekt zollte, weil sie darauf aufpasse, dass andere feiern können. Da war eine Rakete fällig im siebenten Karnevalshimmel von Königswinter.

Auch Guido Cantz war in Topform. Es ist seine 25. Session im Karneval. „Vor 25 Jahren kam ich mit dem Faltplan nach Königswinter. Es gab kein Navi, kein Handy. Es gab noch kein Chillen – diese Kunst, sich beim Nichtstun nicht zu bewegen. Googeln war damals noch sächsischer Weihnachtsbaumschmuck. Wer sich sehen wollte, musste sich noch vor den Spiegel stellen.“ Auch Cantz nahm den Selfie-Mann ins Visier und den Stab an sich: „Ist das jetzt auch im Karneval angekommen?! Die heißen auch Vollpfostenantenne oder Bilderstöckchen.“ Und schwupps, enterte der Besitzer die Bühne und hatte sein Foto mit Guido.

In den letzten zwei Stunden dieser bombastischen Sitzung knubbelte es sich nicht nur im Saal: Auf der „Anfahrts-Rampe“ zur Bühne herrschte Hochbetrieb. Die Crews der Paveier, Kasalla und Räuber rollten das Equipment der Musiker an, die mit ihren Hits glänzten. Die Jecke im Saal schwenkten Leuchtwürmer, zündeten Raketen, wurden von Kasalla mit Konfettikanonen beschossen und feierten die Räuber, dessen Mitgründer Karl-Heinz Brand im Sommer nach 50 Jahren als Musiker sein Abschlusskonzert gibt. „Eijentlich“, sangen die Räuber. „Eijentlich“ hätte diese Ballonfahrt zu den „Stäänen“ nie enden dürfen.

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