Unübersichtliche Verkehrsführung 79 bauliche Mängel an der Rheinallee in Königswinter

Königswinter · Am Königswinterer Rheinpromenade besteht Handlungsbedarf: Ein Stadtplaner hat 79 bauliche Mängel am Rad- und Fußweg aufgelistet. Müssen Radler künftig absteigen und schieben?

„Wir haben hier ganz klar einen Sanierungsfall.“ Das Urteil von Franz Gasper (CDU) angesichts des Berichts über den Zustand der Rheinallee in der Altstadt fiel deutlich aus. Thomas Baum vom Planungsbüro VSU hatte im Auftrag der Stadtverwaltung untersucht, mit welchen Mitteln die Verkehrssicherheit auf der Uferpromenade kurz- und mittelfristig zu verbessern ist. Insgesamt 79 bauliche Mängel hat der Stadtplaner aufgelistet, die er den Mitgliedern des Bauausschusses vorstellte. Das Fazit: Es besteht dringend Handlungsbedarf. Eine der Fragen, die es zu entscheiden gilt: Müssen Radler künftig absteigen und schieben?

Hauptproblem auf der rund einen Kilometer langen Strecke am Rhein ist die unübersichtliche Verkehrsführung, durch die es gerade für Fußgänger und Radfahrer immer wieder zu brenzligen Situationen kommt. Dass die Rheinallee umgestaltet werden muss, ist Konsens. Im vergangenen Jahr hatte der Planungs- und Umweltausschuss jedoch beschlossen, das Projekt in zwei Stufen anzugehen: In einem ersten Schritt sollen die drängendsten Probleme angepackt, ein Gesamtkonzept jedoch erst dann umgesetzt werden, wenn das Thema Bahnunterführung an der Drachenfelsstraße realisiert wird. Das allerdings ist frühestens in drei Jahren der Fall: Die Deutsche Bahn hat der Stadt als möglichen Baubeginn das Jahr 2021 avisiert.

Lange Mängelliste

Die Liste der Mängel, die Baum dokumentiert hat, umfasst unter anderem Stolperkanten, Rutschgefahr auf dem glattem Natursteinpflaster, wacklige Geländer und fehlende Markierungen für Rad- und Fußwege. „Fußgänger müssen mögliche Gefahren rechtzeitig erkennen können“, sagte Baum. Dicht stehende Bäume und Werbeaufsteller erschwerten das. „Und dann kann laut Rechtsprechung bereits bei einem Niveauunterschied auf dem Boden von anderthalb Zentimetern eine Verkehrssicherungspflicht bestehen, weil die Sturzgefahr für Passanten deutlich erhöht ist.“

An zentralen Bereichen der Promenade hat der Stadtplaner solche „Mängelorte“ ausgemacht, zum Beispiel am Fähranleger. Nach Norden hin sehe es „etwas besser“ aus. Baum unterscheidet dabei zwischen baulichen und verkehrsfunktionalen Mängeln. Zu den baulichen zählt er zum Beispiel die Anordnung der Bäume und den Zustand des Bodens um die Baumstämme herum.

Rheinallee zu schmal

„Weil der Radweg an der Rheinallee zu schmal ist, weichen die Radfahrer auf diese Flächen und die Gehwege aus“, so Baum. Gefährliche Begegnungen seien programmiert. Zumal die Radfahrer heute mit Pedelecs und E-Bikes deutlich schneller unterwegs seien als noch vor einigen Jahren. „Geschwindigkeiten von bis zu 25 Stundenkilometern sind keine Seltenheit“, so Baum.

In die Liste der verkehrsfunktionalen Mängel hat Baum aufgenommen, dass in manchen Teilen der Promenade für Rad- und Gehwege das gleiche Material verbaut wurde: „Viele nehmen gar nicht wahr, dass es da einen Unterschied gibt, weil beide Flächen Ton in Ton gehalten sind.“ An der Zufahrt zur Fähre, einem neuralgischen Punkt, sei die Ampel nicht geeignet, die Situation zwischen Fußgängern und Radfahrern zu entschärfen: „Die meisten Radler achten gar nicht auf die Ampel und fahren trotz Rot los.“ Völlig unklar sei zudem die Verkehrsführung am Eselsbrunnen, „ungeschickt“ die Möblierung mit Sitzbänken, die teilweise direkt am Radweg platziert seien.

Alternativroute für Radfahrer ist nicht realistisch

95 000 Euro hat der Stadtplaner für das Beheben aller Mängel veranschlagt. Um kurzfristig Abhilfe für die dringendsten Probleme zu schaffen, rechnet er immer noch mit Kosten von rund 70 000 Euro, darunter das Reparieren der Baumscheiben, Erneuern der Markierungen und Geschwindigkeitskontrollen für Radfahrer. „Eine Alternativroute für Radfahrer ist nicht realistisch“, sagte Baum, der im Auftrag der Stadt auch diese Variante überprüft hat. „Niemand, der am Rhein entlang radeln möchte, würde eine Umleitung akzeptieren. Das wäre nur mit einem riesigen Überwachungs- und Sanktionsaufwand machbar.“

Verkehrssicherungspflicht hat oberste Priorität: Da waren sich die Ausschussmitglieder einig. Uneinig war man sich jedoch über den Weg: „Die Radfahrer müssen aus der Rheinallee raus“, sagte Gasper. „Nicht die Radfahrer, sondern die Autofahrer“, konterte Thomas Mauel (Köwis). Die Radler per Beschilderung zum Absteigen und Schieben ihres Rads zu verpflichten, sei nur dann machbar, wenn man es auch kontrollieren könnte. Die Maßgabe für die Stadt lautet daher nun: Die vordringlichsten Mängel auf der Rheinallee beseitigen – und zwar, bevor der Sommer richtig Fahrt aufnimmt.

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