ADFC-Fahrradklimatest Königswinter hat die schlechtesten Radwege in der Region

Rhein-Sieg-Kreis · Beim bundesweiten ADFC-Fahrradklimatest schneidet Meckenheim wieder hervorragend ab: Bundesweit landet die Kommune auf dem zweiten Platz und in NRW auf Platz eins. Andere Kommunen, wie Königswinter, kamen deutlich schlechter weg.

 Keine guten Noten bekommen die Radwegen in Königswinter. Das Foto zeigt die Rheinallee. (Archivfoto)

Keine guten Noten bekommen die Radwegen in Königswinter. Das Foto zeigt die Rheinallee. (Archivfoto)

Foto: Frank Homann

Ausgerechnet Königswinter, das bekannteste Touristenziel der Region, schneidet beim ADFC-Fahrradklimatest 2022 mit einer Gesamtnote von 4,5 am schlechtesten ab. Auch im bundesweiten Vergleich liegt Königswinter ganz hinten. Wenig überraschend hat dagegen Meckenheim im bundesweiten Fahrradklimatest mit der Note 2,6 wieder einen Spitzenplatz erreicht. Das ist das mit Abstand beste Ergebnis unter 447 Kommunen mit 20.000 bis 50.000 Einwohnern. Im Vergleich zum Test von 2020 hat sich Meckenheim sogar noch einmal leicht um 0,1 verbessert und ist damit auch in NRW die fahrradfreundlichste Stadt. Bundesweit liegt sie auf Rang 2, knapp hinter Baunatal im nordhessischen Landkreis Kassel.

Am Montag zeichneten ADFC-Bundesvorsitzende Rebecca Peters und Bundesverkehrsminister Volker Wissing in Berlin die besten Kommunen aus. Sie gratulierten den Bürgermeistern von Meckenheim und Bad Honnef, Holger Jung und Otto Neuhoff, für ihre starken Ergebnisse. Die regionalen Ergebnisse stellen Peter Lorscheid, verkehrspolitischer Sprecher des ADFC für den rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreis, und sein für das linksrheinische Kreisgebiet zuständiger ADFC-Kollege Georg Wilmers im Kreishaus in Siegburg vor. Zusammen mit Andre Berbuir, Leiter der Stabsstelle Verkehr und Mobilität des Rhein-Sieg-Kreises und dem Kreis-Radverkehrsbeauftragten Sven Habedank.

Radfahrer waren beim Blütenfest in Meckenheim unterwegs.

Radfahrer waren beim Blütenfest in Meckenheim unterwegs.

Foto: Roland Kohls

Im Rhein-Sieg-Kreis bewerteten 2513 Bürger die Radverkehrsverhältnisse in allen 19 Städten und Gemeinden des Kreises. Das sind zwar rund 200 weniger als bei der letzten Befragung, dafür sind aber mittlerweile auch Much und Ruppichteroth dabei – und damit alle 19 Kommunen des Kreises. Berbuir hätte sich ein besseres Ergebnis gewünscht. Bei 6000 Teilnehmern und damit etwa einem Prozent der Gesamtbevölkerung hätte man etwas mehr Aussagekraft über das Radfahrverhalten, meint er. Dennoch: Eine Grundstimmung über die Radfahrbedingungen könnte man durchaus daraus ablesen, hieß es. Mit 4,7, also fast mangelhaft, bewerteten Radfahrende die Ampelschaltungen für Radfahrer. Schlecht empfinden sie auch die Führungen an Baustellen und die Kontrollen von Falschparkern auf Radwegen. Die Erreichbarkeit der Stadtzentren wird dagegen als überaus gut bewertet. Auch das Fahrradverleihsystem und die Wegweisung bekommen gute Noten.

ADFC-Fahrradklimatest: Meckenheim vorne - Königswinter liegt weit hinten
Foto: GA/GA-Grafik

Dabei werden Kriterien wie etwa die Erreichbarkeit des Zentrums, zügiges Radfahren oder die Wegweisung für Radfahrer beurteilt. Dass das Radfahren in Meckenheim sogar noch Spaß macht, dafür steht die Schulnote 1,8. Für die Sicherheit vergeben die Radfahrer die Note 2,3, das ist auch die beste im Rhein-Sieg-Kreis und damit auch deutlich besser als in Bonn mit der Note 4,1. Nach Meckenheim kommt lange nichts. Die Apfelstadt ist die einzige Kommune, bei der die Fahrradampel Grün zeigt.

Lohmar auf Platz 2

Auf Platz zwei im Rhein-Sieg-Kreis liegt Lohmar mit einer Gesamtnote von 3,4 und bekommt dafür eine gelbe Markierung. Das war’s dann auch schon mit den vorzeigbaren Kandidaten. Um in der Schulsprache zu bleiben: Mit befriedigendem Ergebnis sind Bad Honnef, Wachtberg, Troisdorf, Siegburg, Alfter, Niederkassel, Hennef, Swisttal und Sankt Augustin zwar nicht versetzungsgefährdet, müssen sich aber anstrengen, um noch eine Gymnasialempfehlung zu bekommen. Alle anderen Kommunen tragen die rote Laterne vor sich her.

Dennoch bezeichnet der ADFC die Entwicklung in Bad Honnef als „aufsehenerregend“. Die Stadt hatte nämlich 2020 noch mit der Schulnote 4,5 den vorletzten Platz im Rhein-Sieg-Kreis belegt und lag bundesweit von damals 415 Kommunen auf Rang 401. Jetzt steht sie mit einer 3,63 auf dem dritten Platz. Peter Lorscheid dämpft die Euphorie indes ein wenig: „Das gute Ergebnis zeigt, wie das Klima beim Thema Fahrrad in Bad Honnef ist. Mit dem eindeutigen Willen von Bürgermeister Otto Neuhoff und der Ratsmehrheit, das Radfahren voranzubringen und der guten Kommunikation, hat die Stadt bei der Bevölkerung schon viel erreicht.“ In nur zwei Jahren habe Bad Honnef ein Fahrradkonzept entwickelt und die ersten Maßnahmen umgesetzt. Umlaufsperren wurden durch Bodenwellen ersetzt, Poller entschärft, ein Marketingkonzept „Radmomente“ entwickelt, auf Hauptstraßen wurden in kurzer Zeit Radstreifen angelegt und erste Einbahnstraßen geöffnet. Die Belohnung: Bad Honnef hat sich in seiner Stadtklasse bundesweit am stärksten verbessert, von 4,5 auf 3,6 und liegt jetzt auf Platz 69 von 447 Städten. „Und es sind noch viele Maßnahmen mehr angekündigt, unter anderem eine Verbreiterung der Radwege am Rhein“, so Lorscheid.

Negativbeispiel Swisttal

Als Negativbeispiel für die schlechte Stimmung nennt Wilmers Swisttal: „Die Gemeinde hat 2018 ein ambitioniertes Radverkehrskonzept entwickelt, aber es ist seitdem nichts geschehen. Das wirkt sich negativ auf das Fahrradklima aus.“ Berbuir schränkt indes das schlechte Abschneiden vor allem der Höhenorte ein: Die topografischen Bedingungen machten es diesen Kommunen schwer, zudem schnitten urbane Kommunen mit ihren Wegenetzen in Innenstadtbereichen in der Regel besser ab.

Schlusslicht im Linksrheinischen ist Bornheim: „Da wird seit Ewigkeiten die neun Kilometer lange Radpendlerroute diskutiert, und es gibt immer noch keine Klarheit über den Trassenverlauf. Das wirkt sich negativ auf die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern aus“, so Wilmers. Dagegen habe die Musterschülerin Meckenheim schon von Beginn ihrer Stadtentwicklung stark aufs Fahrradwegenetz gebaut und tue das immer noch. „In Bornheim braucht man zehn Jahre für eine Verwaltungsvereinbarung für einen Radweg an der L 300 zwischen Hersel und Widdig. Das geht einfach gar nicht“, meint der Fahrradlobbyist.

Sein Wunsch: Die Verantwortlichkeiten für Radwegestrecken über die kommunalen Grenzen hinweg müssten in einer Hand liegen. Und auch Verkehrsplaner Sven Habedank plädiert für eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren: „Ich sehe es heute schon, dass wir in zwei Jahren beim nächsten Fahrradklimatest nicht sehr viel mehr Infrastruktur geschaffen haben“, sagt der Planer. Wer eine echte Verkehrswende wolle, müsse die Verfahren für Radwege von den vielen Hürden, die es für den Straßenbau gibt, abkoppeln. Und dazu gehörten auch Instrumente zu vereinfachten Grundstückskäufen. „Dass das zwei, drei Grundstückseigentümer Verfahren über viele Jahre hinweg lahmlegen können, geht einfach nicht“, meint er.

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