Kosmopolit aus Königswinter Auf den Spuren des "4711"-Gründers Ferdinand Mülhens

Siebengebirge · Vom Petersberg, der Wolkenburg bis zum Dicken Stein: Der "4711"-Gründer Ferdinand Mülhens, seit 1922 Ehrenbürger der Stadt Königwinter, hat viele Spuren im Siebengebirge hinterlassen.

 Elmar Scheuren, ehemaliger Leiter des Siebengebirgsmuseums, hat sich auf die Spuren von Ferdinand Mülhens in Königswinter begeben.

Elmar Scheuren, ehemaliger Leiter des Siebengebirgsmuseums, hat sich auf die Spuren von Ferdinand Mülhens in Königswinter begeben.

Foto: Frank Homann

Ferdinand Mülhens sitzt entspannt in einem Korbstuhl auf der Terrasse des Wintermühlenhofs. Dunkler Anzug, weißes Hemd, ein Siegelring blitzt an der rechten Hand. Sein Blick ist wie in Gedanken versunken. Auf dem Tisch neben ihm ein Stillleben aus Wasserkaraffe, Fernglas und kleiner Bismarckbüste, in seinem Schoß liegt eine Ausgabe „Echo des Siebengebirges“.

Zwei Jahre vor seinem Tod 1928 ist das Porträt des Kölner Unternehmers, der die Marke „4711“ weltweit bekannt machte, entstanden. Es spiegelt den Zeitgeist und zeigt einen Kosmopoliten, der in Königswinter zu Hause war. Und der die Stadt geprägt hat – bis heute. Elmar Scheuren, der ehemalige Leiter des Siebengebirgsmuseums, hat sich auf Spurensuche begeben.

Pläne für das Siebengebirge

Im Museumsfoyer werden trotz lauem Sommerabend die Stühle knapp. „Damit hätte ich nicht gerechnet“, sagt Scheuren und holt gemeinsam mit seiner Nachfolgerin Sigrid Lange noch ein paar Sitzgelegenheiten aus einem Nebenraum. „Ich habe nicht den Anspruch, Ferdinand Mülhens als Person zu würdigen“, erklärt er den Besuchern an diesem Abend, „sondern vielmehr seine Ideen für Königswinter.“ Und von denen hat der Geschäftsmann, der 1844 in Köln geboren wurde, im Laufe seines Lebens so einige entwickelt. Wenig ist über seine Jugend bekannt, hat Scheuren festgestellt.

Drittes Kind von zwölf Geschwistern, mit 27 Jahren geht er auf Weltreise, die allerdings in New York endet. Nach dem Tod des Vaters übernimmt er die Firma in der Glockengasse, die er nach juristischen Auseinandersetzungen unter dem Namen „Eau de Cologne- und Parfümerie-Fabrik Glockengasse No. 4711“ fortführt. Schon da ist der Wintermühlenhof in Königswinter Sitz der Familie, ist der einstige Fuhrweg zwischen der Altstadt und Ittenbach zur heutigen „Ferdinand-Mülhens-Straße“ ausgebaut. Doch der Unternehmer hat für das Siebengebirge noch weitere Pläne.

Etwa auf der Wolkenburg: Ende des 19. Jahrhunderts erwirbt er das Areal im Naturschutzgebiet, um dort eine Freizeitanlage samt Hotel bauen zu lassen. Rund 100 000 Mark hat Mülhens bereits investiert, als ihm letztlich ein Gerichtsurteil einen Strich durch die Rechnung macht. Noch heute zeugt eine Baumallee von den Plänen.

Mülhens baut Wintermühlenhof um und aus

„Die Niederlage hat ihn geschmerzt, aber nicht gebremst“, so Scheuren. Mülhens baut den Wintermühlenhof um und aus. Parkanlage, Pergola und ein Tennisplatz mit elektrischer Beleuchtung – Scheuren: „Wir reden vom Beginn des 20. Jahrhunderts“ – entstehen. Dann widmet er sich dem Projekt Elsiger Feld, dem heutigen Milchhäuschen samt den erforderlichen Zuwegen. Aus dem Westerwald lässt er einen rund 500 Zentner schweren Stein anliefern, der bis heute den Weg weist und dem Wanderparkplatz „Dicker Stein“ an der L 331 seinen Namen gibt.

„Man ist schließlich Ferdinand Mülhens“, so Scheuren mit einem Augenzwinkern. „Drunter tut er's nicht.“ Statt Luxusherberge auf der Wolkenburg erwirbt er 1911 den Petersberg, streitet mit dem Verschönerungsverein über den Ausbau einer Zufahrtstraße, erwirbt Petersberg- und Drachenfelsbahn. Und er lässt für die Vereine der Stadt 1909 eine Turnhalle bauen, kurz darauf das „Wilhelm-Auguste-Viktoria-Haus“, heute das Gebäude „Am Palastweiher“. „Das eine zur Schulung des Körpers, das andere zur Schulung des Geistes“, sagt Scheuren. „Ein spannender Bau bis heute.“ Trotz allem Reichtum: Mülhens war sparsam, vielleicht sogar „kniepig“. Am Königswinterer Bahnhof, so ist überliefert, verhandelte er immer mit den Kutschern über den Fahrpreis zum Wintermühlenhof. War der ihm zu hoch, ging er zu Fuß.

Und das war meistens so. Als ein Königswinterer Schreiner am Pottscheid eine Brücke aus astlochfreiem Holz fertigen sollte, soll Mülhens am Ende so lange das Bauerwerk unter die Lupe genommen haben, bis er doch noch ein Astloch fand. Ob er am Ende die Rechnung bezahlte? Scheuren zuckt die Schultern und lächelt.

Seit 1922 Ehrenbürger der Stadt

Viel Zeit hat Ferdinand Mülhens, seit 1922 Ehrenbürger der Stadt, übrigens auch im Siebengebirgsmuseum zugebracht. Sozusagen, denn um die Jahrhundertwende war in dem barocken Bürgerhaus das „Blaue Casino“ untergebracht, in dem die Königswinterer – ausschließlich – Männer die Geselligkeit pflegten, Vorträge hörten, lasen und Wein tranken. Nicht weit entfernt schließlich hat Ferdinand Mülhens 1928 auf dem Friedhof Am Palastweiher seine letzte Ruhestätte gefunden.

Wäre es nach ihm gegangen, hätte dieser Friedhof noch zu seinen Lebzeiten zum Hang hin erweitert werden sollen. Mülhens konnte sich trotz aller Versuche bei der Stadt nicht durchsetzen. Heute ist das Familiengrab zu beiden Seiten von Zypressen eingerahmt, in ihrer Mitte geben sie den Blick frei auf den Petersberg.

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