Schiffbau im Siebengebirge Auf Rheintour mit "Margarethe"

SIEBENGEBIRGE · Mit dem Schiff zur Schule: Wer das Gymnasium Nonnenwerth von Bad Honnefer Seite her erreichen möchte, muss quasi "Insel-Hopping" machen. Mit der "Grafenwerth" geht es über den Strom von der Insel Grafen- zur Insel Nonnenwerth. Aber woher dieses Boot eigentlich stammt, dürften die wenigsten Schüler wissen.

 Das Bild zeigt den Transport eines fertigen Schiffes in den 1930er Jahren durch die Grabenstraße zum Stapellauf an den Rhein.

Das Bild zeigt den Transport eines fertigen Schiffes in den 1930er Jahren durch die Grabenstraße zum Stapellauf an den Rhein.

Foto: Siebengebirgsmuseum/Heimatverein Königswinter

Dabei entstand das Fahrgastschiff mit den 40 Plätzen, das Kapitän Axel Bungarz führt, gleich in der Nachbarstadt. Es ist eines der Schiffe, die im Zeitraum zwischen 1886 und 1967 in Königswinter gebaut wurden. Und dann kam vor knapp 50 Jahren das Ende der Lokalbootwerften unterhalb des Drachenfels.

Das Gewerbe der Lokalbootbauer in Königswinter hat etwas mit der Rheinromantik und dem Fremdenverkehr im Siebengebirge zu tun. Zunächst boten Schiffer aus Honnef, Rhöndorf und Königswinter Lustfahrten mit Nachen - kompakten, flachen Booten für die Binnenschifffahrt - an. Sie brachten ihre Gäste auf die Insel Grafenwerth, die damals noch nicht über die Brücke zu erreichen war, oder nach Rolandseck, Mehlem, Rüngsdorf oder Plittersdorf, nach Bonn und Beuel.

Heinz-Willi Fleischhacker, der sich mit dem Schiffsbau in seiner Heimatstadt Königswinter befasst hat, sagt: "Talwärts wurden die Nachen gerudert, in der Bergfahrt meist getreidelt." Das heißt, Schiffe wurden durch Menschen oder Zugtiere wieder stromaufwärts gezogen. Fleischhacker sieht den 5. Februar 1886 als Geburtsstunde für das neue Gewerbe in Königswinter. "Damals lief zwar nur der erste eiserne Nachen bei Schlossermeister Jean Schmitz vom Stapel, aber hieraus entwickelte sich bald das Gewerbe der Lokalbootbauer."

1892 baute Schmitz das erste Motorboot, das von einem vier PS starken Petroleummotor angetrieben wurde, und taufte es auf den Namen "Margarethe". Zehn Meter lang und 2,40 Meter breit war dieses Erstlingswerk und damit schon ein stattliches Ausflugsboot. Seit 1817, als das erste Dampfschiff, die englische "Caledonia", Königswinter passierte, waren im Laufe der Jahrzehnte immer mehr Personenschiffe auf dem Rhein unterwegs. Ausgangs des

19. Jahrhunderts wurde die Lokalschifffahrt stärker. Die kleinen Petroleumboote tuckerten über den Rhein zwischen den Anlegestellen. In Honnef entstand 1898 eine Motorboot-Gesellschaft, die Passagiere für fünf Pfennig nach Grafenwerth übersetzte. Oder: Eine Lokalschifffahrtslinie verband die Orte Königswinter, Mehlem, Rhöndorf, Rolandseck.

Die Schiffchen kamen aus Königswinter. Schmitz' Geselle Jean Stauf machte sich 1902 an der Grabenstraße selbstständig und präsentierte sein Erstlingswerk, die "Josephine". Ebenfalls bei Schmitz hatte Willi Giesen gelernt, der ab 1926 fünf Jahre lang eine Werft am Oberdollendorfer Weg auf dem Gelände der Lemmerzwerke führte. Und auch Johann Lemmerz und sein Bruder Simon erweiterten ihr Geschäftsfeld zwischen 1905 und 1915 um Lokalboote. 1910 verlegten sie ihre Werft nach Oberkassel. Schreinermeister Johann Nikolaus baute 1921 in der Tomberger Straße sein erstes Lokalboot aus Holz: "Gertrude" war 12,50 Meter lang, 2,50 Meter breit und hatte einen 8-PS-Daimler-Motor.

Fleischhacker: "Noch weitere größere Holzboote konnten mit denen aus Eisen nicht konkurrieren." Ab den dreißiger Jahren existierte nur noch Staufs Bootsbaubetrieb. Er blieb an der Grabenstraße, produzierte jedoch später größere Einheiten in Oberkassel. Fleischhacker: "Ein Nachteil der Königswinterer Motorbootindustrie, deren Boote handwerklich gefertigt wurden, waren die Standorte der Werften. Die Lokalboote mussten auf stabilen Wagen quer durch die Stadt zur Fährrampe am Rhein geschafft werden."

Als Bootsbauer Schmitz 1913 ein 20 Meter langes Schiff, das für 150 Personen ausgelegt war, baute, musste er es in zwei Teilen transportieren. Komplett hätte es nicht durch die Straßen gepasst. Mit mehr als 40 000 Nieten wurde dann die Außenhaut des Schiffrumpfs mit den Spanten am Rheinufer verbunden.

Aber nicht nur Boote für die Lokalschifffahrt und den Fährverkehr entstanden in Königswinter, sondern auch Schiffe zum Beispiel für den Zoll oder das Wasserbauamt. Ihre Einsatzgebiete: Flüsse und Seen in ganz Deutschland, aber auch die Grachten in Amsterdam und sogar der Victoriasee in Afrika. Jean Stauf und sein Sohn Theo übergaben am 28. Juli 1954 in Königswinter das erste in Deutschland gebaute Missionsboot "Sancta Maria" an Bischof Blomjous.

1967 stellte diese Werft ihren Betrieb ein, weil sich kein Nachfolger fand. Die "Grafenwerth" aus dem Jahre 1928 ist zwar schon mehrfach umgebaut, aber dennoch quasi ein fahrendes "Denkmal" der Firma Stauf und der Königswinterer Lokalbootwerften, auf denen insgesamt Hunderte von Booten hergestellt wurden.

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