Neuer Roman der Königswinterer Autorin Michaela Küpper Als die Frauen in der „Stunde Null“ mit den Problemen ganz alleine waren

Königswinter · Die in Königswinter lebende Schriftstellerin Michaela Küpper hat mit „Und trotzdem leben wir“ erneut ein Buch vorgelegt, das sich mit einem historischen Stoff beschäftigt. Der Roman hat die unmittelbare Nachkriegszeit zum Thema, als das Leben weitgehend in den Händen der Frauen lag.

In ihrem neuesten Buch „Und trotzdem leben wir“ widmet sich Schriftstellerin Michaela Küpper Geschichten über Frauen der Nachkriegszeit – einer Zeit, da Frauen das Leben ihrer Familien sichern.

In ihrem neuesten Buch „Und trotzdem leben wir“ widmet sich Schriftstellerin Michaela Küpper Geschichten über Frauen der Nachkriegszeit – einer Zeit, da Frauen das Leben ihrer Familien sichern.

Foto: Frank Homann

Wie sich die Zeiten ändern: Statt Zarah Leanders „Davon geht die Welt nicht unter“ regieren nun Schlager wie „Das Karussell“ von Evelyn Künneke. Das dreht sich um Einsamkeit und nach der Sehnsucht – insbesondere der Sehnsucht, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder zu einem Stück Normalität zurückzukehren und auch so etwas wie eine Karussellfahrt genießen zu können. „Ich wollte über Frauen erzählen, weil es eine Zeit der Frauen war“, berichtet Schriftstellerin Michaela Küpper Mit „Und trotzdem leben wir“ hat sie ihr neuestes Werk vorgelegt – 314 Seiten über die „Stunde Null“, die Zeit zwischen Hoffen und Bangen.

Die in Königswinter lebende Schriftstellerin ist sehr vielseitig, ihr neuestes Werk nach „Die Edelweißpiratin“ ist erneut eins, das sich mit einem historischen Stoff beschäftigt. Der Roman hat die unmittelbare Nachkriegszeit zum Thema, als das Leben weitgehend in Händen der Frauen lag. Die im Rheintal angesiedelte Handlung ist zwar fiktiv, fußt aber auf realen historischen Begebenheiten und auf Erzählungen und Erlebnissen von Zeitzeugen, zum Teil auch aus Königswinter und dem Umland, berichtet sie im Gespräch mit dem General-Anzeiger.

Angesiedelt ist das Geschehen in einem vor dem Krieg bei Touristen beliebten Ort im Mittelrheintal. Einen konkreten Namen hat dieses Städtchen allerdings nicht – und das hat Gründe. „Ich wollte keinen Heimatroman schreiben“, bekundet die Autorin. Das Rheintal stehe symbolisch für das Kriegsende – unter anderem wegen der „Brücke von Remagen“. Ferner sollten die Alltagsgeschichten der Nachkriegszeit, als viele Männer noch in Gefangenschaft waren, nach endlich langer Zeit heimkehrten oder langsam die traurige Gewissheit herrschte, dass sie gar nicht mehr aus dem Krieg zurückkehren werden, nicht aus der Sicht von Großstädtern geschrieben sein. „Nein, es sollte keine Trümmerfrauen-Geschichte sein“, sagt die studierte Soziologin. Und: Was die Geschichte der mutigen, zupackenden Frauen ihres Buches angeht, konnte sich Küpper in einer Kleinstadt eher auf den Wiederaufbau des Lebens konzentrieren, da Teile der Infrastruktur in Kleinstädten noch eher existent waren als in Großstädten, die großflächig überall im früheren Deutschen Reich in Trümmern lagen.

Brücke im Buch erinnert an Hodges-Brücke in Niederdollendorf

Auf beeindruckende Weise beleuchtet „Und trotzdem leben wir“ die Rolle der Frauen nach der Katastrophe des Zweiten Weltkrieges. „Der Krieg und das Kriegsende ist stets männlich assoziiert. Diese Zeit war aber anders, als wir sie im Gedächtnis haben“, erklärt Küpper. In der kleinen Stadt am Mittelrhein begegnen die Leserinnen und Leser etwa Gerrit, die in einem Haus lebt, in dem viele Flüchtlinge, zum Teil mit Familien, auf engstem Raum Schutz gesucht haben. Zwar ist das Leben der ganz unterschiedlichen Frauen anfangs geprägt von Neid und Misstrauen, aber letztlich kämpfen alle denselben Kampf – nämlich den ums Überleben. Einfühlsam schildert Küpper, wie es die Frauen irgendwie schaffen, der Familie ein bescheidenes Auskommen zu sichern – sei es mit Tauschgeschäften, mit Arbeiten oder wenn nötig auch mit Tricks.

Es sei eine „arme Zeit“ gewesen, allerdings auch geprägt von einer „ungeheuren Lebensfreude“, so Küpper. „Viele sagten: So gefeiert wie damals, haben wir nie davor und nie danach“. Die Menschen haben während der Jahre 1945, 1946 und 1947 oftmals sehr hungern müssen. Eine Zeit ist es gewesen, in der Frauen unheimlich kämpfen mussten, aber auch eine, in der jeder nach vorne blicken wollte. Eher beiläufig beschreibt die Schriftstellerin auch die spontan organisierten Tanzveranstaltungen. Berührend: Im Hinblick auf heutige Krisen verfestigt sich das Bild, dass es den Menschen damals gelungen ist, Krisen zu bewältigen.

Junge Frauen werden plötzlich Witwen – ehe sie angefangen haben zu leben. In Michaela Küppers Buch machen die Frauen der Nachkriegszeit genau das, was im Frauenbild der Nationalsozialisten nicht vorkam: Sie waren nicht ausschließlich Mutter, sondern sie arbeiteten als Automechanikerin, die auch mal eine Lichtmaschine wechseln konnte, als Übersetzerin oder als Haushaltshilfe. All die Geschichten sind so spannend und authentisch, dass es nahezu unmöglich ist, dass Buch aus der Hand zu legen. „Ein reines Frauenbuch wäre nicht mein Ding“, berichtet Küpper im Gespräch mit dem General-Anzeiger. Auch diese Intention ist ihr sehr gelungen.

Der neue Roman „Und trotzdem leben wir“ von Michaela Küpper ist bei Droemer erschienen und kostet 16,99 Euro.

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