Ärger um Bauvorhaben in Hartenberg Balkon durch die Hintertür

HARTENBERG · Eine überraschende Wendung könnte es im Streit um einen Balkon und ein Schwimmbad in Hartenberg, die nach Meinung der Stadt abgerissen werden müssen, geben.

 Balkon des Anstoßes: Die Familie Kaufmann wurde von der Stadt aufgefordert, das Bauwerk wieder abzureißen.

Balkon des Anstoßes: Die Familie Kaufmann wurde von der Stadt aufgefordert, das Bauwerk wieder abzureißen.

Foto: FRANK HOMANN (ARCHIV)

Die Bezirksregierung hat der Stadt mit Schreiben vom 26. Mai angeboten, bei einer entsprechenden Anfrage eine Zustimmung zur Änderung des Flächennutzungsplans zu erteilen, um den drei Grundstückseigentümern zu helfen (siehe unten). Ein ungewöhnlicher Vorgang.

Konkret geht es um drei Fälle, in denen die Eigentümer den Petitionsausschuss des Landtages angerufen haben: Bei zwei Bauvorhaben wurden ein Balkon und ein Schwimmbad ohne Baugenehmigung außerhalb der Grenzen der im Jahr 2010 vom Stadtrat verabschiedeten Innenbereichssatzung für den Ortsteil Hartenberg errichtet. Die Stadt hat die Eigentümer vor einigen Wochen aufgefordert, beide Bauwerke abzureißen. Gegen diese Verfügungen haben die Betroffenen Klage beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht. Im dritten Fall möchte ein Eigentümer einen Balkon an einem Gästehaus und einen Carport errichten.

Hinter dem lapidaren Tagesordnungspunkt "Klarstellungssatzung Hartenberg", der morgen im städtischen Planungs- und Umweltausschuss thematisiert wird, steckt enorm viel Sprengkraft. Wenn die Stadt dem Angebot der Bezirksregierung folgt, und die Entscheidung überlässt die Verwaltung bewusst der Politik, dann könnte sie zum Präzedenzfall werden. "Die Verwaltung weist ausdrücklich darauf hin, dass es eine Vielzahl vergleichbarer Fälle in Königswinter gibt", steht in der Vorlage. Es sei daher zu erwarten, dass in allen kleinen Ortsteilen, die bereits bebaut und nach Paragraf 34 des Baugesetzbuches zu beurteilen sind, Begehrlichkeiten zur Erweiterung der Baurechte entstehen und entsprechende Bürgeranträge auf Aufstellung von Bebauungsplänen und Änderungen des Flächennutzungsplanes gestellt werden.

Die von der Bezirksregierung vorgeschlagene Ausweisung von Bauflächen widerspreche den im Flächennutzungsplan im Jahr 1978 dargestellten Grundzügen der städtebaulichen Entwicklungsvorstellungen des Rates der Stadt Königswinter. Danach sollten in kleineren Ortsteilen keine Bauflächen dargestellt werden. Die Bezirksregierung bittet die Stadt in ihrem Schreiben um Mitteilung bis zum 10. Juni, "ob das Petitionsverfahren weiter fortgesetzt werden soll oder ob die Stadt den von ihr vorgeschlagenen Lösungsweg beschreiten will". Die Verwaltung würde gerne die anhängigen Klageverfahren abwarten und die Entscheidung den Gerichten überlassen. Die erste Entscheidung liegt nun jedoch morgen beim Planungsausschuss.

Eine Sprecherin der Bezirksregierung betonte gestern gegenüber dem General-Anzeiger, dass im Fall Hartenberg die Möglichkeit bestehe, ein Planverfahren durchzuführen und im Flächennutzungs- und Bebauungsplan Bauflächen darzustellen, die die entstandenen Anbauten mit einbeziehen. "Die Entscheidung liegt aber natürlich bei der Stadt", so die Sprecherin.

Köwi-Antrag: Bürger direkt informieren

Die Königswinterer Wählerinitiative hat für die morgige Sitzung des Planungs- und Umweltausschusses einen Antrag gestellt, der durch die Diskussion über die Innenbereichssatzung Hartenberg angestoßen wurde.

Die Fraktion möchte wissen, welcher Verwaltungsaufwand entsteht, wenn die Bürger, die in den betroffenen Gebieten wohnen, bei gravierenden Änderungen von Bebauungsplänen oder dem Erlass von Innenbereichssatzungen über die Auswirkungen direkt informiert werden. Dies soll am Beispiel Hartenberg dargestellt werden. Das Gesetz schreibt lediglich eine öffentliche Bekanntmachung in einer Tageszeitung und im Internet vor.

An diese Vorgaben hatte sich die Stadt Königswinter gehalten und die neue Innenbereichssatzung im Herbst 2010 bekanntgegeben.

Schreiben der Bezirksregierung

Die Bezirksregierung hat der Stadt angeboten, "bei einer von der Stadt Königswinter gestellten Anfrage nach § 34 LPlG (Landesplanungsgesetz, d.Red.) in dem o.a. Bereich eine Zustimmung für eine Änderung des Flächennutzungsplans in eine Bauflächendarstellung zu geben, auch wenn der Änderungsbereich die im Petitionsverfahren angesprochenen, ungenehmigten baulichen Anlagen der Petenten ... mit einbezieht."

"In diesem Zusammenhang wird angeregt, die Grenze des Änderungsbereichs bis zu zehn Meter von den Hauskanten entfernt zu ziehen, um den möglichen wohnakzessorischen Bereich der Ortslage Hartenberg zu berücksichtigen." Die Kölner Bezirksregierung weist außerdem noch darauf hin, "dass die Grenzziehung eines möglichen Planänderungsverfahrens immer eine Einzelfallentscheidung ist".

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