Spendenaktionen laufen an Bestürzung und Trauer über Erdbebenkatastrophe auch im Siebengebirge

Königswinter · Kaum machten die Nachrichten über das verheerende Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet die Runde, liefen Spendenaktionen an. Auch der Alevitische Kulturverein Siebengebirge sammelt Spenden. Noch ist aber völlig unklar, ob diese auch ankommen.

 Mitglieder vom Alevitischen Kulturverein Königswinter verladen die in wenigen Tagen gesammelten Sachspenden für die Erdbebenopfer in der Türkei.

Mitglieder vom Alevitischen Kulturverein Königswinter verladen die in wenigen Tagen gesammelten Sachspenden für die Erdbebenopfer in der Türkei.

Foto: GA/Lydia Schauff

„Es ist eine Katastrophe und ich denke, es ist viel schlimmer, als wie es uns vorstellen können“, sagt Kenan Ekinci, Vorsitzender vom Alevitischen Kulturverein Siebengebirge mit Blick auf die Erdbebenkatastrophe im türkisch-syrischen Grenzgebiet. Decken, Schlafsäcke, warme Kleidung: Über 50 Kartons mit Sachspenden konnte der Verein auf die Schnelle für die Erdbebenopfer in der Türkei und Syrien zusammenpacken. Am Mittwochabend wurden die Kartons zu einer Spedition nach Troisdorf gebracht, von wo aus sie mit vielen anderen Spenden per Lkw in die Türkei geschafft werden sollen.

Doch die Frage ist laut Ekinci, ob die Spenden überhaupt ankommen oder ob sie nicht doch von den Behörden vor Ort aufgehalten und blockiert werden. „Während der katastrophalen Lage in unserem Land werden die Geld- und Sachspenden, die alevitische Organisationen den Erdbebenopfern zukommen lassen wollen, von den Behörden in den Regionen verhindert“, schreibt die Alevitische Gemeinde Deutschland, Dachorganisation der in Deutschland lebenden Aleviten, auf Facebook.

Der Verein im Siebengebirge sammelt auch Geld für die Erdbebenopfer. „Wir haben bisher über 8000 Euro gesammelt“, so Ekinci. So erfreulich das ist, sei auch hier die Frage, wie kommt das Geld dort an, wo es hin soll, ohne dass es in staatlichen Kanälen stecken bleibt. Ein Weg, wie das Geld zu den Hilfebedürftigen in der Erdbebenregion gelangen kann, etwa über eine andere Organisation, wird derzeit gesucht. Die Spendenaktion läuft indes weiter.

Gastronom in Königswinter verliert Familienmitglieder durch Erdbeben

Während unter den Vereinsmitgliedern, von denen viele noch Familie in der Türkei haben, keiner familiären Verluste durch das Erdbeben erlitten hat, hat es Inan Ebay, der in Königswinter das Restaurant „Zur Meerjungfrau“ betreibt, enorm hart getroffen. 16 Familienmitglieder und Verwandte, die in der türkischen Stadt Adiyaman mitten im vom Erdbeben betroffenen Gebiet gelebt haben, seien bisher umgekommen. Nichten, Neffen, Tanten, Onkel. Er schreibe ständig per Handy mit Verwandten vor Ort, so gut es der Mobilfunkempfang im Katastrophengebiet eben zulässt, die ihm die Lage schildern.

So hätten eine Nichte und ein Neffe, die unter einem Haus begraben wurden, noch gelebt und um Hilfe gerufen. Doch weil keine Rettungstrupps da waren, keine Geräte, konnte ihnen nicht geholfen werden. Sie seien erfroren, sagt Inan Erbay. „Es ist eine Katastrophe. Es ist sehr, sehr traurig“, sagt er. Es fehle an allem. Verwandte hätten Schnee geschmolzen, um etwas zu trinken zu haben. Anwohner schildern aus Adiyaman, dass sie Bagger und Gerätschaften, um unter Trümmer begrabene Menschen zu retten, selbst besorgt hätten. Erst nach drei Tagen, so die Schilderung der Verwandten von Inan Erbay, seien erste offizielle Hilfstrupps vor Ort eingetroffen.

Kommende Woche will Inan Erbay in die Türkei fliegen. Doch weil die Flughäfen drumherum zerstört wären oder nur von Hilfsinitiativen genutzt werden dürften, müsse er vermutlich ins von Adiyaman rund 700 Kilometer entfernte Konya fliegen, weil er dort einen Verwandten hat, der ihm sein Auto für die Fahrt nach Adiyaman leihen würde. Allerdings versuche er gerade, noch in einem näher gelegenen Ort ein Auto zu organisieren, um dort hinfliegen und von dort aus fahren zu können. In seinem Restaurant hat Inan Erbay eine Spendenbüchse aufgestellt, um Geld zu sammeln, um vor Ort einzukaufen und seine Familie zu unterstützen. Etwas anderes könne er ja im Flieger auch gar nicht mitnehmen.

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