Neue Fälle im Rhein-Sieg-Kreis Coronavirus-Infizierter hatte bis zu 600 Kundenkontakte am Tag

Rhein-Sieg-Kreis · Die Zahl der bestätigten Coronavirus-Fälle im Rhein-Sieg-Kreis ist auf 24 angestiegen. Für viel Arbeit sorgen zwei Fälle, bei denen das Gesundheitsamt nicht nachvollziehen kann, zu wievielen weiteren Menschen die Infizierten Kontakt hatten.

 Proben werden auf Coronavirus (Covid-19) getestet (Symbolfoto).

Proben werden auf Coronavirus (Covid-19) getestet (Symbolfoto).

Foto: dpa/Danny Lawson

Zwei weitere Personen, die positiv auf das Coronavirus getestet wurden, sorgen im Gesundheitsamt des Rhein-Sieg-Kreises für viel Arbeit, weil zahlreiche Kontaktpersonen ermittelt werden müssen.

„Es gibt zwei aktuelle Fälle, wo wir wahrscheinlich nicht in der Lage sein können, alle Kontakte nachzuvollziehen“, sagte Landrat Sebastian Schuster am Donnerstag bei der täglichen Pressekonferenz des Kreises. Es handelt sich um eine Frau, die in einem Optikergeschäft im rechtsrheinischen Kreisgebiet arbeitet (weitere Details werden nicht genannt), und um den bereits bekannten Schüler des Siebengebirgsgymnasiums, bei dem sich inzwischen herausgestellt hat, dass er auch in einem Schnellrestaurant und als Türsteher arbeitet. „Beides sind Tätigkeiten mit vielen nahen Kontakten“, sagte der Leiter des Kreisgesundheitsamtes Rainer Meilicke. „Der Umfang der Aufar­beitung ist riesengroß.“ Aktuell trete die beratende Tätigkeit des Gesundheitsamtes etwas in den Hintergrund, Bürger könnten bei der Hotline in der Warteschleife landen.

Insgesamt gibt es im Kreis 25 bestätigte Fälle von SARS-CoV-2 und 273 Personen, die sich in häuslicher Absonderung befinden. „Etwas mehr als die Hälfte der Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis sind inzwischen betroffen“, sagte Schuster. Die meisten Corona-Fälle (9) gibt es nach wie vor in Siegburg. Neu kamen am Mittwoch, wie berichtet, ein junger Mann in Meckenheim und ein Fall in Niederkassel hinzu, außerdem am Donnerstag je ein neuer Fall in Alfter und Siegburg.

Am Donnerstag blieben drei Schulen im Kreis geschlossen, zwei im Siebengebirge und die Dependance der Sekundarschule Nümbrecht in Ruppichteroth. Eine bestätigte Infektion mit dem Coronavirus gibt es am Siebengebirgsgymnasium. Hier braucht das Gesundheitsamt noch bis zum Wochenende, um Kontakte und Kontaktketten zu prüfen. Am Montag soll der Schulbetrieb weiter gehen.

Gymnasium am Oelberg in Königswinter geschlossen

Für einen Tag geschlossen ist nach Rücksprache mit der Bezirksregierung das Gymnasium am Oelberg in Königswinter. Eine Maßnahme, die laut Einschätzung von Meilicke noch nicht nötig gewesen wäre, da es „nur einen Verdacht gibt, dass eine Schülerin einen Kontakt gehabt haben könnte“. Ziel des Gesundheitsamtes sei immer, den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten. Gibt es eine bestätigte Infektion, dann braucht die Behörde schnell eine Adressliste der Kontaktpersonen. Die habe das Siebengebirgsgymnasium am Mittwoch nicht vorgelegt, so Meilicke, sodass die Schule zwei Tage geschlossen bleiben muss. „Die Kontaktpersonenermittlung in Schulen ist besonders wichtig! Haben wir die Kontaktpersonen eingegrenzt, ist es überhaupt nicht notwendig, die gesamte Schule zu schließen“, erläuterte Meilicke und appelliert an die Schulleitungen, den Kontakt zum Gesundheitsamt zu suchen. „In den Schulen liegen schon seit Jahren unsere Kontaktdaten.“

Das NRW-Schulministerium hat bereits vier Schulmails zum Thema Coronavirus verschickt. Es weist unter anderem darauf hin, dass die vollständige oder teilweise Schließung einer Schule von der Ordnungsbehörde oder dem Gesundheitsamt verfügt wird. Die Schließung durch die Schulleitung komme nur im Notfall in Betracht.

Am Donnerstag meldete sich der infizierte junge Mann, der das Siebengebirgsgymnasium in Bad Honnef besucht, beim General-Anzeiger. Am Mittwoch hatte es geheißen, dass er seine Erkrankung selbst in den Sozialen Medien veröffentlicht habe. „Im Lehrerzimmer hat sich wohl rumgesprochen, dass ich das bei Facebook gepostet habe. Ich habe aber gar kein Facebook“, sagte er. Der 18-Jährige besucht die Oberstufe. „Ich habe am Mittwoch um 10.25 Uhr den Anruf vom Labor bekommen, dass ich positiv getestet bin. Sieben Minuten später habe ich die Schule und eine halbe Stunde später meinen Arbeitgeber informiert“, berichtete er.

18-Jähriger hat bis zu 600 Kundenkontakte am Tag

Der 18-Jährige arbeitet in einem Nebenjob in einem gastronomischen Betrieb und hat, wie er selbst sagt, bis zu 600 Kundenkontakte am Tag. „Ich habe dem Gesundheitsamt eine Liste mit 30 Kontaktpersonen in der Schule und rund 100 in meinem Job zugeschickt“, sagte er. Wo und bei wem er sich angesteckt habe, sei durch seinen Job nicht nachvollziehbar. Wegen Fieber, Schnupfen und sehr starker Kopfschmerzen war er am Montag zu seinem Hausarzt gegangen, der zunächst eine Bronchitis und Virusinfektion diagnostiziert habe. Am Dienstag habe er sich dann in der Bonner Uniklinik testen lassen. „Ich habe mir gedacht, dass ich mich wegen der vielen beruflichen Kontakte angesteckt haben könnte“, meint er. Am Mittwochvormittag sei ihm dann das positive Ergebnis mitgeteilt worden. Inzwischen gehe es ihm schon wieder besser, die Symptome seien zum Teil abgeklungen. Seine häusliche Quarantäne dauere noch bis zum 23. März. „Ich bin viel in meinem Zimmer und versuche, mich irgendwie zu beschäftigen“, sagt er.

Das Gesundheitsamt des Kreises appellierte am Donnerstag noch einmal an die Bürger, sich beim Verdacht auf eine Erkrankung mit Kontakten zurückzuhalten und zunächst telefonisch Kontakt zu Ärzten und Behörden aufzunehmen (siehe „Wichtige Hinweise des Gesundheitsamts“). Unter Schutzmaßnahmen dürfen Betroffene dann zum Hausarzt und zur Abstrichstelle gehen, wo sie auf SARS-CoV-2 getestet werden. „Jeder Bürger, der sagt, er hält sich an die Regeln, dem glauben wir“, erklärte Meilicke. Betroffene verpflichten sich in einer Erklärung, zu Hause zu bleiben. Zeigt sich aber jemand uneinsichtig, könnte das Ordnungsamt mit einer Ordnungsverfügung reagieren – Hausarrest vom Amt also.

In der Kreisverwaltung blieben Ämter mit Kundenkontakt, Straßenverkehrsamt und Ausländeramt regulär geöffnet, auch die Lebensmittelkontrolleure sind unterwegs. Weil bis auf den Kreiswahlausschuss alle Sitzungen abgesagt sind, müssen dringende Entscheidungen per Umlaufverfahren getroffen werden. „Die Kreisverwaltung ist handlungsfähig“, sagte Schuster. Per Dringlichkeitsentscheidung wurde Geld für die Kita-Planung in Neunkirchen-Seelscheid bewilligt.

Zweimal am Tag meldet die Verwaltung die aktuellen Zahlen der Corona-Infektionen im Kreis. Für die Region gibt es deshalb eine Übersicht, bundesweit gehen die Zahlen des Robert-Koch-Instituts (RKI) und die der Länder auseinander. Das hängt nach Angaben des Gesundheitsamtsleiters mit dem Meldesystem zusammen. Nur in der Ausbruchssituation müssten Infektionen direkt an das RKI gemeldet werden, diese Sondermeldungen seien inzwischen beendet, sodass die Zahlen mit Verzögerung beim RKI ankämen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort