Gerti Gabelts neues Buch "Die Zeit ist eine feine Herrin" Das Auf und Ab der Wellen

SIEBENGEBIRGE · Das Meer als Symbol für das Leben, Wellen als Zeichen für Werden und Vergehen: In ihrem neuen Buch behandelt Schriftstellerin Gerti Gabelt das Schicksal einer Frau nach einer gescheiterten Ehe.

 Die in Bad Breisig lebende Autorin Gerti Gabelt mit ihrem neuen Buch „Die Zeit ist eine feine Herrin“.

Die in Bad Breisig lebende Autorin Gerti Gabelt mit ihrem neuen Buch „Die Zeit ist eine feine Herrin“.

Foto: Frank Homann

Mit dem Tsunami kam die Schreiblust. Gerti Gabelt war auf der Insel Phuket, als Weihnachten 2004 ein Erdbeben im Indischen Ozean eine verheerende Katastrophe auslöste. „Danach habe ich alles aufgeschrieben, eigentlich nur für mich und meine Familie. Aber dann wurde ich ermuntert, meine Geschichte ,Tsunami – erlebt und überlebt‘ zu veröffentlichen“, erzählt sie heute – mit ihrem neuen Buch in der Hand.

Demnächst wird sie die aktuelle Nummer vier mit dem Titel „Die Zeit ist eine feine Herrin“ im Café Schlimbach Aegidienberg vorstellen und kehrt damit an ihre Wurzeln zurück – die Autorin stammt aus Hövel, ist eine geborene Roßbach und hat auch 20 Jahre in Königswinter gelebt. Gerti Gabelt, die heute in Bad Breisig wohnt, ist stets gerne gereist und hat zudem etliche Jahre im Ausland verbracht – allein in Australien fünf Jahre, eine Zeitlang in Neuseeland, mit dem Camper war sie in Namibia und Südafrika unterwegs, in einem Holzkahn schipperte sie abenteuerlustig durch den Mekong nach Laos. Von diesen gesammelten Eindrücken hat sie sich inspirieren lassen beim Schreiben. Und diese Ortskunde vermittelt ihren Büchern zusätzlichen Reiz und Authentizität. Bei „Wanda und Wendelin“ begibt sich der Leser mit ihr auf eine Reise durch Afrika, in „Frei sollst du sein“ findet eine junge Prostituierte in Thailand in eine bürgerliche Existenz.

Tatsächliche Ereignisse vermischt mit Phantasie

In ihrem neuen Buch ist das Schicksal einer Deutschen beschrieben, die nach einem Drama in ihrer Ehe irgendwo in der Bundesrepublik in Neuseeland eine neue Liebe und ein positives Leben erfährt. Der Ausgangspunkt orientierte sich an einem wahren Fall: Ein Mann versuchte, seine Frau zu erwürgen und nahm sich nach dem gescheiterten Mord das Leben. Tatsächliche Ereignisse vermischt Gerti Gabelt stets mit ihrer Phantasie. „Die Depression, unter der dieser Mann litt, habe ich erfunden.“ Ebenfalls abweichend von der Wirklichkeit: „In meinem Buch erschießt er sich. Und bei mir geht die Frau danach nach Neuseeland.“

Als sie über die Versteinerung und Verbitterung dieser Roman-Hauptperson schrieb, konnte Gabelt auch auf ihre berufliche Erfahrung zurückgreifen. Sie war in den achtziger und neunziger Jahren bei der UNHCR für Flüchtlingsangelegenheiten zuständig, absolvierte im zweiten Bildungsweg eine Ausbildung zur Psychotherapeutin. Als Psychologische Beraterin gab sie auch Seminare zu Lebensthemen in der Erwachsenenbildung. Dieser Erfahrungsschatz schwingt stets mit, wenn Gerti Gabelt sich in die Schicksale ihrer Romanfiguren hineinversetzt und ihre Geschichten niederschreibt. Nie spinnt sie vorher einen roten Faden für den Handlungsverlauf – die Autorin lässt es rollen und schöpft aus ihrem großen Repertoire an Phantasie während der Entstehungsphase.

„Ich kann mich gut in Ereignisse hineinversetzen, die Angst dieser Frau etwa habe ich beim Schreiben selbst empfunden“, erzählt sie. Diese Frau lebt in einem gefestigten Familienverband – bis zu diesem fürchterlichen Ereignis mit ihrem Mann. Sie glaubt daraufhin, das Recht auf ein glückliches Leben verwirkt zu haben. Als Einstieg wählte Gerti Gabelt die Szene auf dem Friedhof, wo Grace mit ihren drei Kindern die Urne des Mannes, den sie einmal liebte, in die Erde senkt. Erst später will sie mit Töchtern und Sohn über das Schlusskapitel dieser Ehe sprechen. Aber sie sucht einen anderen Weg, fliegt, nun als Gina, nach Neuseeland, um dort einen ruhigen Platz für sich zu suchen, direkt am Wasser. Angst, Mut und Liebe pflastern den Weg in die Zukunft. Erst eine neue Liebe lässt ihre Psyche gesunden.

Das Meer der neuen Heimat ihrer Protagonistin setzt Gerti Gabelt stellvertretend für ein eindrucksvolles Symbol für das Leben – in dem Auf und Ab der Wellen sieht sie Zeichen für Werden und Vergehen. „Der nie endende Rhythmus symbolisiert Glück und Freude, Verlust und Trauer und erfüllt mit neuer Energie“, sagt Gerti Gabelt. Sie hält die Spannung hoch. Die Kinder suchen ihre Mutter. Und auch hier schlägt das Schicksal Haken. Der Sohn lernt zufällig Ginas neue Liebe kennen – kommt aber beim gemeinsamen Surfen mit ihm um, bevor er seine Mutter wiedersieht. Und auch für die beiden Töchter, mittlerweile in Australien, hat sich Gerti Gabelt eine spannende Wendung der Handlung einfallen lassen. Mehr wird jedoch nicht verraten.

„Ich habe schon als Kind geschrieben, aber alles zerrissen“, berichtet Gerti Gabelt schmunzelnd. Das macht sie nicht mehr. Im Gegenteil: Derzeit arbeitet sie am fünften Buch, erstmals mit Kurzgeschichten. Dabei spielen auch Schicksale von der Flutkatastrophe an der Ahr eine Rolle. Sie hat einige der Betroffenen kennengelernt. Ein Anknüpfungspunkt an ihren Erstling.

Gerti Gabelt, „Die Zeit ist eine feine Herrin“, Engelsdorfer Verlag, 205 Seiten, 14 Euro. Der Termin für die Lesung in Aegidienberg steht noch nicht fest.

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