Königswinter vor 1000 Jahren Dem Mittelalter auf der Spur

KÖNIGSWINTER · "Wo wurde im Mittelalter eine Kirche hingebaut?" Werner Dahm fügte die Antwort gleich an: "Auf dem Areal eines Haupt- oder Fronhofes. Hier in Königswinter gab es solch einen Haupthof natürlich auch, und zwar da, wo jetzt das Sealife-Center steht. Es war der Myllendonker Hof." Werner Dahm bot für das Siebengebirgsmuseum erstmals eine Mittelalterführung an.

 Wurzeln im Mittelalter: Der Tomburger Hof.

Wurzeln im Mittelalter: Der Tomburger Hof.

Foto: Frank Homann (Archiv)

"Ich habe erst gedacht, so viel ist da gar nicht zu zeigen." Auf den ersten Blick mache Königswinter, ohne Stadtmauer, ja auch nicht gerade den Eindruck eines mittelalterlichen Städtchens. "Aber es gibt durchaus Spuren."

Auf dem Marktplatz erklärte Werner Dahm den Teilnehmern, wie vor Jahrhunderten dieser Bereich ausgesehen hat. "Der Myllendonker Hof war der Hof des Burggrafen von Drachenfels und Gerichtsstätte des erzbischöflichen Land- und Hauptgerichts. Aber auch vor dem Burggrafentum, das ja erst im 12. Jahrhundert entstand, gab es diesen bedeutenden Hof wohl schon. Auf dessen Areal wurde die erste Kirche gebaut." Der Myllendonker Hof bestand bis zur napoleonischen Zeit, wurde dann säkularisiert und verkauft. Und hier entstand das erste Grandhotel am Rheinufer, der Berliner Hof.

Das Haus Kreutzer neben dem Kiosk sei wahrscheinlich Ende des 18. Jahrhunderts errichtet worden, möglicherweise als Wirtschaftsgebäude des Myllendonker Hofes - und zwar das Untergeschoss aus Abbruchmaterial der alten Stadtmauer. Werner Dahm: "Königswinter hat 1398 das Marktrecht vom Kölner Erzbischof erhalten, und zwar das Recht für einen Wochenmarkt, immer sonntags, sowie für einen Jahrmarkt am 1. Oktober, dem Patronatsfest von Sankt Remigius." Aber schon zuvor müsse es hier ein reges Handels- und Gewerbeleben gegeben haben. "In einem Ort mittelalterlichen Ursprungs erwartet man eine alte romanische Kirche - und findet hier aber einen frühklassizistischen Bau. Die alte Kirche hatte ihren Eingang unter dem Westturm - zum Friedhof hin." Die alten Häuser direkt neben der Kirche seien gerade mal um die 100 Jahre alt.

"Davor gab es sicher schon barocke und davor mittelalterliche Häuser aus Holz und Lehm mit Strohdächern und Kellern aus Stein." Mit den Spaziergängern tauchte er in einem dieser Gebäude in den Keller ab - wie zuvor schon im Siebengebirgsmuseum, wo neben dem großen Barock-Keller auch ein mittelalterlicher Keller vorhanden ist. Dahm: "Diese Situation gibt es oft in Königswinter."

Und dann ging's Richtung Rhein. "Früher hätten wir hier das Rheintor passiert." 1015 habe es aber noch keine ummauerte Altstadt gegeben, sondern eher Hofgemeinschaften unterschiedlicher Lehnsherren. Dahm: "Könnten wir heute solche Höfe sehen, kämen sie uns wie kleine Dörfer vor. Ein solcher Hof wurde also 1015 verschenkt." Auf diese Schenkungsurkunde von Kaiser Heinrich II. bezieht sich das 1000-jährige Jubiläum Königswinters in diesem Jahr.

"Wir wissen ja nicht, wo genau der lag, aber mir fallen zwei Hofgüter ein, die in den letzten Jahrzehnten verschwanden: der Wülsdorfer Hof unter der B 42 und das Hofgut Rüdenet, das bei den Weinbergsanierungen abrutschte." Vom Rheinufer aus zeigte Dahm "mal wirklich was aus dem frühen Mittelalter": den Drachenfels, erbaut 1149. Von da aus ging es durch verschiedene Gassen. Und immer wieder machte der pensionierte Lehrer auf interessante Aspekte aufmerksam. So erfuhren die Teilnehmer etwa, dass die Meerkatzstraße ihren Namen von "Mergesselin" hat, was durch Verballhornung entstand. Am Haus Sternengässchen 2 zeigte Dahm auf einen kürzlich aufgesetzten kleinen Giebel - "mit mittelalterlichem Material, das sich auf dem Grundstück fand". Der Tomberger Hof, ein mittelalterliches Steinhaus, wurde besichtigt. Und ebenso der Tubak, ein Fachwerk-Ständerbau.

"Die heutige Struktur der Stadt entstand vermutlich im 13. Jahrhundert, als Stadtentwicklungen boomten und auch die technischen Voraussetzungen durch die Entwicklung von Fachwerkbauten gegeben waren." Die meisten Häuser wurden allerdings durch Brandschatzung 1689 vernichtet. Das letzte Stadttor wurde 1843 abgerissen. Wenn erst die vom Bürger- und Verkehrsverein Alt-Königswinter initiierten Hinweistafeln auf die einstigen Stadttore im Pflaster liegen, wird die Geschichte der Stadt noch anschaulicher.

Eine weitere mittelalterliche Spurensuche mit Werner Dahm gibt es am Sonntag, 25. Oktober, um 14 Uhr. Treffpunkt ist am Siebengebirgsmuseum, Kellerstraße 16.

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