Ein Schwede im Königswinterer Schaufenster Der Skandinavier Edvard Derkert bereichert die Kunstszene in der Altstadt

KÖNIGSWINTER · Um eine echte Attraktion ist die ohnehin schon rege Kunstszene in Königswinter reicher. Bis zum 23. Juni lebt und arbeitet der schwedische Künstler Edvard Derkert in der Altstadt. Der Skandinavier ist ein echtes Naturereignis. Ein Besuch an der Hauptstraße 395 lohnt sich.

 Als "Schwadaisten", einen schwedischen Dadaisten, bezeichnet Edvard Derkert sich.

Als "Schwadaisten", einen schwedischen Dadaisten, bezeichnet Edvard Derkert sich.

Foto: Frank Homann

Zuletzt hatte sich dort ein Versicherungsbüro befunden. Nach der Geschäftsaufgabe drohte die lange Liste der Leerstände in der Altstadt noch länger zu werden. Bis die Gruppe Antiform auch in dieses Objekt neues Leben brachte. "Artist in Residence" nennt der Künstler seinen Schaffensraum für die nächsten Wochen. Rein zufällig ergeben die Initialen das Wort "AiR". Meinen "Luftraum" nennt es Derkert mit Augenzwinkern.

Mit dem Mann aus Stockholm, der in seiner Heimat als Grafik-Designer, Maler und multimedialer Künstler seit Ende der 1980er Jahre bekannt ist, ist dem Verein ein Glücksgriff gelungen. Helmut Reinelt, der Vorsitzende von Antiform, lernte Derkert vor einigen Jahren über ein Internetportal kennen. "Ich fand seine Sachen einfach toll", sagt er. Bei einer Ausstellung in der Beueler Tapetenfabrik wurde der Kontakt vertieft. Bei der Ausstellung "Endstation" im St. Josef Krankenhaus präsentierten Derkert und Kathrin Diestel im vergangenen Jahr "Schwadaistisches" aus Schweden und Schwerin.

Derkert selbst bezeichnet sich als "Schwadaisten", als schwedischen Dadaisten. Er liebt Bandwurmwörter in der deutschen Sprache, die er in immer neuer Weise zusammensetzt. Überhaupt lebt seine Kunst von Überraschungen. Seine meisten Werke entstehen am Computer, sehr häufig arbeitet er mit Collagen. "Am Computer kann man alles miteinander kombinieren: Wörter, Fotos, Musik", sagt er. Seine Arbeiten zeigen oft die Gegensätze zwischen großen Zielen der Menschen und ihren kleinen Schwächen. Viele seiner Werke wirken komisch, absurd oder satirisch. Derkert stellt in der Nationalgalleriet und dem Kulturhuset in Stockholm aus, hält Vorlesungen und schreibt Bücher über Kunst.

Auf einem Monitor, der im Schaufenster seiner aktuellen Wirkungsstätte in der Altstadt steht, ist zu lesen: "Hier kann man Schwedisch lernen." Einige von Derkerts Werken werden mit einem Wörterbuch unterlegt. So erfährt man, dass die "Heiligen drei Könige" in Schweden "De tre vise menn" sind oder das schwedische Schaf "Bäh" statt "Mäh" macht.

Der 58-Jährige sprüht nur so vor Ideen. Im Gespräch spielt er mit Wörtern. An der Wand hat er ein Plakat aufgehängt, auf dem Besucher das schlimmste, schönste und dümmste Wort aufschreiben können, das ihnen einfällt. "Ordnungswidrigkeit" und "Gestaltungssatzung" gehören zu den dümmsten Wörtern. Besonders gut gefällt Derkert das "Murmeltier", das auch für einen seiner Besucher zu den schönsten Wörtern gehört.

Beim Ausflug auf den Drachenfels machte Derkert kürzlich eine Erfahrung mit deutschen Prinzipien. "Lieber Herr Conducteur, kann ich mitfahren? Ich habe kein Geld, aber ein großes Problem mit meinem Bein", fragte er den Schaffner, weil er beim Abstieg Schmerzen hatte. "Nein, wir haben Prinzipien", lautete die Antwort. Dafür will er sich nun auf seine Weise rächen. "1632 haben die Schweden im Dreißigjährigen Krieg den Drachenfels zur Ruine gemacht. Ich möchte jetzt die deutsche Sprache zerstören", sagt er - mit einem Augenzwinkern. Und nicht, ohne ausdrücklich zu betonen, dass ihm die deutsch-schwedische Freundschaft sehr am Herzen liegt.

Der Künstler
Edvard Derkert (58) arbeitete zunächst als Lehrer, Musiker und Journalist. Seine Karriere als Künstler begann er Ende der 1980er Jahre, als er Collagen für schwedische Untergrundzeitschriften gestaltete. Ab 1991 erschienen seine Arbeiten mehr oder weniger regelmäßig in der führenden Tageszeitung Aftonbladet. Er betätigt sich auch als Illustrator, Schriftsteller und Grafikdesigner.

Antiform
Die Gruppe von Aktivisten hilft bei der Realisierung von Projekten außerhalb des üblichen Kulturbetriebs. In der Königswinterer Fußgängerzone gibt es zurzeit neben der Ausstellung von Edvard Derkert (Hauptstraße 395) weitere Projekte in den "Lichtspielen" (Hauptstraße 399), in der "Galerie.1" (Hauptstraße 362) und im "Friseursalon Gala" (Hauptstraße 357). Informationen unter www.antiform.eu.