Ökumenische Fastenwoche Die Gemeinschaft zählt bei der Fastenwoche in Heisterbacherrott

HEISTERBACHERROTT · Seit 18 Jahren lädt die Evangelische Kirchengemeinde zu einer ökumenischen Fastenwoche in Heisterbacherrott ein. Eine Ärztin gibt den Teilnehmern Tipps für die Zeit.

 Bekömmlich: Brita Larenz (l.) und Christine Hammer (2. v. l.) geben die Fastensuppe aus, die die Teilnehmer jeden Abend zusammen genießen.

Bekömmlich: Brita Larenz (l.) und Christine Hammer (2. v. l.) geben die Fastensuppe aus, die die Teilnehmer jeden Abend zusammen genießen.

Foto: Frank Homann

„Es ist noch Suppe da!“: Was nach Karneval klingt, ist aber vielmehr schon Fastenzeit und der Aufruf zum Nachfassen im Gemeindesaal hinter der Emmauskirche. Christine Hammer hat schließlich zwei Riesentöpfe Suppe gekocht, 40 Liter für die mehr als 50 Teilnehmer der ökumenischen Fastenwoche der Evangelischen Kirchengemeinde Heisterbacherrott. Da ist ein zweiter oder auch dritter Nachschlag für jeden drin.

Die Heilfasten-Aktion gibt es bereits seit 18 Jahren in der Gemeinde. Und immer mehr wollen mitmachen, wenn es darum geht, die Suppe gemeinsam auszulöffeln. Bei Hammer stand das Telefon nicht still, als sie die Anmeldungen für die Fastenwoche annahm, die sie mit Ärztin Brita Larenz von Beginn an organisiert. Alte Fastenhasen sind genauso darunter wie einige Neulinge, die beim Einführungstag die Faustregeln für den folgenden Entlastungstag und die Fastentage aufmerksam verfolgten.

Klar, Fasten geht auch allein. „Aber es ist die Gemeinschaft, die zählt“, sagt Walfried Niedersberg. Der 85-jährige Thomasberger ist von Anfang an dabei. „Ich habe nicht einmal ausgesetzt. Man fühlt sich besser“, sagt er. Und: „Es schmeckt.“

Spezielle Suppenkreationen fürs Fasten

Hammer hat morgens eingekauft – 14 Kilo Tomaten, vier Stangen Lauch, zwei Kilo Karotten hat sie am Nachmittag mit einigen Helfern geschnippelt und dann aufgesetzt mit Gemüsebrühe aus dem Reformhaus. Längst ist sie ausgefuchste Fasten-Köchin, hat ihre eigenen Suppen kreiert – Kartoffel-, Karotten-, Tomatensuppe. Sie nimmt mehr Gemüse als früher und Gewürze wie Kreuzkümmel oder Kurkuma. Nach zwei Stunden trennte sie das Gemüse von der Brühe.

Das Auge isst mit. Das gilt auch für die Fastensuppe: Das Petersiliengrün gibt der Brühe noch einen zusätzlichen Pfiff und natürlich Vitamine. Und macht den Teilnehmern richtig Appetit. Sie sitzen zusammen, genießen Löffel für Löffel und später den Tee. „Sie unterhalten sich, obwohl sie sich nicht kennen“, sagt Hammer, „es herrscht eine tolle Atmosphäre. Deshalb mache ich das auch so gerne.“

Larenz pflichtet ihr bei. Als Medizinerin hat sie natürlich noch zusätzliche Tipps auf Lager für die Heilfastenden. „Schon eine Woche reicht aus, um die Stoffwechselvorgänge zu aktivieren – Blutzuckerspeicher leeren sich, Fette werden reduziert, die Fettverbrennung ist schon nach einem Tag messbar, erhöhter Blutdruck wird gesenkt, ‚Zellmüll‘ verbrannt“, erläutert die Ärztin die Folgen dieser Ernährung auf Sparflamme. „Das ist ja keine Null-Diät; jeder nimmt 200 bis 300 Kalorien täglich zu sich, es gibt keinen Eiweiß-, auch keinen Muskulatur-Verlust.“ Häufigste Motivation für das Fasten sei oft der Wunsch nach Gewichtsreduktion, weiß Larenz. Aber: „Auch die Selbstheilungskräfte der Natur werden angeregt. Fasten wirkt sich positiv auf die Gesundheit und die Lebenserwartung aus. Forscher weltweit sind überzeugt, dass vorübergehender Verzicht auf Nahrung vielen Krankheiten vorbeugen kann.“

Arbeitskollegin zum Mitmachen angeregt

Ein Ittenbacher macht zum zweiten Mal mit. Der 56-jährige Manager leidet an Rheuma. „Am fünften oder sechsten Tag habe ich eine deutliche Linderung verspürt“, berichtet er über seine Erfahrung bei der Premiere im Jahr 2019. Im Herbst fastete er dann auf eigene Faust mit positivem Effekt. Und er meldete sich direkt wieder bei der Evangelischen Gemeinde für die nächste Fastenwoche an. Auch eine Arbeitskollegin konnte er mit seinen Erzählungen begeistern. „Ich habe auch eine Reportage gesehen und gehört, wie gut sich die Leute fühlen. Das wollte ich auch mal ausprobieren“, so die Bonnerin. „Ich fühle mich gut.“

Auch Gabriele Hamburger und ihr Mann Hans aus Heisterbacherrott loben die Suppe. „Sie schmeckt wunderbar.“ Sie gehören zum zweiten Mal zur „Fastenfamilie“. Hans Hamburger: „Das Fasten hat auf das Wohlbefinden eine gute Wirkung, man legt eine Pause von den alltäglichen Genüssen ein. Wir haben unsere Ernährung generell etwas umgestellt.“ Seine Frau sagt: „Die Fastenwoche 2019 war schon toll, ich mache auch jetzt wieder wegen des gesundheitlichen Aspekts mit.“ Auch einen Fastenurlaub von zwei oder drei Wochen könnten sich die beiden vorstellen. Jetzt aber genießen sie die Hammer-Suppe, den Tee und die Gemeinschaft.

Und die kurze Andacht, die Hammer und Larenz zu Beginn jedes Treffens halten. Diesmal hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) die Zeit zwischen Aschermittwoch und Ostern unter das Motto „Zuversicht! Sieben Wochen ohne Pessimismus!“ gestellt. Danach orientieren sich die ausgewählten Bibel-Texte, die der Einstimmung aufs gemeinschaftliche Essen dienen. Die Teilnehmer fühlen sich wie in einer großen Familie. Brita Larenz bedauert: „Eins haben wir allerdings bisher noch nicht geschafft – wir wollten uns einmal im Jahr abseits der Fastenzeit, im Sommer, treffen.“ Vielleicht klappt es ja diesmal.

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