Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) Dieter Golombek: "Jetzt bin ich ein rheinischer Mensch"

KÖNIGSWINTER · Dieter Golombek, gebürtiger Augsburger und Wahl-Königswinterer, hört als Juror des Lokaljournalistenpreises auf.

 In seinem Refugium: Dieter Golombek in seinem Büro im Keller des Thomasberger Eigenheims.

In seinem Refugium: Dieter Golombek in seinem Büro im Keller des Thomasberger Eigenheims.

Foto: Frank Homann

Sein ganzes Berufsleben hat Dieter Golombek damit verbracht, die Qualität des Lokaljournalismus zu verbessern. Jetzt hat der 73-jährige Thomasberger in Dresden zum letzten Mal den Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) als Juryvorsitzender verliehen. Doch noch geht er nicht so ganz: Zwei Jahre will er Heike Groll, Mitglied der Chefredaktion der Magdeburger Volksstimme und Nachfolgerin an der Juryspitze, unterstützen, ihr helfen, zweimal 600 bis 700 Wettbewerbsbeiträge zu sichten und zweimal das Buch "Rezepte für die Redaktion" mit preisgekrönten und preiswürdigen Artikeln, Aktionen und Serien herauszugeben.

Dann will sich der in dritter Ehe verheiratete Golombek nur noch um die Patchwork-Familie mit fünf Enkeln kümmern, die ihm und seiner Frau Barbara so viel Freude macht. Zu einem Kinderbuch haben ihn die Enkel - die älteste ist 22, die jüngste vier Jahre alt - bereits inspiriert. Den Titel hat der sechsjährige Samuel vorgegeben, als er entschieden mitteilte: "Opa, dann bist Du eben die Chefin." Der Untertitel des Buches, für das Golombek noch einen Verleger sucht, kündet von neuen Perspektiven, die die Großeltern durch die Enkel gewinnen: "Die Welt vermessen mit Samuel und Johanna".

Nicht nur vermessen, sondern gefördert, geprägt und verändert hat Golombek den Lokaljournalismus in Deutschland. Vor 40 Jahren hat er das Lokaljournalistenprogramm der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) aus der Taufe gehoben. Ein Spiegel dieser vier Jahrzehnte ist sein Büro im Souterrain des Einfamilienhauses in Thomasberg: Regale voller Standardwerke, die er mit herausgegeben und geschrieben hat oder die aus der Feder von Mitstreitern und Weggefährten stammen. Das ist sein Refugium, in das seine Frau Barbara nach eigenem Bekunden keinen Fuß setzt, "noch nicht mal zum Staubwischen".

Sie richtet lieber oben im Esszimmer den Tee an. Derweil erinnert sich Dieter Golombek an die Generationen von Lokalreportern, die er begleitet hat. Artverwandt, davon ist der begeisterte Leser von Kriminalromanen überzeugt, sei deren Metier mit dem Schreiben von Lokalkrimis. "Wenn man so will, ist das eine Variante von Lokaljournalismus."

Golombeks Fazit, was denselben angeht, der nach seiner Ansicht viel zu lange stiefmütterlich behandelt wurde: "Es gibt immer noch viel Elend, aber noch mehr Glanz." Die wichtigste Voraussetzung für einen guten Lokaljournalisten sei, dass "er Menschen mag und diese Menschen schreiberisch in den Griff kriegt, aber dabei seine Leser nicht langweilt". Eine journalistische Todsünde aus seiner Sicht: "Wenn der Journalist den Leser unter seiner Klugheit leiden lässt." Aber, sagt der promovierte Historiker schlitzohrig, diese Gefahr sei bei Lokaljournalisten am wenigsten ausgeprägt.

Als "Schmuddelkinder" und "fünftes Rad am Wagen" seien die Lokalredakteure von den anderen Redaktionen betrachtet worden, als er das Lokaljournalistenprogramm gründete, erinnert sich Golombek. Mit dem Buch "Der missachtete Leser" von Peter Glotz und Wolfgang Langenbucher sei dann eine Debatte über Qualitätsstandards im Journalismus in Gang gekommen, die bis heute anhalte. Und immer noch sei der Journalist gut beraten, seinen Leser und dessen Interessen ernst zu nehmen. Gewandelt habe sich auch das Image der Lokalredaktionen: "Immer mehr Zeitungen haben eingesehen, dass es sich um das wichtigste Ressort handelt."

Und dessen vornehmste Aufgabe sei es, den Bezug herzustellen, "zwischen der großen weiten Welt und der Welt, in der die Menschen leben". Fast zwangsläufig sei dadurch ein weiterer Trend entstanden, findet Golombek. Nämlich den Leser ernster zu nehmen als früher, zumal sich dieser täglich mit einer Flut von Informationen konfrontiert sehe - "sozusagen vom missachteten zum überfluteten Leser". In der Folge müsse sich der Journalist "vom Gatekeeper zum Dienstleister entwickeln", der dem Leser helfe, die Woge der Neuigkeiten zu kanalisieren, zu sortieren und zu gewichten.

Diese Entwicklung zu begleiten, ist Aufgabe der Bundeszentrale für politische Bildung. Golombek hat bis zu seinem Ausscheiden im Jahr 2004 das Lokaljournalistenprogramm geprägt, übrigens bis heute das einzige auf Lokalberichterstattung fokussierte Weiterbildungsprogramm Deutschlands. Nach wie vor gilt dort das Hauptprinzip des Voneinander-Lernens, des gemeinsamen Nachdenkens und der Lösungssuche für die Praxis, sagt Golombek nicht ohne Stolz. Kein Wunder, dass er dem Kampf um die Qualität im Lokaljournalismus mit anderen Mitteln die Treue hielt: als Initiator des Lokaljournalistenpreises der Konrad-Adenauer-Stiftung und dessen Juryvorsitzender.

Dem "Alten" aus Rhöndorf ist er nicht nur in Siebengebirgs-Nachbarschaft verbunden, sondern auch im Geiste. Schließlich blieb der Rosenzüchter und Bocciaspieler Konrad Adenauer auch als Bundeskanzler stets ein lokal geerdeter Mensch und Politiker. Was der in Augsburg aufgewachsene Golombek nachfühlen kann: "Heimat heißt sich wohlfühlen. Ich bin jetzt ein rheinischer Mensch." Was ihn keineswegs daran hindert, auf alle anderen Regionen Deutschlands neugierig zu sein und sich auf Entdeckungsreisen zu machen. Vorausgesetzt, dort wird Bier gebraut. Mit sieben journalistischen Weggefährten begründete Golombek vor 26 Jahren die Tradition der Bierwanderungen: wandernd das Land erkunden und gesellig beim Gerstensaft zusammensitzen. Seinen Bierwanderern, der Schar der "acht alten Männer", die sich inzwischen in eine "Sitz- und eine Wanderfraktion" aufteile, verdankt der 73-Jährige neben vielen schönen Erinnerungen ein Porträt als Bierkönig.

Wenn er sich nun selbst beschreibt, schwankt er "zwischen altersmilde und zänkisch". Aber er weiß auch um die gnädigen Seiten des Älterwerdens, die er auch bei seiner Thomasberger Tennisrunde oder seinen Skatbrüdern bemerkt: "Wir müssen uns keine beruflichen Erfolge mehr erzählen, sondern, wenn wir von Terminen reden, geht es meist um Verabredungen mit Zahnarzt, Augenarzt oder Urologen." Augenscheinlich haben die alten Männer Humor. Gut so.

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