Interview mit Kreisbrandmeister Dirk Engstenberg „Ehrenamt garantiert Sicherheit“

Rhein-Sieg-Kreis · Sie sind immer da, wenn ihre Hilfe gebraucht wird: Die Männer und Frauen der Freiwilligen Feuerwehren im Rhein-Sieg-Kreis. Wie die Zukunft der Wehren aussieht, darüber sprach Katrin Janßen mit Kreisbrandmeister Dirk Engstenberg.

 Bei einem Brand in Hohenhonnef musste die Bad Honnefer Feuerwehr die Drehleiter einsetzen.

Bei einem Brand in Hohenhonnef musste die Bad Honnefer Feuerwehr die Drehleiter einsetzen.

Foto: Frank Homann

Wie viele Feuerwehrmänner und -frauen gibt es im Rhein-Sieg-Kreis?

Dirk Engstenberg: Wir sind eine starke Gemeinschaft – mit rund 3500 Frauen und Männern.

Reicht diese Mannschaftsstärke?

Engstenberg: Die Frage müsste an die 19 Kommunen gestellt werden. Diese sind per Gesetz verpflichtet, eine leistungsfähige Feuerwehr zu unterhalten. Was ich sagen kann, ist, dass die Gesamtanzahl der Feuerwehrangehörigen im Kreis im Vergleich zu den 80er Jahren sogar angestiegen ist. Durch die überaus gute Jugendarbeit konnten Jugendliche aus den geburtenstarken Jahrgängen für die Feuerwehren gewonnen werden.

Viele Feuerwehrangehörige arbeiten nicht mehr an ihrem Wohnort. Sind tagsüber immer genügend Einsatzkräfte vorhanden?

Engstenberg: Die Tagesverfügbarkeit in unseren Feuerwehren sicherzustellen, das ist für die Kommunen tatsächlich eine große Herausforderung.

Wie können Lösungen aussehen?

Engstenberg: Die Kommunen können selber als Arbeitgeber Feuerwehrangehörige einstellen. Diese arbeiten dann in der Verwaltung, dem Bauhof oder anderen kommunalen Eigenbetrieben. Darüber hinaus gibt es im Feuerwehrbereich vielfältige Tätigkeiten, wie zum Beispiel Gerätewartung und Brandschauen, die durch eigenes Personal durchgeführt werden könnten, die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr sind. Im Kreis sind mir Kooperationen mit größeren Firmen und Hochschulen bekannt, dort stehen dann Feuerwehrfahrzeuge, die direkt von den dort tätigen Beschäftigten beziehungsweise Studenten besetzt werden können. Der Kreativität sind bei der Problemlösung keine Grenzen gesetzt.

Haben Akzeptanz und Respekt für die Wehrleute in der Bevölkerung nachgelassen?

Engstenberg: In der Bevölkerung genießen unsere Feuerwehren ein durchweg hohes Ansehen.

Im Kreis gibt es nur Freiwillige Feuerwehren. Ist das ein Problem?

Engstenberg: 90 Prozent aller Feuerwehrangehörigen üben ihren Dienst in NRW rein ehrenamtlich aus. Der Bürger bekommt dies jedoch meistens gar nicht mit, da natürlich die Grundanforderungen an Ausbildung und Ausstattung der Feuerwehren gleich sind – egal ob im Haupt- oder im Ehrenamt. Wir müssen uns jedoch bereits heute auf die Auswirkungen des demografischen Wandels einstellen. Der Wettbewerb um engagierte, junge Mitmenschen wird härter werden.

Kann es sein, dass viele Bürger gar nicht wissen, dass die Feuerwehrleute alle ehrenamtlich arbeiten?

Engstenberg: Das ist richtig, der Bürger geht oftmals von einer hauptamtlichen Organisation aus. Dies würde ich jedoch positiv sehen, wertet der Bürger die Arbeit der Freiwilligen Feuerwehr doch als professionell.

Die Arbeit bei der Feuerwehr ist anstrengend, zeitintensiv und je nach Einsatz auch psychisch sehr belastend. Warum engagieren sich Menschen trotzdem in der Freiwilligen Feuerwehr?

Engstenberg: Die Gewissheit, dass man in Notlagen gebraucht wird um zu helfen, wenn Menschen in Not sind, motiviert den Feuerwehrangehörigen. Dieser innere Antrieb, das Zusammenarbeiten in einem Team und eine hoch technisierte Ausstattung mit Fahrzeugen und Rettungsgeräten machen uns so attraktiv.

Welche Hilfe wird den Helfern angeboten?

Engstenberg: Wir unterhalten im Kreis eine Einheit zur psychosozialen Unterstützung unserer Einsatzkräfte. Diese Fachkräfte können von den Feuerwehren zu jeder Tages- und Nachtzeit angefordert werden.

Hat die Freiwillige Feuerwehr auf Dauer eine Zukunft?

Engstenberg: Diese Frage muss mit Ja beantwortet werden, denn es gibt keine Alternative. Die Ehrenamtlichkeit garantiert eine flächendeckende Sicherheitsarchitektur. Dasselbe Sicherheitsniveau mit reinen hauptamtlichen Einsatzkräften wäre nicht zu finanzieren. Bei größeren Schadensereignissen oder sogar Naturkatastrophen garantieren heute bundesweit eine Million Feuerwehrangehörige einen einzigartigen Schutz der Bevölkerung im Vergleich zu anderen europäischen Ländern. Die Zukunft können wir nicht verändern, die Rahmenbedingungen für den Erhalt unserer Freiwilligen Feuerwehren gilt es daher immer wieder anzupassen.

Wie kann das aussehen?

Engstenberg: Wir müssen beispielsweise die Feuerwehr weiter öffnen. So wie wir es vor rund 20 Jahren gemacht haben, als Frauen erstmals zur Feuerwehr durften. Nun müssen wir uns für Menschen öffnen, die vielleicht keine Einsätze machen, aber zum Beispiel Brandschutzaufklärung. So verteilen sich die Aufgaben dann auf mehr Schultern.

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