Forschung am Federvieh Ei-Science-Shop auf Gut Frankenforst in Vinxel eröffnet

Vinxel · Die Wissenschaftler der Lehr- und Forschungsstation Gut Frankenforst in Vinxel beschäftigen sich mit Geflügelhaltung und -zucht. Im neuen Ei-Science-Shop informieren sie darüber und verkaufen Eier.

 Durchleuchten für die Wissenschaft: Im Ei-Science-Shop laufen die Eier über ein Band, um sie auf Schäden zu prüfen.

Durchleuchten für die Wissenschaft: Im Ei-Science-Shop laufen die Eier über ein Band, um sie auf Schäden zu prüfen.

Foto: Frank Homann

„Dummes Huhn“ ist so ein Ausdruck, der Inga Tiemann nicht über die Lippen kommt. „Hühner sind im Gegenteil ziemlich schlau“, sagt sie. „Und sie picken auch nicht den ganzen Tag über Körner, wie man gemeinhin annimmt.“ Sogar Mäuse stehen schon mal auf ihrem Speiseplan. Damit Hühner Eier legen, braucht es keinen Hahn. Und über weiße oder braune Eier entscheidet nicht die Farbe des Gefieders, sondern die der Ohrscheibe, eines Hautlappens unter dem Ohr.

Man merkt schnell: Die 40-Jährige weiß, wovon sie spricht. Seit rund einem halben Jahr ist Inga Tiemann vom Institut für Tierwissenschaften der Universität Bonn Projektleiterin auf der Lehr- und Forschungsstation Gut Frankenforst in Vinxel. Ihr Forschungsschwerpunkt ist ein Dreiklang aus Nutztierethologie, Tierwohl und tiergenetischen Ressourcen, bei dem das Geflügel im Mittelpunkt steht. „Als ich Ende 2017 nach Vinxel kam, lag die Forschung zur Geflügelhaltung etwas brach“, erinnert sie sich. Mittlerweile leben rund 500 Hähne und Hennen wieder auf Gut Frankenforst.

Das Land fördert die Forschung

Auftrieb brachte ein neues Projekt, das den langen Namen „Open Livestock in der Landwirtschaft – Moderne Geflügelhaltung aus der biologischen Perspektive des Huhns“ trägt und vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW für drei Jahre mit rund 160.000 Euro gefördert wird. Eine weitere Investition steht voraussichtlich noch in diesem Jahr an: Mit Unterstützung des Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW und der Uni Bonn ist die Errichtung neuer, moderner Stallungen in Vinxel geplant.

„Insgesamt gibt es rund 200 verschiedene Hühnerrassen in Deutschland“, erklärt Tiemann. „Es werden jedoch nur vier für den Lebensmittelmarkt genutzt.“ Über Jahrzehnte sei die Käfighaltung der Maßstab gewesen, mittlerweile werde jedoch die Freilandhaltung immer stärker nachgefragt. „Daran müssen sich die Tiere erst anpassen“, sagt die Wissenschaftlerin.

Alte Rassen werden wiederentdeckt

Und es gilt, kaum noch genutzte Rassen wiederzuentdecken. Wie zum Beispiel die Mechelner, die an diesem Vormittag entspannt auf einer Wiese des Guts umherspazieren. Die Hähne mit eindrucksvollem rotem Kamm haben ihre Hühner mit dem fluffigen Gefieder aufmerksam im Blick. „Die Mechelner sind eine alte, sehr zutrauliche Rasse“, sagt Tiemann, „Sie können bei Wind und Wetter draußen bleiben und waren bei Selbstversorgern sehr beliebt.“ Denn: Die Hennen legen viele Eier und die Hähne ergeben einen besonders schmackhaften Braten. „Zweinutzungsrasse“ nennt das die Geflügelexpertin.

All dieses Wissen möchte Tiemann auch an die Menschen weitergeben, die nicht tagtäglich mit den Tieren arbeiten, daher möchte sie „raus aus dem Elfenbeinturm“, wie sie sagt. „Viele haben heutzutage noch nie einen Hühnerstall von innen gesehen. Ihr Urteil fällen sie weniger aufgrund von Sachargumenten als aus emotionalen Beweggründen.“ Auch vor diesem Hintergrund ist der kleine Raum, in dem wöchentlich die auf dem Gut produzierten Eier verkauft werden, zu einem „Ei-Science-Shop“ umfunktioniert worden: Infos zu den verschiedenen Hühnerrassen und Forschungszielen werden auf Schautafeln anschaulich erklärt.

Jeden Freitag gibt's Eier im Shop

Rund 1000 Eier aller Farben und Größen werden jeweils freitags an Kunden abgegeben. „Mir ist wichtig, dass hier nichts verschwendet wird“, sagt die 40-Jährige. „Das ist für mich auch eine Frage des Respekts vor den Tieren.“ Sie selbst hat übrigens kein Problem damit, Hühnchen zu essen – das dann zumeist auch vom Gut stammt. „Ein Problem habe ich erst dann, wenn das Tier einen Namen hat“, gibt sie zu. Ihr persönliches Lieblingsfedervieh übrigens ist nicht auf dem Gut zu finden: Dem holländischen Haubenhuhn hat Tiemann ihre Doktorarbeit gewidmet. „Und ich habe bisher noch nicht herausfinden können, warum sein Gehirn um ein Drittel größer ist als bei den anderen.“ Da bleibt sie am Ball.

Der Ei-Science-Shop auf Gut Frankenforst in Vinxel hat freitags von 14 bis 16 Uhr geöffnet.

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