Anwesen der Familie Esser Ein Haus wie ein Palazzo steht mitten in Königswinter

Königswinter · Seit mehreren Generationen lebt die Handwerker-Familie Esser in einem imposanten Haus an der Kaiserstraße in der Altstadt. Der wohlhabende Weinhändler Georg Schaefer hatte 1890 die herrschaftliche Immobilie erbauen lassen.

 Friedhelm und Ute Esser im Garten ihres Hauses an der Kaiserstraße in Königswinter.

Friedhelm und Ute Esser im Garten ihres Hauses an der Kaiserstraße in Königswinter.

Foto: Frank Homann

1936 zog die Königswinterer Handwerker-Familie Esser, in deren Stammbaum bereits 1766 ein Klempner verzeichnet ist, in das Haus an der Kaiserstraße 6 in der Königswinterer Altstadt. Kaiserstraße – eine wahrlich fürstliche Adresse. Aber die Essers waren ja selbst Könige – in der Sankt Sebastianus-Schützenbruderschaft Königswinter: Friedhelm Esser, der jetzt mit seiner Frau Ute das Haus bewohnt, wurde mit ihr 1978 König der Junggesellen, sein Vater Gert war 1954 König der Junggesellen und 1994 mit seiner Frau Anneliese.

Als das repräsentative Wohn- und Geschäftshaus 1890 errichtet wurde, war es das erste an der Kaiserstraße. Der wohlhabende Weinhändler Georg Schaefer hat die herrschaftliche Immobilie erbauen lassen, und zwar in der Anmutung eines Renaissancehauses. Es erinnert an alte Palazzi in Rom mit vielen schmückenden Elementen wie dem Dach­gesims.

Da kam bereits die Handwerkerfamilie ins Spiel. 1861 war ihr Installations- und Klempnergeschäft in Königswinter gegründet worden, auch Bauklempnerarbeiten an Dächern wurden erledigt und das Eindecken von Häusern mit Zinkleistendächern. Schon zu dieser Zeit gab es Flachdächer – und ein solches sogenanntes „Kies-Pressdach“ setzte Meister Esser dem Haus Nummer sechs auf.

Unter diesem flachen „Baldachin“ ist das Mezzanin angeordnet, ein Halbgeschoss mit deutlich geringerer Höhe als die beiden unteren Geschosse. Das Dachgesims ergänzt die schmucke Fassade des Hauses aus schön gebrannten Klinkern, die mit ihren Fugen den Anblick von Rustikamauern an Palästen heraufbeschwören. Eine Augenweide ist auch die Haustür, zweiflügelig mit Rundbogen und weißen Pilastern, die den Türsturz tragen.

 „Immer die Generation, die den Betrieb führte, wohnte unten“, erzählt Dachdeckermeister Friedhelm Esser. Mittlerweile sind die oberen Etagen vermietet. In Schaefers Ära diente die Beletage der Familie zum Leben, die Bediensteten waren unterm Dach untergebracht. Das Erdgeschoss war für Handel und Repräsentation reserviert.

Erbauer Schaefer liebte den Pomp und festliche Empfänge

Georg Schaefer zeigte auf formidable Weise, was er sich offensichtlich leisten konnte und gab in seinem pompösen Heim festliche Empfänge. Seinen Gästen bot er dabei das gewisse Ambiente. Nicht nur von außen ist das Haus beeindruckend. Stuck in Hülle und Fülle mit Weinbau-Motiven ist zu entdecken – an den Wänden, an der Decke, üppige Reliefs über den Türen im Flur, die in die Repräsentationsräume mit fast vier Metern Deckenhöhe führten.

In einem Raum zur Straße hin ist die satte Pracht vollständig erhalten mit einer Stuckrosette an der Decke. Dort hat Ute Esser ihr Arbeitszimmer. „Als ich als Kind meiner Großmutter Kati Buderbach bei der Rot-Kreuz-Sammlung half, kam ich schon in dieses Haus. Ich fand den Flur so imposant“, erzählt die Lehrerin an der Linzer Realschule. Seit 1989 lebt sie mit ihrem Mann, der die handwerkliche Tradition der Familie fortführt, dort.

Indes blieb das Haus vom Zeitgeist nicht verschont. Gert Esser ließ in den 60er Jahren im Wohnzimmer die Decke abhängen und auch die alten Türen im Vestibül entfernen. Ob Friedhelm und Ute Esser irgendwann die Pracht des großen Raums wieder hervorzaubern werden? Da sind sie skeptisch. „Beim Abhängen der Decke ist einiges an Stuck zerstört worden.“ Das Haus in Schuss zu halten, sei ohnehin sehr aufwendig.

Manches erinnert heute noch an damaliges Geschäft

Die beruflichen Ambitionen seiner Eigentümer haben dem Anwesen spezielle Extras aufgedrückt. Der Handelshof mit dem großen Tor zeugt noch vom einstigen geschäftigen Treiben. Ebenso ein zweigeschossiger Keller. Zwar ist der Lastenaufzug zugemauert, aber gut vorstellbar, wie dort einst die Weinfässer befördert wurden. „Schaefer ließ für seine Tochter zur Hochzeit das Haus nebenan bauen“, weiß Friedhelm Esser. Überhaupt, der Straßenzug wurde belebter – weitere schöne Häuser entstanden.

Ob die Vorfahren dabei auch in Aktion traten? Sie hinterließen jedenfalls auf vielen Königswinterer Dächern ihre Spuren. Im Flur zeugt davon die „Ahnengalerie“: Die Meisterbriefe von Friedhelm und dessen Vater Gert hängen dort, auch die beiden kunstvoll gefertigten Zertifikate für Opa Peter Esser als Dachdecker- und als Bauklempnermeister, der das Haus an der Kaiserstraße erwarb. Aus dem einstigen Lagerkeller für Wein wurde die Werkstatt. Zur Familiengeschichte gehört auch ein großer Auftrag beim Umbau des Petersberg-Hotels 1912.

Das Haus an der Kaierstraße gewährte aber nicht nur seinen Bewohnern ein Dach überm Kopf. Während des Krieges suchten in dem Keller viele Königswinterer Schutz vor den Bomben. Und wenn heute dort Feste stattfinden, dann kann sich jeder Gast wie ein Kaiser fühlen.

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