Ballade über den Drachenfels Eine ganz besondere Liebeserklärung

Königswinter · Vor 200 Jahren inspirierte der Drachenfels den englischen Dichter Lord Byron zu einer sehnsuchtsvollen Ballade - "The castled crag of Drachenfels" und lockte damit die Reisenden an den romantischen Rhein.

 Drachenfels im Wolkenmeer: Den bekanntesten Berg im Siebengebirge hat Lord Byron nur von der anderen Rheinseite aus gesehen.

Drachenfels im Wolkenmeer: Den bekanntesten Berg im Siebengebirge hat Lord Byron nur von der anderen Rheinseite aus gesehen.

Foto: Frank Homann

Wie und wo hat sich Lord Byron zu seinem Gedicht inspirieren lassen? Vielleicht an einem lauen Abend bei einem Gläschen Wein am Rheinufer?
Elmar Scheuren:Nein, er ist nur hier vorbeigefahren und zwar ziemlich flott. Und das auch noch auf der anderen Rheinseite. Allenfalls war es ein kurzer Stopp, den er in Mehlem eingelegt hat. Am gleichen Abend ist er bereits in Koblenz gewesen, das weiß man aus dem Tagebuch seines Arztes. Lord Byron hat Königswinter nie besucht, auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht.

Aus seinen Zeilen ist eine Menge Sehnsucht herauszulesen. Was ist der Hintergrund?
Scheuren: Der Hintergrund war eine Liebesaffäre, die ihn sehr beschäftigt hat und die ihn die gesamte Rheinlandschaft sehr emotional erleben ließ. Der Anblick des Drachenfels hat ihn dann dazu inspiriert, eine besondere Liebeserklärung abzugeben. Lord Byron war ein Meister darin, sein Gefühlsleben in Worte zu fassen.

Was ist das denn für eine besondere Liebesbeziehung gewesen?
Scheuren:Das war eine Skandalbeziehung, die in England für viel Aufregung gesorgt hat und die in heutigen Zeiten wahrscheinlich gleich mehrere Illustrierte gefüllt hätte. Byron hatte nämlich eine Affäre mit seiner Halbschwester. Dies war auch mit ausschlaggebend dafür, dass er England überhaupt verlassen hat – und nie mehr zurückgekehrt ist.

Wie ist denn das Gedicht in seiner englischen Heimat aufgenommen worden?
Scheuren:Er hat seine Dichtung ja relativ bald veröffentlicht und sie wurde vom Publikum sofort verstanden. Dem touristischen Interesse der Engländer am Rheinland hat das sicher einen weiteren Schub gegeben. Ein vernünftiger Skandal bringt eben die beste Werbung – das ist damals wie heute so gewesen.

Viele seiner Landleute haben also die gleiche Reiseroute eingeschlagen?
Scheuren: Ja, das Gedicht wurde ja auch in vielen Reiseführern abgedruckt. Ein Jahr später hat übrigens kein geringerer als der englische Maler William Turner mit Byrons Dichtung im Gepäck die Reise nachvollzogen. Aber das Werk wurde nicht nur in England, sondern europaweit wahrgenommen. Zu den Übersetzern von Byrons Dichtungen zählt unter anderem auch Heinrich Heine.

Das Gedicht bedient ja schon recht viele Klischees...
Scheuren: Das stimmt, zum Beispiel ist ja von Mädchen mit tiefen blauen Augen und Blumen in der Hand die Rede. Dabei hat Lord Byron hier sicherlich wohl kaum eine Winzerin zu sehen bekommen, sondern sich das einfach so vorgestellt.

Gefällt Ihnen persönlich das Gedicht?
Scheuren: Für mich ergibt sich der besondere Reiz in Verbindung mit mit der Hintergrundgeschichte, also im Zusammenwirken mit den historischen und biografischen Gegebenheiten.

Was erwartet die Besucher heute Abend?
Scheuren:Ergänzend zu meinem Vortrag wird die Engländerin Mary John Kamp Passagen des Gedichts im Original vortragen. Dadurch wird das Emotionale, das in den Zeilen steckt, die Melodie der Sprache, noch viel deutlicher als im Deutschen.

Der Vortrag beginnt am Mittwoch (11.5) um 19.30 Uhr im Siebengebirgsmuseum an der Kellerstraße. Im Anschluss wird passend zum Thema der Film „Gothic“ von Ken Russell gezeigt. Die Teilnahme kostet sieben Euro pro Person. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

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