Wechselvolle Geschichte Eine Kirche, fast so groß wie der erste Kölner Dom

Königswinter · Ein alter katholischer Witz behauptet, dass es vom Ort abhänge, welcher Orden dort tätig wird: Benediktiner siedeln auf Bergen, Franziskaner in Armenvierteln, Jesuiten in Universitätsstädten - und Zisterzienser in sumpfigen Tälern.

 Rekonstruktion des Klosters Heisterbach, seit 2013 in der Heimatstube Niederdollendorf zu sehen.

Rekonstruktion des Klosters Heisterbach, seit 2013 in der Heimatstube Niederdollendorf zu sehen.

Foto: Frank Homann

Ein Witz mit wahrem Kern: "Cistels" (französisch "Röhricht", also "schilfbewachsenes Feuchtgebiet") hieß der Ort bei Dijon, wo im Jahr 1098 das Kloster "Cistercium" (heute: Cîteaux) entstand. Die Gründer wollten das ihrer Meinung nach verweichlichte Mönchsleben ihrer Zeit wieder zu alter Strenge zurückführen - und bald entstand daraus eine europaweite Bewegung, gegründet vor allem auf die Lehren des heiligen Bernhard von Clairvaux (1090-1153): Er trat im Jahre 1112 ins Kloster von Cîteaux ein und stieg rasch zum Cheftheoretiker der Reformer auf.

Der neue Orden sollte, so verkündete Bernhard, sich völlig von der Welt absondern, entlegene Gegenden urbar machen und dort autark in einfachster Bescheidenheit leben - von eigener Hände Arbeit, nicht wie in anderen Klöstern über die Zuarbeit dienstverpflichteter Bauern und Handwerker. Aller Schmuck war verpönt: Die Kirchen des Ordens, nach einheitlichem Muster erbaut, verzichteten auf Bemalung, sogar auf Türme.

Die Abtei Heisterbach im Siebengebirge entstand im Jahr 1192 als Nachfolger eines früheren Versuchs auf dem Petersberg und als "Tochtergründung" des Zisterzienserklosters Himmerod in der Eifel. Die von 1202 bis 1237 erbaute Klosterkirche, 88 Meter lang und 44 Meter breit, war die zweitgrößte Kirche des Rheinlands nach dem damaligen, ersten Kölner Dom.

1327 war die Klosteranlage fertiggestellt. Als bedeutendster Gelehrter der Abtei wirkte dort der Chronist Cäsarius von Heisterbach (etwa 1180-1240). 1588 brannten die Klostergebäude (außer der Kirche) nieder und wurden bis 1706 in barockem Stil wiedererrichtet.

Das Ende der Abtei Heisterbach kam, als Napoleons Truppen das Rheinland eroberten. 1803 wurden alle geistlichen Territorien im "Reichsdeputationshauptschluss" aufgelöst, so auch (am 12. September) Heisterbach. Die Mönche verließen die Abtei im Jahre 1804, die Klosterbauten wurden ab 1805 abgerissen. Nur die Chorruine blieb übrig und wurde seither immer mal wieder nach dem jeweiligen Stand der Technik restauriert, zuletzt in den 1980-er Jahren. Pater Aloys Olzem, der letzte Mönch von Heisterbach, starb 1859. Sein Grab ist auf dem Friedhof "Am Palastweiher" in Königswinter noch heute zu sehen.

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