Tipps zum Thema Kindermahlzeiten Ernährungsexpertin: "Eltern sollten keinen Druck ausüben"

Thomasberg · Um Kindern das Essen schmackhaft und leichter zu machen, rät Expertin Damaris Geisler zu gemeinsamen Mahlzeiten mit der Familie. Über Zugeständnisse, die Eltern machen, und Regeln, die sie aufstellen sollten, sprach die Trophologin mit Margit Warken-Dieke.

 "Gesunde Süßigkeiten" für Kinder: Bananen und Erdbeeren gehören dazu.

"Gesunde Süßigkeiten" für Kinder: Bananen und Erdbeeren gehören dazu.

Foto: dpa-tmn

Viele Eltern kennen das. Nach ein paar Löffeln ist Schluss, ihr Kleinkind möchte einfach nicht weiter essen. Was ist zu tun?

Damaris Geisler: Die Eltern sollten ruhig bleiben und das Kind nicht zum Weiteressen zwingen. Kinder müssen schon so viele Dinge machen, die Erwachsene für sie bestimmen: sich morgens anziehen, in die Kita oder die Schule gehen, abends zeitig ins Bett und so weiter. Sehr schnell merken Kinder, dass das Essen einer der wenigen Bereiche ist, wo sie ein Mitspracherecht haben. Sie entscheiden letztendlich, ob das Essen gegessen wird oder eben nicht.

Warum?

Geisler: Jedes Kind ist ein Individuum und entscheidet selbst, was, wie oft und wie viel es isst. Das sollten wir ihm zugestehen. Die Aufgabe der Eltern ist es, eine entsprechende Lebensmittelauswahl anzubieten, die möglichst viele gesundheitsfördernde Nahrungsmittel beinhaltet. Auch essen die Kinder in manchen Phasen mehr, in anderen weniger. Zudem mögen sie nicht immer die gleichen Sachen. Das kennen die Erwachsenen doch von sich selbst. Eine Zeit lang kann man zum Beispiel nicht genug von Quark mit Früchten bekommen, eine Woche später steht etwas anderes auf der Favoritenliste.

Das zu akzeptieren fällt bestimmt vielen Eltern schwer.

Geisler: Dann rate ich den Erwachsenen, sich in die Situation des Kindes hineinzuversetzen. Man stellt ihnen einen Teller hin mit etwas, das sie vielleicht mögen, vielleicht aber auch nicht. Unabhängig davon soll die Portion aufgegessen werden. Wenn es nicht schmeckt, macht das kein Erwachsener mit und weigert sich. Bei Kindern ist es genau so.

Also auch keine billigen Tricks wie zum Beispiel "Einen Löffel für Mama, einen Löffel für Papa......"?

Geisler: Auf keinen Fall, die Eltern sollten keinen Druck auf die Kinder ausüben. Wenn die Eltern auf Konfrontation gehen, können sie nicht davon ausgehen, dass das Kind friedlich bleibt. Auch verhindern sie mit Tricks oder Druck, dass das Kind ein gesundes Hunger- und Sättigungsgefühl entwickelt.

Kann ein kleines Kind schon einschätzen, wann es gesättigt ist?

Geisler: Ja, das können schon Säuglinge. Durch ein gewisses Verhalten signalisieren sie, wenn sie genug getrunken haben. Dann drehen sie sich zum Beispiel von der Brust der Mutter oder der Milchflasche weg.

Was machen Eltern, die unsicher sind, ob ihr Kind genug zu sich nimmt?

Geisler: Wenn ein Kind einen Tag lang mal sehr wenig isst, geht das bei entsprechender Beobachtung durch die Eltern in Ordnung. Sollten die Eltern dennoch über den Zustand sehr besorgt sein, empfiehlt es sich, einen Arzt aufzusuchen. Anders verhält es sich, wenn ein Kind an einem Tag sehr wenig bis nichts trinkt. Das sollten Eltern immer von einem Kinderarzt abklären lassen. Ebenso bedarf es der Konsultation eines Kinderarztes, wenn Eltern bei ihrem Kind eine Lebensmittelunverträglichkeit vermuten.

Was können Eltern tun, um das Essen zu etwas Positivem für das Kind zu machen?

Geisler: Viele Kinder genießen es, in Gesellschaft zu essen. Es ist also wichtig, dass die Familie regelmäßig zusammen am Tisch sitzt. Wenn das wegen der Berufstätigkeit der Eltern mittags oder abends schwierig einzurichten ist, kann die gemeinsame Mahlzeit auch das Frühstück sein. Auch beteiligen sich viele Kinder gerne an der Vorbereitung des Essens. Je nach den motorischen Fähigkeiten (ab ungefähr drei Jahren) empfiehlt es sich, die Kinder aktiv in die Speisenzubereitung mit einzubeziehen. Unter entsprechender Aufsicht können hier Kinder erste Erfahrungen beim Gemüseschnippeln sammeln. Positiver Nebeneffekt: Das selbst geschnittene Gemüse wird mit Begeisterung gegessen.

Ganz ohne Beeinflussung geht es ja doch nicht. Wie können Eltern die Kinder speziell für gesundes Essen interessieren oder sogar begeistern?

Geisler: Statt eines Süßigkeitentellers können Eltern zum Beispiel einen Teller mit Obst und Rohkost auf den Tisch stellen. Manchmal hilft es auch, wenn das Obst/Gemüse originell geschnitten ist, um es für Kinder interessant zu machen. Es sollten nur ungesüßte Getränke, wie zum Beispiel Wasser und ungesüßte Tees, angeboten werden.

Was ist mit Fritten und Pizza?

Geisler: Fastfood sollte nicht zum allgemeinen Familienspeiseplan gehören, sondern die Ausnahme darstellen. Wenn ein Kind auf einer Geburtstagsfeier mal ein Stück Pizza oder Pommes isst, ist das kein Problem. Regelmäßig sollte das jedoch nicht sein.

Und mit Süßem?

Geisler: Auch da sollten Eltern hin und wieder Zugeständnisse machen. Der Mensch hat von Natur aus eine Präferenz für Süßes. Mit dem leicht süßlichen Geschmack der Muttermilch kommt die Natur so den Säuglingen entgegen. Nach der Stillzeit, und somit ab dem Beginn der Beikost, liegt es an den Eltern, den Kindern "gesunde Süßigkeiten", etwa in Form von Obst, anzubieten. Ein totales Verbot von "richtigen" Süßigkeiten kann ins Gegenteil umschlagen, so dass Kinder einen regelrechten Heißhunger darauf entwickeln. Es ist wichtig, dass Eltern Regeln für den Süßigkeitenkonsum aufstellen. Die könnten heißen: "Eine Süßigkeit pro Tag". Was eine Süßigkeit ist, definieren jedoch die Eltern.

Sie beraten häufig Eltern in Ernährungsfragen der Kinder. Hat die Nachfrage danach zugenommen?

Geisler: Ja, es gibt einen großen Bedarf nach persönlicher Beratung. Ich mache die Erfahrung, dass viele Eltern unsicher geworden sind, was die Ernährung ihrer Kinder betrifft. Das liegt zum einen an der ungeheuren Informationsflut, die heute auf die Leute einströmt, und zum anderen daran, dass sich viele einfach nicht mehr auf ihr Bauchgefühl verlassen und nach einem Patentrezept suchen.

Der Vortrag "Anders essen und trotzdem groß werden" von Damaris Geisler beginnt am Mittwoch, 20. Januar, um 19.30 Uhr im Familienzentrum Menschenkinder, Kiefernweg 45, Königswinter. Die Teilnahme ist kostenlos. Anmeldungen bei Ute Wiedemeyer unter 0 22 44/87 71 64 oder per E-Mail an info@familienzentrum-menschenkinder.de.

Zur Person

Damaris Geisler (35) ist Diplom-Trophologin sowie Ernährungsberaterin/DGE und arbeitet als Dozentin für die Deutsche Gesellschaft für

Ernährung (DGE).

Zudem hält Geisler Vorträge über gesunde Ernährung und gibt unter anderem entsprechende Kochkurse in Kindertagesstätten. Dort und in Schulen leitet sie auch Präventionsveranstaltungen.

Sie kommt ursprünglich aus dem Erzgebirge und wohnt seit dem Jahr 2005 in Königswinter. Mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern (sechs und acht Jahre alt) lebt sie in Thomasberg.

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