Fusion der evangelischen Kirchengemeinden in Königswinter Evangelische Christen gehen neue Wege

Siebengebirge · Aus fünf evangelischen Kirchengemeinden im Siebengebirge und am Rhein werden zwei im Berg- und eine im Talbereich. Zum 1. Januar 2022 haben die Gemeinden diese Fusion nun auch rechtlich vollzogen. Ein Überblick über die neue Gemeindestruktur und den langen Weg dorthin.

 Die evangelischen Gemeinden im Siebengebirge haben sich zum 1 Januar neu ausgerichtet: Die weitreichende Umgestaltung betrifft 11 500 Mitglieder.

Die evangelischen Gemeinden im Siebengebirge haben sich zum 1 Januar neu ausgerichtet: Die weitreichende Umgestaltung betrifft 11 500 Mitglieder.

Foto: Frank Homann

Jetzt ist es amtlich: Seit dem 1. Januar gehen die evangelischen Gemeinden im Siebengebirge teils gemeinsame, teils getrennte Wege. Die weitreichende Umgestaltung der Gemeindestrukturen betrifft die rund 11 500 evangelischen Christen im gesamten Stadtgebiet von Königswinter, aber auch in Bad Honnef-Aegidienberg, Sankt Augustin-Birlinghoven und Bonn-Oberkassel.

Mit Hilfe der Fusionen möchten die jeweiligen Presbyterien ihre Gemeinden so aufstellen, dass sie für die künftigen Herausforderungen gerüstet sind. Gemeinsame Aktionen, zum Beispiel der Konfirmanden, hat es bereits im Jahr 2021 gegeben. Ein gemeinsamer Gemeindebrief wurde ebenfalls veröffentlicht. Auch gemeinsame Siegel – im Siebengebirge ein Kreuz, das Wurzeln schlägt und vier Äste austreibt, bei der Talgemeinde Wellen, Kreuz und eine strahlende Taube – gibt es schon. Die neu gegründete Evangelische Kirchengemeinde Siebengebirge mit rund 6000 Mitgliedern geht aus dem Zusammenschluss der Gemeinden Aegidienberg und Oberpleis hervor. Hinzu kommen die Bezirke Königswinter-Ittenbach der bisherigen Gemeinde Königswinter sowie Stieldorf-Birlinghoven der bisherigen Gemeinde Stieldorf-Heisterbacherrott.

Gemeinsame Aktionen, zum Beispiel der Konfirmanden, hat es bereits 2021 gegeben.

Der Bezirk Königswinter-Altstadt der bisherigen Gemeinde Königswinter gehört künftig zur Gemeinde Oberkassel-Königswinter mit rund 4000 Mitgliedern. Außerdem kommt es aufgrund der Umstrukturierungen zu einer Namensänderung bei der Kirchengemeinde Stieldorf-Heisterbacherrott mit ihren 1500 Mitgliedern. Nach der Ausgliederung des Bezirks Stieldorf-Birlinghoven an die neu gegründete Kirchengemeinde Siebengebirge trägt sie jetzt den Namen Evangelische Emmausgemeinde Thomasberg-Heisterbacherrott.

Damit gehören jetzt nicht mehr 30, sondern 28 Gemeinden zum Evangelischen Kirchenkreis An Sieg und Rhein (Ekasur). „Ich freue mich sehr, dass die Kraftanstrengungen, die solche Fusionen bedeuten, positive Energie schon jetzt, aber vor allem für die Zukunft der Gemeinden frei setzen“, sagt Superintendentin Almut van Niekerk. Nach den Willenserklärungen der betroffenen Presbyterien, die unmittelbar noch keine Wirkung erzeugen, sind die beiden neuen Gemeinden durch landeskirchliche Festsetzungen, die zudem der staatlichen Genehmigung durch die Bezirksregierung bedürfen, entstanden.

In der Gemeinde Oberkassel wird der frühere Zustand wiederhergestellt

Während die bisherigen Siebengebirgsgemeinden aufgelöst und in veränderter Zusammensetzung neu gebildet werden, besteht die Gemeinde Oberkassel bereits seit mehr als 400 Jahren und wird neben Dollendorf jetzt wieder durch den Bezirk Königswinter-Altstadt erweitert. Damit wird der frühere Zustand wiederhergestellt. 1861 war in Königswinter, der heutigen Altstadt, eine selbstständige Vikariatsgemeinde gebildet worden, die sich 1876 völlig von der Gemeinde Oberkassel löste. Nun gehört die Altstadt wieder zur Muttergemeinde, die den Namenszusatz Oberkassel-Königswinter annimmt.

Am Mittwoch, 29. Dezember, hat in der Christuskirche in der Altstadt ein Abschiedsgottesdienst für die Gemeinde Königswinter stattgefunden. „Es war die Not, die uns wendig gemacht hat“, sagt Pfarrerin Anne Kathrin Quaas, die zusammen mit Sophia Döllscher das Pfarrteam bildet. Sie verweist darauf, dass Fusionsprozesse üblicherweise doppelt so lang dauern. „Es war ein langer Weg, den wir schnellen Schrittes gegangen sind.“

Angestoßen wurde der Fusionsprozess bereits im Sommer 2019

Der Fusionsprozess im Bergbereich wurde durch den Weggang der Königswinterer Pfarrerin Christina Gelhaar im Sommer 2019 angestoßen. Ursprünglich wollten zum 1. Januar 2022 zunächst die drei Ortsgemeinden Stieldorf, Oberpleis und Ittenbach fusionieren, 2023 – auf eigenen Wunsch erst ein Jahr später – sollte dann Aegidienberg hinzukommen. Nachdem der Aegidienberger Pfarrer Stefan Bergner jedoch im Herbst bekannt gab, dass er seine Gemeinde verlassen wird, entschied man sich direkt für die große Lösung. Für die drei anderen Gemeinden war es keine Frage, die Aegidienberger kurzfristig wieder mit in den laufenden Fusionsprozess einzubeziehen. Auch wenn dies bedeutete, dass binnen weniger Tage mit Unterstützung des Kirchenkreises sämtliche bereits getroffenen Beschlüsse neu gefasst und von allen beteiligten Presbyterien abermals Punkt für Punkt bestätigt werden mussten.

Auswirkungen hatte dies auch auf die Stellensituation. Pfarrer Bergner hatte in Aegidienberg eine 75-Prozent-Stelle. Diese wird es so nun nicht mehr geben. Stattdessen ist die 75-Prozent-Stelle der Stieldorfer Pfarrerin Ute Krüger rückwirkend zum 1. November auf eine volle aufgestockt worden. Der Oberpleiser Pfarrer Arndt Klemp-Kindermann hatte bereits eine Vollzeit-Stelle. Beide bekommen zum 1. Januar Unterstützung von Pfarrerin Editha Royek, die als Vakanzvertretung eine 25-Prozent-Stelle erhält. Auf Dauer sollen der Gemeinde zweieinhalb Pfarrstellen zur Verfügung stehen.

Die evangelischen Christen in Heisterbacherrott und Thomasberg sind jetzt selbstständig

Die evangelischen Christen in Heisterbacherrott und Thomasberg sind seit Neujahr selbstständig. „Wir wollen keine Mauern hochziehen und uns nicht abgrenzen“, hatte die dortige Pfarrerin Pia Haase-Schlie im Frühjahr gesagt.

Den Weg zu einer Gesamtkirchengemeinde wäre man auch gern mitgegangen. „Doch die Enttäuschung war groß, dass das nicht möglich war.“ Als die Überlegungen einer Fusion bekannt geworden seien, hätten die Telefone in ihrer Gemeinde geglüht. „Es gab einen richtigen Aufstand von unten“, erinnert sie sich.

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