„Beißender Kerosingeruch in der Luft“ Zwei Tote nach Flugzeugabsturz im Siebengebirge

Update | Königswinter · Am Montagmorgen ist unweit der Festungsruine Löwenburg in Königswinter ein Kleinflugzeug abgestürzt und in Flammen aufgegangen. Zwei Menschen kamen ums Leben. Der Grund für den Absturz ist bislang unklar.

 Am Montagmorgen ist bei Königswinter ein Luftfahrzeug abgestürzt.

Am Montagmorgen ist bei Königswinter ein Luftfahrzeug abgestürzt.

Foto: Ralf Klodt

Bei einem Flugzeugabsturz im Siebengebirge sind am Montagmorgen zwei Menschen ums Leben gekommen. Sie starben an Bord einer zweimotorigen Maschine, die um 8.17 Uhr vom Flugplatz Sankt Augustin-Hangelar aus mit Ziel Hamburg gestartet war. Unweit der Löwenburg, genauer am Südwesthang der Merkenshöhe in der Nähe des Lohrbergs, touchierte die mehrsitzige Maschine bei dichtem Nebel die Baumwipfel, stürzte über unwegsamem Hanggelände ab und zerbarst in mehrere Teile. Die Bonner Polizei und Ermittler der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung in Braunschweig (BFU) haben die Untersuchungen zur Unglücksursache aufgenommen.

Der Geruch beißt in der Nase. Er setzt sich fest auf der Jacke, der Haut, in den Haaren. Schon auf der Löwenburger Straße – der Hauptroute, die vom Parkplatz auf der Margarethenhöhe aus in Richtung Löwenburg führt – liegt Treibstoff- und Brandgestank in der Luft. Bäume, Sträucher und Wiesen rechts und links der Wege sind bei dem dichten Nebel kaum zu erkennen. Vor der Einfahrt zur Waldgaststätte „Löwenburger Hof“ stehen um kurz vor 9 Uhr Kräfte der Freiwilligen Feuerwehr Königswinter, das Deutsche Rote Kreuz ist vor Ort wie auch die Polizei. Immer mehr Einsatzfahrzeuge treffen ein. Nur zu Fuß geht es für die meisten weiter zu der rund 300 Meter entfernten Absturzstelle unweit des bei Spaziergängern beliebten Lohrbergrundwegs – zu der Stelle, an der am frühen Morgen die Maschine abgestürzt ist.

„Urplötzlich gab es einen furchtbar lauten Knall“, sagt eine Anwohnerin. „Ich habe dieses Geräusch immer noch im Ohr.“ Seit Jahren trifft sich die Ittenbacherin mehrmals wöchentlich frühmorgens mit Bekannten zu einer Nordic-Walking-Runde rund um den Lohrberg. So auch am Montag. „Zuerst dachte ich: Das ist ein Felssturz, weil wir ja auch zuvor keine Fluggeräusche oder Vergleichbares gehört hatten“, sagt sie. „Doch dann lag plötzlich dieser beißende Kerosingeruch in der Luft und meine Bekannte hat die Feuerwehr angerufen.“

Das war um 8.24 Uhr. Unter dem Stichwort „Absturz Kleinflugzeug“ rücken die Einsatzkräfte der Löschzüge Ittenbach, Uthweiler, Altstadt und Oelberg aus, rund 60 Männer und Frauen sind es insgesamt. „Zunächst war ja völlig ungeklärt, um welche Art von Flugzeug es sich handelt: Gyrocopter, Hubschrauber oder doch eine größere Maschine“, beschreibt Marc Neunkirchen, stellvertretender Sprecher der Feuerwehr Königswinter, die Situation am Morgen. „Dank des abgesetzten Notrufes konnten wir uns vor Ort schnell orientieren und den Einsatz koordinieren.“ Feuerschein ist im Wald sichtbar, doch auch der Wind habe den Wehrleuten in die Karten gespielt: Da der Benzingeruch bereits von der Margarethenhöhe wahrzunehmen war, schlossen sie, dass sich der Unglücksort auf der Windseite, heißt der rückwärtigen Seite des Lohrbergs, befinden müsse.

 Die Piper PA-34 Seneca, aufgenommen 2017 auf dem Flugplatz Hangelar, ist am 11. Oktober im Siebengebirge abgestürzt.

Die Piper PA-34 Seneca, aufgenommen 2017 auf dem Flugplatz Hangelar, ist am 11. Oktober im Siebengebirge abgestürzt.

Foto: Markus Schmoll

Mit kleineren Fahrzeugen rückte die Feuerwehr aus, um das unwegsame Areal abzusuchen. „Das steile Hanggelände und der dichte Nebel haben die Suche natürlich nicht erleichtert“, so Neunkirchen. Die Rettungsleitstelle des Rhein-Sieg-Kreises ordert zwei Rettungshubschrauber nach. „Das ist bei einer derartigen Alarmierung ein automatisierter Prozess, um die Lage auch aus der Luft erkunden zu können“, erklärt der Feuerwehr-Sprecher.

Spaziergänger und Radfahrer, die an diesem frühen Morgen bereits unterwegs sind, müssen sich einen anderen Weg suchen: Die Polizei hat den Hang samt unterhalb liegendem Franz-Schultz-Weg gesichert, die Wanderwege sind abgesperrt. Am späteren Vormittag rückt die Einsatzhundertschaft der Bonner Polizei an, um die Absturzstelle systematisch zu untersuchen.

Flugzeugabsturz bei Königswinter im Siebengebirge - Bilder
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Kleinflugzeug stürzt im Siebengebirge ab

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Foto: Ralf Klodt

Für die beiden Insassen der Maschine, die bei dem Aufprall in unzählige Einzelteile zerbrochen ist, kommt jede Hilfe zu spät. Um auszuschließen, dass weitere Menschen an Bord waren, wird die Suche ausgedehnt. Die Trümmer liegen auf einer Fläche von rund 1000 Quadratmetern verteilt, Bäume wurden bei der Wucht des Aufpralls umgerissen, im Wald sind Brandschneisen erkennbar. Brände und Glutnester hätten die Wehrleute schnell löschen können, so Neunkirchen. Am Mittag bergen die Feuerwehrleute die beiden Unfallopfer mit einer Schleifkorbtrage aus dem steilen Hang.

Das Kriminalkommissariat 11 der Bonner Polizei übernimmt am Unglücksort die weiteren Ermittlungen, aus Braunschweig kommen Ermittler der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung zur Absturzstelle ins Siebengebirge, um sich vor Ort ein Bild zu machen und die Frage zu klären, warum die Maschine abstürzte. Trotz der schlechten Witterungsbedingungen seien die Anforderungen an einen Start erfüllt gewesen, hieß es von der Flugplatzgesellschaft Hangelar gegenüber dem GA. Zudem sei die Maschine mit Fluginstrumenten ausgestattet, welche das Fliegen und Navigieren auch bei schlechten Sichtverhältnissen sicherstellen sollten: „Das war keine der ganz kleinen Maschinen.“ Bei den Maschinen der ebenfalls in Hangelar beheimateten Luftsportgemeinschaft Siebengebirge hingegen handele es sich beispielsweise um solche, die für den Instrumentenflug nicht ausgerüstet seien, so deren Vorstandsmitglied Stefan Koch auf Anfrage. Bei für den Instrumentenflug ausgestatteten Flugzeugen sei die Steuerung auch ausschließlich mithilfe der Instrumente an Bord sowie Unterstützung der Fluglotsen am Boden möglich, so die Flughafengesellschaft; das setze voraus, dass auch der Pilot eine entsprechende Berechtigung für den Instrumentenflug habe. Das sei vorliegend der Fall gewesen.

Unklar sei derzeit auch, ob es sich bei der Propellermaschine um einen Privat- oder einen Charterflug gehandelt habe. Die Kriminalpolizei sei auch am Flugplatz vor Ort gewesen, um Aufschluss über eine mögliche Identität der Opfer zum Beispiel über dort abgestellte Autos zu erlangen. Wie Robert Scholten, Sprecher der Polizei Bonn, am späten Nachmittag mitteilte, seien die beiden Toten in die Rechtsmedizin gebracht worden, um deren Identität zweifelsfrei festzustellen. Er rechnet damit, dass dies im Laufe des Dienstags der Fall sein wird.

Bis in den späten Montagabend untersuchten die Ermittler der BFU die Unfallstelle „akribisch“, wie Scholten sagt. Das Areal bleibe weiterhin gesperrt, die Polizei sichere den Unglücksort auch während der Nacht. „Bis die tatsächliche Unfallursache feststeht, wird es noch einige Zeit brauchen.“

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