Fasten an der Gesamtschule Oberpleis Frank Hoffmann: "Probier', was geht"

Oberpleis · Sieben Wochen können richtig lang sein – zumindest, wenn man sich vorgenommen hat, auf Süßigkeiten oder das Handy zu verzichten. Doch die Schüler und Lehrer der Gesamtschule Oberpleis haben bewusst „Ja“ zum Fasten gesagt.

Ihr Projekt ist zudem an eine Spendenaktion zugunsten der Hilfsorganisation Don Bosco Mission Bonn geknüpft. Ein Interview mit dem Ideengeber zu der Aktion, Lehrer Frank Hoffmann.

Welche Idee steht hinter dem Fastenprojekt?

Frank Hoffmann: Die Zeit bis zu den Osterferien wird im Religionsunterricht dazu genutzt, dass die Schüler sich bewusst machen, was wichtig ist, um ein gelingendes Leben zu führen. Oft steht dabei der Verzicht im Vordergrund, um zu mehr Klarheit und Freiheit zu finden. Aber genauso hilft dazu auch die bewusste Entscheidung, etwas anderes zu probieren: Einerseits das bekannte „Fasten“, also der Verzicht auf etwas, andererseits die Entscheidung, sich anders zu verhalten, wie zum Beispiel freiwilliges Lernen für unbeliebte Fächer oder Streitvermeidung mit Geschwistern.

Es wird aber nicht nur gefastet. Die Schüler möchten auch gleichzeitig helfen.

Hoffmann: Richtig. Als wir, die Religions- und Philosophielehrer, von der drohenden Hungerskatastrophe in Ostafrika und dem Jemen erfuhren, haben wir spontan beschlossen, unser Fastenprojekt zu einem Hilfsprojekt zu erweitern, was bei allen Schülern auf große Zustimmung gestoßen ist.

Wie sieht dieses Modell genau aus?

Hoffmann: Zur Motivation, als Unterstützung und zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls suchen die Schüler Sponsoren, die sie mit kleinen Geldbeträgen auf Vertrauensbasis unterstützen. Diese Gelder werden am Ende der Organisation Don Bosco Mission Bonn zugute kommen, die die letzten Zufluchtscamps im Südsudan unterhält, wo seit vielen Jahren ein Bürgerkrieg wütet.

Sicherlich gehen die Lehrer mit gutem Beispiel voran. Worauf verzichten Sie denn zum Beispiel?

Hoffmann: Ich mache Computerfasten, das heißt, ich versuche alles, was man so zur Ablenkung oder zum Spaß am PC macht, soweit wie möglich zu reduzieren. Viele meiner Kollegen verzichten auf Süßigkeiten, aber das schaffe ich – ehrlich gesagt – nicht.

Und was haben sich die Schüler vorgenommen?

Hoffmann: Der Klassiker ist auch bei den Schülern das Süßigkeitenfasten. Andere haben sich vorgenommen, auf Softdrinks zu verzichten – das fand ich persönlich verblüffend. Wieder andere machen weniger PC-Spiele oder sehen nicht mehr so viel fern. Und aus meiner Klasse haben zwei Schüler ihren Handy-Konsum auf 20 Minuten am Tag reduziert. Aber wie anfangs gesagt, kann Fasten auch bedeuten, etwas zu tun, was man gar nicht gerne macht.

Zum Beispiel?

Hoffmann: Ein Schüler hat sich vorgenommen, jeden Tag freiwillig den Geschirrspüler auszuräumen. Ein anderer, der mit Englisch auf Kriegsfuß steht, liest täglich in einem englischen Buch – und erhält für jede gelesene Seite von seinen Sponsoren zur Belohnung einen kleinen Geldbetrag.

Haben Sie sich auch Strategien überlegt, wie der „Innere Schweinehund“ überwunden werden kann?

Hoffmann: Die Schüler helfen und motivieren sich gegenseitig. So lautete der Tipp für den Lesemuffel, sich alle drei Seiten einen Zettel mit einer Belohnung ins Buch zu legen – eine Runde Fußball zum Beispiel oder etwas Süßes. Belohnungen sind fürs Durchhalten ganz wichtig.

Wer kontrolliert, ob die Schüler das, was sie sich vornehmen, auch umsetzen?

Hoffmann: Es gibt keine Kontrollen, das Projekt läuft auf Vertrauensbasis. Wir möchten ja erreichen, dass unsere Schüler erwachsen werden. Dieses Ziel würde sich durch Kontrollen verlieren. Richtiges Fasten, also vollständiger Verzicht auf etwas, ist für Schüler auch eigentlich eine Überforderung. Wir sagen daher: „Reduzier' erstmal, probier' was geht.“ Und wenn das jemand nicht eine ganze Woche, sondern vielleicht nur drei Tage durchhält, ist das doch trotzdem toll.

Beteiligen sich alle Klassen?

Hoffmann: Ja, wobei das Projekt auf freiwilliger Basis beruht. Manche möchten nicht fasten, haben aber trotzdem Sponsoren gesucht. Andere fasten, haben aber keine Sponsoren finden können. Und dann gibt es auch die, die keine Sponsoren haben, sich aber nicht trauen, das zu sagen und stattdessen etwas von ihrem Taschengeld geben. Das sind meine stillen Helden.

Wie wirkt sich das Fasten auf die Schulgemeinschaft aus?

Hoffmann: Gemeinsame Anstrengung ist gemeinschaftsstiftend, daher ist so ein Fastenprojekt super. Die Suche nach Gemeinsamkeiten ist ja gerade für Gesamtschulen ein zentrales Thema.

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