Freibadsaison 2023 an Ahr, Rhein und Sieg Diese Folgen hat der Personalmangel für Badegäste

Region · Viele Wasserratten wird es bald wieder in die Schwimmbecken der Region ziehen. Beim Fachpersonal sieht das anders aus: Nahezu alle Freibadbetriebe an Rhein und Sieg suchen noch händeringend Mitarbeiter.

Freibäder Ahr, Rhein & Sieg​: Folgen des Personalmangel für Badegäste
Foto: Frank Homann

Benedikt Hövel ist Rettungsschwimmer und damit eine zurzeit heiß begehrte Fachkraft. Hövel sorgt seit acht Jahren für die Sicherheit der Badegäste im Bornheimer HallenFreizeitBad. Ursprünglich hatte der staatlich geprüfte Gymnastiklehrer ein anderes Berufsziel: „Während meiner Ausbildung habe ich das Schwimmabzeichen in Silber gemacht, um Aquakurse geben zu können. Dabei kam ich zum Entschluss, im Schwimmbad zu bleiben“, erzählt der Quereinsteiger, der nach der Ausbildung den Lehrgang zum Rettungsschwimmer absolviert hat. Hövels Aufgaben entsprechen in etwa denen der Fachkräfte für Bäderbetriebe – einem dreijährigen Ausbildungsberuf. Lediglich das Feld der Wassertechnik dürfen ausschließlich die Badefachleute betreuen.

Bäder suchen händeringend Fachpersonal

Seinen Chef Maik Warnke, kaufmännischer Leiter des Bornheimer Schwimmbads, freut Hövels Werdegang, denn geschultes Personal ist derzeit Mangelware. „Wir haben derzeit vier Rettungsschwimmer, sechs Fachangestellte für Bäderbetriebe und zwei Azubis. Allerdings benötigen wir gerade jetzt mit dem Eröffnen unseres Freibads noch vier bis sechs weitere Vollzeitkräfte“, sagt Warnke, der versucht dem Problem auf kreative Art zu begegnen.

Seit vorigen Sommer zahlt das Schwimmbad jedem, der eine Fachkraft vermittelt, eine Prämie aus – quasi eine Art „Finderlohn“. Im Vorjahr konnte das HallenFreizeitBad so drei neue Mitarbeiter gewinnen. Doch seitdem habe sich die Personalsituation wieder verschärft: „Zum 1. April haben zwei Fachkräfte zu einem Bad im Nachbarort gewechselt und im Gegensatz zum Vorjahr hatten wir bis jetzt keine einzige Anfrage zu unserer Prämienaktion.“

Auch auf der rechten Rheinseite stellt der Personalmangel die Schwimmbäder vor eine große Herausforderung. „Trotz intensiver Suche konnten nur wenige Rettungsschwimmer für die Beckenaufsicht gefunden werden, Fachkräfte für Badewesen sind absolute Mangelware“, sagt Florian Striewe, Pressesprecher der Stadt Königswinter, über die Situation im Lemmerz-Freibad. Das hat auch Folgen für die Besucher. In Königswinter werden die Öffnungszeiten eingeschränkt, auch im Hallenbad – hier kann nur noch ein Ein-Schicht-Betrieb aufrechterhalten werden.

Die gleichen Erfahrungen macht Hans-Joachim Lampe-Booms, Betriebsleiter der Bad Honnefer Bäder: „Die Personalsituation ist immer noch unbefriedigend.“ Zwar seien im Frühling neue Mitarbeiter hinzugekommen, dennoch mussten die Öffnungszeiten um eine Stunde gekürzt werden. „Da immer noch eine Fachkraft für Bäderbetriebe fehlt, wurde ein Dienstleister hinzugezogen, sodass zumindest ab den Sommerferien in NRW an allen Wochenenden geöffnet werden kann“, sagt Lampe-Booms mit Blick auf das Freizeitbad Grafenwerth in Bad Honnef.

Freibad in Sankt Augustin bleibt zwei Tage zu

In Sankt Augustin wird das Freibad wegen fehlendem Fachpersonal zwei Tage die Woche geschlossen bleiben müssen. „Auch in Sankt Augustin fehlt ausgebildetes Personal, insbesondere fehlen Rettungsschwimmer“, sagt Pressesprecher Benedikt Bungarten. „Bei weiteren Personalengpässen könnte es auch zu kurzfristigen Besucherbegrenzungen kommen.“

Auch das Freibad Remagen bleibt montags und mittwochs zu. „Leider fehlt uns immer noch ein Fachangestellter für Bäderbetriebe“, sagt Marc Göttlicher, Fachbereichsleiter Zentral- und Finanzverwaltung der Stadt. „Da der Arbeitsmarkt in diesem Bereich nicht viel hergibt, ist auch keine Verbesserung in Sicht. Trotz zahlreicher Stellenausschreibungen ist die Resonanz gleich null.“ Eine schwierige Situation für den Kreis, der immer noch unter der Flutkatastrophe leidet. Wann das Freizeitbad Twin und die Ahr-Thermen in Bad Neuenahr wiedereröffnen werden, ist noch ungewiss. Über ein Gutachten zur möglichen Finanzierung wird wohl erst im September im Stadtrat beraten.

Doch warum zieht es beruflich niemanden mehr ins Schwimmbad? Laut Schwimmbad-Leiter Maik Warnke aus Bornheim gab es vor der Corona-Pandemie kein Personalproblem. Er vermutet: „Einige Kräfte haben sich beruflich umorientiert, sehen die Branche nicht mehr als sicher an.“ Rettungsschwimmer Benedikt Hövel sagt: „Wir arbeiten im Schichtbetrieb und auch an Wochenenden und Feiertagen. Während Corona haben einige aus der Branche Jobs angenommen, wo das nicht der Fall ist.“ Trotzdem möchte Hövel nicht tauschen: „Ich wollte etwas mit Menschen machen und das Gefühl haben, etwas mit gesellschaftlichem Nutzen zu tun.“

Crashkurs für Aushilfen

Trotz des bedenklichen Trends beim Bäderpersonal, es gibt auch gute Nachrichten. Etwa aus dem Freizeitbad Oktopus in Siegburg: „Zum 1. April haben zwei neue Fachangestellte und ein Meister ihren Dienst bei uns aufgenommen. Auch konnten wir neue Rettungsschwimmer gewinnen“, sagt Rita Gaines-Willems von den Siegburger Stadtbetrieben. Das Oktopus kann also normal öffnen. Gleiches gilt für das Freibad Bad Neuenahr-Ahrweiler, das Pächter Elmar Scholzen ohne Einschränkungen öffnen konnte. Auch das Monte Mare in Rheinbach sieht der anstehenden Freibadsaison entspannt entgegen. „Mit dem derzeitigen Personalbestand ist der operative Bade- und Saunabetrieb gewährleistet“, sagt Marketingleiter Jörg Zimmer. Weitere Bewerbungen seien aber stets willkommen.

Auch beim Aggua in Troisdorf, das in den Sommerferien wieder öffnen wird, läuft Personalsuche auf Hochtouren. „Ein paar offene Stellen konnten wir bereits über unsere Recruitingtage besetzen“, sagt Daniela Simon von den Troisdorfer Stadtwerken. Die Recruitingtage sind eine neue Strategie, um Personal zu gewinnen, da herkömmliche Stellenausschreibungen wenig Erfolg versprechen. „Wir haben Interessenten über diverse Kanäle wie Social Media eingeladen, um den Arbeitsplatz vor Ort kennenzulernen und mit künftigen Kollegen reden zu können“, so Simon. Auch Aushilfen wolle man so künftig anwerben und vermehrt Studenten ins Team holen, da die Freibadsaison mit den Semesterferien zusammenfällt.

In Bornheim unterstützen Schüler und Studenten in den Ferien und an den Wochenenden. Das klappt dank einer Kooperation mit der DRK-Wasserwacht Bornheim: „Die unterstützen uns im Sommer ehrenamtlich und vermitteln uns auch Aushilfen“, sagt Schwimmbad-Chef Maik Warnke. In einem dreitägigen Crashkurs inklusive Erster Hilfe beim DRK könnten die jungen Leute das Schwimmabzeichen in Silber machen und dann die Rettungsschwimmer unterstützen. Auf die gezielte Anwerbung von Aushilfen an Schulen setzt das Freibad Sankt Augustin. Königswinter und Bad Honnef wollen zukünftig auf eigenen Nachwuchs setzen und bilden jetzt auch Fachkräfte selbst aus.

Rettungsschwimmer Benedikt Hövel bricht auf jeden Fall eine Lanze für seine Branche, und das nicht nur wegen Tarifverträgen und Zulagen: „Es ist zwar ein körperlicher Job, aber er ist abwechslungsreich und sehr verantwortungsvoll.“

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