Interview zu Königswinter Gewerbeverein: "Die Konzepte zügig umsetzen"

Königswinter · Es tut sich etwas in der Königswinterer Altstadt. Nach Jahren des Stillstands scheint plötzlich Bewegung in die Sache zu kommen. Und das wird an vielen Stellen sichtbar. Ein Interview mit Helmut und Anette Zinnen vom Gewerbeverein in der Königswinterer Altstadt.

 Hand in Hand für die Altstadt: Gewerbevereinsvorsitzender Helmut Zinnen und seine Frau Anette, die für die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins zuständig ist.

Hand in Hand für die Altstadt: Gewerbevereinsvorsitzender Helmut Zinnen und seine Frau Anette, die für die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins zuständig ist.

Foto: Frank Homann

Da sind die Künstler, die leerstehende Gebäude zu neuem Leben erwecken. Die Politik, die die Altstadt neu für sich entdeckt hat. Die Verwaltung, die Fehler in der Vergangenheit eingestanden hat. Die Bürgerforen, die mehr Menschen in den Prozess einbeziehen sollen. Und nicht zuletzt der Gewerbeverein, der ebenfalls neue Wege geht, zum Beispiel durch seine Zusammenarbeit mit dem Bürger- und Verkehrsverein. Mit dem Vereinsvorsitzenden Helmut Zinnen und seiner Frau Anette, die für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, sprach Katrin Janßen.

Wie wird ein Wasserschutzpolizist Vorsitzender eines Gewerbevereins?

Helmut Zinnen: Wir sind 2012 nach Königswinter gezogen und haben sehr bald Kontakt zum Gewerbeverein bekommen. Wir wussten, dass wir hier alt werden wollen - und wir wollten uns engagieren. Aber als wir zur Jahreshauptversammlung gingen, wussten wir nicht einmal, dass ein neuer Vorstand gewählt werden sollte. Aber es passte dann eben.

Wieso?

Anette Zinnen: Die Gewerbetreibenden haben so viel zu tun, da sind Vorstandsposten eine zusätzliche Belastung.

Helmut Zinnen: Davon abgesehen ist bei mir ausgeschlossen, dass ich eigene Interessen verfolge, da ich ja kein Geschäft in der Altstadt habe. Seitdem ist unsere Freizeit allerdings zusammengeschmolzen.

Anette Zinnen: Es ist eben nicht damit getan, es laufen zu lassen. Es geht darum, zügig Konzepte umzusetzen; keine Visionen entwickeln, sondern Dinge anpacken.

Das heißt?

Helmut Zinnen: Nun, wir haben dieses Jahr bereits verschiedene Aktionen umgesetzt: "Königswinter blüht" auf und das Drachenfest beispielsweise. Und jetzt kommt bald die "Adventszeit mit allen Sinnen".

Anette Zinnen: Wir sind dabei weg von einer klassischen Weihnachtsbeleuchtung. Stattdessen werden wir die Bäume in der Hauptstraße mit kleinen Lichterketten versehen. Die lassen sich auch für andere Anlässe nutzen.

Helmut Zinnen: Es geht darum, kleine, aber wirkungsvolle Schritte zu tun.

Wie wird das finanziert?

Anette Zinnen: Über Spenden und aus den Mitgliedsbeiträgen.

Helmut Zinnen: Bei den derzeitigen Zinsen bringt es nichts, die Mitgliedsbeiträge auf einem Konto zu horten. Daher geben wird das Geld für sinnvolle Aktionen aus.

Und "Königswinter blüht auf" war so eine Aktion?

Helmut Zinnen: Aber ja, die Pflanzungen in der Innenstadt sind wahrgenommen worden. Von den Gewerbetreibenden, den Bürgern und den Gästen.

Anette Zinnen: Wir haben für jedes Grün einen Paten gefunden. Und die Leute sehen den Effekt. Dort wo es sauber ist, achten auch alle anderen auf Sauberkeit. Die Stadtverwaltung hat uns da sehr unterstützt, und wir haben sehr positives Feedback bekommen.

Es tut sich also etwas in der Stadtverwaltung?

Helmut Zinnen: Ja, unbedingt. Sonst hätten wir uns auch nicht an der Bürgerinformation beteiligt.

Anette Zinnen: Es hat sich schon viel getan. Es muss nur noch mehr werden. Wir haben schnell gemerkt, dass wir für unsere Aktionen nicht nur die Gewerbetreibenden sondern auch die Stadt mit ins Boot holen müssen, damit das Ganze funktioniert.

Und das klappt?

Helmut Zinnen: Aber ja! Die Stadt hat sich von sich aus gemeldet und gefragt, wo sie uns unterstützen kann. Wir sind überzeugt, dass da ein Umdenken stattgefunden hat.

Hat ein Umdenken auch beim Gewerbeverein stattgefunden?

Helmut Zinnen: In gewissen Weise ja, wir kommunizieren viel, meist im direkten Gespräch.

Anette Zinnen: Es kommt auf Transparenz und Kommunikation an. Man muss sich auch mal den Frust der Menschen anhören. Aber unser Ziel ist es, nach vorne zu schauen. Wir wollen das Rad nicht neu erfinden, sondern die Dinge in Zukunft nur anders anpacken, anders gestalten.

Helmut Zinnen: Aber das ist natürlich nicht immer einfach. Da spielt auch der Zeitfaktor eine Rolle. Die Leute wollen wissen, wann Schluss ist mit dem Sanierungsgebiet. Zudem muss, was beispielsweise die Höhe der Mieten angeht, mehr Realismus einsetzen.

Anette Zinnen: Aber wir sind absolut sicher, dass 2014/2015 der Aufschwung kommen wird. Denn einen idealeren Standort gibt es kaum, die Stadt hat ein enormes Potenzial. Wir müssen nur das Angebot bieten, das gewünscht wird.

Helmut Zinnen: Genau. Nicht alle Bedürfnisse der Menschen, die hier leben, werden befriedigt. Deshalb fahren sie woanders hin, um ihr Geld auszugeben. Und auch Gäste, zum Beispiel Wanderer, finden nicht das, was sie suchen.

Was braucht Königswinter denn? Etwa ein Outlet-Center?

Helmut Zinnen: Dazu gibt es beim Gewerbeverein keine einheitliche Meinung. Vieles hängt auch von der Ausgestaltung ab. Ich persönlich bin davon überzeugt, dass ein solches Center zunächst zumindest für weitere Leerstände sorgen würde, weil weitere Geschäfte dicht machen müssten.

Der Leerstand in der Altstadt ist natürlich ein Dauerbrenner...

Anette Zinnen: Ja, das stimmt, aber in diesem Jahr hatten wir bisher mehr Neueröffnungen als Schließungen.

Helmut Zinnen: Wir brauchen für die Menschen, die hier leben, eine Nahversorgung.

Anette Zinnen: Die Mischung muss stimmen. Nur ein Beispiel: Das Angebot für Jugendliche und Kinder ist eigentlich nicht existent. Zudem wäre ein Drogeriemarkt sinnvoll und notwendig.

Was sind für Sie weitere wichtige Themen?

Anette Zinnen: Nur ein Beispiel: Wir haben nun einen Integrationsbeauftragten im Vorstand, denn wir wenden uns ganz bewusst auch an die ausländischen Gewerbetreibenden. Wir haben viele sehr gute Gespräche geführt. Teilweise wussten die Betroffenen gar nichts von Dingen wie dem Sanierungsgebiet. Wir versuchen einfach, sie mehr als bisher in die Entwicklung der Altstadt einzubeziehen.

Helmut Zinnen: Es ist doch eigentlich ganz einfach: Wir alle sind Königswinterer.

Zu den Personen

Helmut Zinnen ist 51 Jahre alt, von Beruf Beamter der Wasserschutzpolizei. Seine Frau Anette (49) arbeitet als Teammanagerin bei Carglass. Die beiden leben seit 2012 mit ihren fünf Katzen in der Königswinterer Altstadt direkt an der Hauptstraße. Die Entscheidung, von Köln nach Königswinter zu ziehen, haben die beiden nie bereut: "Wir sagen uns immer wieder: Wir leben dort, wo andere Urlaub machen."

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