Heilfastenwoche Brühe statt Pizza: Königswinterer berichten von Erfahrungen mit der Fastenkur

Heisterbacherrott · Die sechzehnte Heilfastenwoche in der Emmaus-Gemeinde in Heisterbacherrott ist mit dem Fastenbrechen zu Ende gegangen. Mehr als 20 Männer und Frauen haben eine Woche lang unter ärztlicher Betreuung gefastet. Wie war das?

Dr. Brita Larenz (v.li.) und Christine Hammer geben Brühe an die Heilfasten-Teilnhemer aus.

Dr. Brita Larenz (v.li.) und Christine Hammer geben Brühe an die Heilfasten-Teilnhemer aus.

Foto: Fenja Horstmann

Energie, neue Kraft und Wohlbefinden haben sich die Teilnehmenden der sechzehnte Heilfastenwoche in der evangelischen Emmaus-Gemeinde in Königswinter-Heisterbacherrott versprochen. Und das strahlen die Mitfastenden am Vorabend des Fastenbrechens auch aus. Tatendrang und Kraft trotz Gemüsebrühe, Tee mit Honig und Unmengen an Flüssigkeit. Trotzdem ist Fasten auch Stress für den Körper, und länger als zehn Tage sollte eine Fastenkur nicht andauern.

Für Dr. Brita Larenz, die die Teilnehmer gemeinsam mit Christine Hammer betreut, ist die jährliche Heilfastenwoche in der Emmaus-Gemeinde eine Herzensangelegenheit. Nach ihrer langen Tätigkeit als Hausärztin in einer eigenen Praxis in Heisterbacherrott ist sie weiterhin medizinisch tätig, mal in Vorträgen, mal bei Seminaren oder als medizinische Betreuerin der Fastengruppen. „Ich bin selbst extrem überzeugt vom Fasten und die Gemeinschaft mit und unter den Mitfastenden bedeutet mir viel“, sagt die Ernährungsmedizinerin. Die Verbundenheit, die das Heilfasten in der Gruppe erzeugt, ist auch für Marion Hoppe, Helga Kuhr und Christina Thesing sehr wichtig. „Die Andacht am Abend ist der Höhepunkt jedes Abends. Es ist eine sehr angenehme Atmosphäre“, erzählt Hoppe. „Man freut sich schon so richtig auf die Brühe“, sagt die 68-Jährige und lacht.

Jeden Abend für sechs Tage kommt die Fastengruppe zusammen. Sie trinken Tee, halten eine Andacht und nehmen anschließend eine Brühe zu sich, die am Tag von Mitgliedern zubereitet wurde. Dabei darf die Brühe aus Tomaten, Kartoffeln oder Möhren niemals zum Kochen kommen: „Damit die Vitamine drin bleiben“, so Larenz.

Heilfasten ist keine Nulldiät

Dabei ist das Heilfasten nach Otto Buchinger keine Nulldiät. Täglich werden zwischen 200 und 400 Kilokalorien zu sich genommen. Es treten keine Mangelerscheinungen auf, es findet kein Eiweißabbau, sondern nur verstärkter Fettabbau statt. Außerdem ist die Darmentleerung mithilfe von Glaubersalz fester Bestandteil des Heilfastens und erfolgt alle zwei Fastentage.

Während des Fastens liegt der Fokus darauf, was der Körper wirklich braucht. „Und das ist nicht die Pizza“, sagt Brita Larenz. Dies merken auch die Teilnehmenden: So warnt die Ernährungsmedizinerin ihre Schützlinge davor nach dem Fastenbrechen direkt wieder mit fettigem Essen zu beginnen.

Einstimmiges Gemurmel der Anwesenden lässt jedoch darauf schließen, dass nach einigen Tagen flüssiger Nahrung eine Pizza nicht das sei, womit sie ihr Fasten brechen wollen. „Gefühlt ist man schon nach einem halben Apfel satt“, erzählt Brita Schultze. Die 56-Jährige ist schon eine alte Häsin beim Heilfasten. Seit zehn Jahren ist sie dabei, abzüglich der Coronajahre ist es das achte Mal Heilfasten für sie. „Man fühlt sich so viel wohler, wacher und ausgeruhter“, sagt sie. Sie ist eine von mehreren Fastenden, die die Ernährung aus Tee und Brühe auch noch ein oder zwei Tage weiter machen werden.

Nachdem der deutsche Internist Otto Buchinger (1878-1966) wegen einer schlecht verheilten Mandelentzündung an Rheuma erkrankte, fastete er drei Wochen. Vom Ergebnis war Buchinger so begeistert, dass er das Heilfasten erfand und 1920 seine erste Heilfastenklinik eröffnete. Heute ist das Heilfasten eine der gängigsten Fastenmethoden. Als wichtig erachtete Buchinger beim Fasten auch die geistige Nahrung; das Lesen von Psalmen, Goethe und Rilke. Das Buchingerfasten sei eine moderne vorbeugende Fastenmethode und diene zur Entschlackung, zur Entrümpelung von Leib und Seele und zur Anregung des Immunsystems, sagt Dr. Brita Larenz.

Mit viel Flüssigkeit und Bewegung gegen Hungergefühl

„Ich war überrascht, wie leicht es fällt, zu fasten. Es kommt kaum ein Hungergefühl auf“, erzählt Marion Hoppe, die das erste Mal dabei ist. Falls doch ein Hungergefühl aufkommen sollte, wird mit viel Flüssigkeit und Bewegung dagegen angekämpft. Nach einigen Anfangsschwierigkeiten finden die Fastenden ihren Rhythmus und es kommt Euphorie auf. In den ersten Tagen sei den Teilnehmenden in der Regel vor allem kalt und sie seien müder als sonst. Auch könnten vorübergehend Störungen wie Herzklopfen, Kreislaufprobleme, Übelkeit und Magenprobleme auftreten.

„Ab dem vierten Tag hat man aber plötzlich viel mehr Energie“, sagt Helga Kuhr. Wolfgang Stein, ein Wiederholungstäter im Heilfasten, erzählt, dass er wahrnimmt, wie „sich der ganze Organismus verändert.“ Die Haut sei in seiner Wahrnehmung weicher und praller, man schlafe besser und kürzer. Außerdem, so der 59-Jährige, fühlten sich seine Gelenke besser an. Alle Teilnehmer der Heilfastenwoche, würden sie immer wieder machen. „Eine körperliche und geistige Reinigung in Gemeinschaft“, beschreibt Christina Thesing ihre Erfahrungen in der Fastenwoche, während der sie sogar noch ihre Kinder bekochte.

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