Theater-AG in Oberpleis Herausragende schauspielerische Leistung

OBERPLEIS · Keine leichte Kost: Die Schüler der Theater-AG am Gymnasium am Oelberg haben sich trotzdem an Georg Büchners „Woyzeck“ herangetraut - mit einem beeindruckenden Ergebnis.

 Woyzeck (Tim Nüsse) neben seinem einzigen Freund und Soldatenkollegen Andres (Finja Lagermann).

Woyzeck (Tim Nüsse) neben seinem einzigen Freund und Soldatenkollegen Andres (Finja Lagermann).

Foto: Gabriela Quarg

„Jeder Mensch ist ein Abgrund, es schwindelt einem, wenn man hinabsieht“ – ein Zitat aus Georg Büchners „Woyzeck“, das charakteristisch für das pessimistische Weltbild des Dichters ist. Seine düstere Sicht auf die Verhältnisse seiner Zeit spiegelt sich auch in Büchners Werken wider. Keine leichte Kost für Schüler, dennoch hat sich die Theater-AG des Gymnasiums am Oelberg an das schwermütige Drama „Woyzeck“ herangewagt und in einer beeindruckenden Inszenierung auf die Bühne gebracht.

„Wir können ja nicht jedes Jahr das Dschungelbuch spielen“, erklärt Lehrerin Birgit Völker, die die Theater-AG leitet, warum man sich für eben dieses Stück aus dem 19. Jahrhundert entschieden hat. „Es ist uns wichtig, auch mal ein großes Stück der Literatur zu zeigen – auch wenn es alles andere als lustig, sondern karg und düster ist.“ Erstaunlicherweise sei das fragmentarische Werk des jungen Dichters, der seinerzeit als junger Wilder galt und öffentlich die sozialen Missstände anprangerte, bei den Schülern gut angekommen. „In der Pubertät ist ja auch nicht alles nur lustig. In dem Alter sind Jugendliche durchaus empfänglich für große Fragen und schwere Themen.“

Wie sehr sie sich in die Personen des gutmütigen, aber einfältigen Soldaten Woyzeck, der von seinen Vorgesetzten ausgenutzt und geschunden wird, und seiner Geliebten Marie, mit der Woyzeck ein Kind hat, hineindenken und hineinfühlen konnten, stellten die jungen Leute mit einer herausragenden schauspielerischen Leistung auf der Bühne unter Beweis.

Dabei brillierten nicht nur die Hauptdarsteller Tim Nüsse (Woyzeck) und Melissa Geißler (Marie), die vor der Premiere nur vier Mal zusammen auf der Bühne gestanden hatten, da die Stundenpläne ein gemeinsames Proben vorher nicht zulassen wollten, sondern auch alle anderen Mitwirkenden: Finja Lagermann (Andres), Joscha Sauer (Hauptmann), Torben Pantring (Doktor), Tobias Hecken (Tambourmajor), Franziska Lorenz (Margrethe) sowie in weiteren Rollen Luisa Hanel, Selina Thelen, Annika Sodtke, Arne Bleienheuft, Kai Bühner, Joschua Schmitz, Charlotte Ulrich und Myra Anthony. Letztere spielte zudem zwei Musikstücke live am Klavier, was der Aufführung noch eine ganz besondere Note gab.

Auch für das Bühnenbild, das szenisch in drei Teile aufgeteilt war, zeichneten die jungen Schauspieler selbst verantwortlich: da gab es ein Waldstück mit Baumstämmen und knisterndem Laub, ein angedeutetes Wirtshaus und eine Art Marktplatz – alles mit wenigen, aber gut ausgewählten Requisiten fantasievoll in Szene gesetzt.

Ergriffen und nachdenklich verfolgten die vielen Zuschauer in der Aula des Schulzentrums Oberpleis die Geschichte, in der sich Woyzeck als Versuchskaninchen eines obskuren Arztes für eine unsinnige und menschenverachtende Erbsendiät zur Verfügung stellt und wie ein Hund beschimpft wird, weil „ihm die Natur kommt“. Seinem philosophierenden Hauptmann rasiert er den Bart, und muss dann auch noch mit ansehen, wie der schöne Tambourmajor ihm seine geliebte Marie ausspannen will. So ist es fast kein Wunder, dass Woyzeck am Ende zum Mörder wird – und zugleich Opfer seiner Mitmenschen und der Umstände seiner Zeit ist. Ein Stück, das leider seine Aktualität wohl nie ganz verlieren wird.

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