Im Ausschuss gibt es Streit um die Wortwahl Disput in Königswinter entzündet sich an Hochwasser-Gutachten

Königswinter · Die Bilder der Flutkatastrophe an Ahr, Swist und Erft haben sich eingeprägt ins kollektive Gedächtnis, und auch in der Königswinterer Bergregion sind die Erinnerungen an die Starkregenüberschwemmungen im Juli nicht verarbeitet. Ausgerechnet über die Frage, was zu tun ist, um Überflutungen zu vermeiden, gibt es Streit in Teilen der Politik.

 Über die Frage, wie besser Vorsorge gegen Überflutungen – wie auf beim Juni-Hochwasser in Uthweiler – getroffen werden kann, gab es Streit im Königswinterer Ausschuss. 

Über die Frage, wie besser Vorsorge gegen Überflutungen – wie auf beim Juni-Hochwasser in Uthweiler – getroffen werden kann, gab es Streit im Königswinterer Ausschuss. 

Foto: Ralf Klodt

Was tun gegen Überflutungen wegen Starkregens oder Flusshochwasser? Die schrecklichen Bilder der Verwüstungen durch Starkregen etwa im Juni in Uthweiler und Oberpleis sowie im Juli in noch verheerender Form an Ahr, Erft und Swist sind noch in bester Erinnerung. Um sich besser vor Überflutungen schützen zu können, möchte sich die Stadt Königswinter Expertise ins Haus holen: Am 1. Dezember ist Martina Noethen, Geschäftsführerin des Wasserverbands Rhein-Sieg-Kreis, zu Gast in Königswinter. Während der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Umwelt und Klimaschutz lauschte der Ausschuss Dirk Barion, Fachreferent der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA). Der in Hennef Ansässige erstellt Gutachten zur Überflutungsvorsorge – sogenannte Audits.

Standards zum Hochwasserschutz

Unter einem Audit sei eine „systematische Überprüfung und Bewertung von Prozessen“ zu verstehen, so Barion. Diese weise nach, „ob alle geforderten Standards und Anforderungen“ in Sachen Hochwasserschutz in Königswinter erfüllt werden. Zwei Auditoren werden zwei Tage lang mit der auditierten Kommune alle Merkmale und Indikatoren zur Bewertung der Hochwasservorsorge durchgehen. Ziel sei es unter anderem, die Stärken und Schwächen der bestehenden Hochwasservorsorge zu erfassen und konkrete Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, sagte Barion. Kosten für die Stadt: 15.000 Euro.

Kritische Fragen zum Procedere des Audits kamen von Jessica Gaitskell (FDP): Sie wunderte sich, dass der Stadtverwaltung beim zweitägigen Audit die Aufgabe zufällt, alle Basisdaten liefern zu müssen und es anschließend seitens der DWA keine Begutachtungen – etwa der Bäche – gibt. „Wir bezahlen 15.000 Euro, machen aber kein einziges Haus sicherer damit“, sagte Gaitskell. Das sei angesichts der aktuellen Kassenlage Königswinters schwer vermittelbar, so die FDP-Ratsfrau. „Ich glaube, dass ich damit einigen im Ausschuss aus der Seele gesprochen habe.“

Überzeugt von dem Audit-Paket zeigte sich hingegen Björn Seelbach (SPD). Er wies die Anmerkungen Gaitskells als „unsachlich“ zurück. Sie spreche außerdem nicht für eine Mehrheit des Ausschusses und sei „Teil einer kleinen Fraktion“, wie der Sozialdemokrat sagte. Der Ausschuss beschloss nach einer Sitzungsunterbrechung, die Frage des Auditauftrags in den Fraktionen zu beraten. 

Disput zwischen FDP und SPD

Schon zu Beginn der Sitzungsunterbrechung ging Jessica Gaitskell zum Sitzplatz von Björn Seelbach, um ihm ihren Unmut über die ihrer Meinung nach „kleine Parteien diffamierende Aussage“ auszudrücken. „Ich war sehr schockiert“, sagte die Freidemokratin im Gespräch mit dem GA. „Da schleicht sich ein schlechter Ton ein, der destruktiv ist“, erklärte Gaitskell. Anstatt für eine weitere Wortmeldung ihrerseits oder einen Zwischenruf habe sie sich dafür entschieden, direkt an Seelbach heranzutreten. „Ich wäre über eine Entschuldigung froh gewesen.“

Doch der SPD-Ratsherr sieht keinen Anlass, seine Äußerungen zurückzunehmen, wie er auf GA-Anfrage erklärte. „Mir ist ein inhaltlicher Schlagabtausch mit allen demokratischen Oppositionsparteien, egal ob klein oder groß, genauso wichtig wie der lebhafte Diskurs innerhalb der Koalition. Schließlich war ich auch 30 Jahre fast durchweg in der Opposition und die FDP mit der CDU am Ruder“, so Seelbach. Aber: „Mit Frau Gaitskells Wortbeitrag war indes kaum eine sachliche Auseinandersetzung möglich, da sie im Wesentlichen den Gastreferenten der DWA respektlos und bösartig angriff, ihm Unseriösität und fast schon Betrug unterstellte“, sagte Seelbach. „Da sich neben der Koalition auch bei der CDU deutliche Sympathien für eine Beauftragung des Audits zeigten, galt es, für Herrn Barion klarzustellen, dass hier nur eine kleine Fraktion solche, zudem unsachliche, Einwände erhebt. Dazu stehe ich auch“, erklärte er.

Nach dem Ende der Sitzung habe der Sozialdemokrat die FDP-Ratsfrau angesprochen, dass seine „Schärfe ausdrücklich nicht gegen sie persönlich oder ihre Fraktion, sondern ausschließlich gegen ihre respektlosen Äußerungen in Richtung von Herrn Barion gerichtet war, um den es mir dabei ging“, so Seelbach. Gaitskell sagte dem GA, dass sie „den Sinn der Maßnahme nicht sehen“ kann und ihre Ausführungen dazu gewiss „nicht ausfallend rübergekommen“ sind.

„Gegenseitiger Respekt nicht verloren gegangen“

Michael Ridder (KöWi), Vorsitzender des Ausschusses, erklärte auf GA-Anfrage, dass er ausdrücklich erst nach dem Ende der Sitzung mit Gaitskell und Seelbach gemeinsam gesprochen habe. „Ich habe beiden in einem persönlichen Gespräch zu verstehen gegeben, dass das, was sie gesagt haben, ein Stück weit daneben war“, sagte Ridder. Es sei aus seiner Sicht ein Gebot der Fairness, anders miteinander zu kommunizieren. Im nächsten Ausschuss für Stadtentwicklung werde das Audit übrigens kein Thema sein. „Die Verwaltung hat zwischenzeitlich angemerkt, dass Thema in den Bau- und verkehrsausschuss gehört, da womöglich Straßen und Kanäle gebaut werden müssen“, so Ridder. Bezüglich des verbalen Disputs zwischen Jessica Gaitskell und Björn Seelbach sagte der Ausschusschef: „Ich denke, der gegenseitige Respekt ist nicht verloren gegangen.“

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