Lauf bis nach Santiago de Compostela Honnefer läuft 2500 Kilometer für kranke 19-Jährige

Siebengebirge · Volker Brusius aus Bad Honnef läuft für die kranke 19-Jährige und für sich nach Santiago de Compostela. Der größte Wunsch der jungen Frau ist ein Assistenzhund.

Für Volker Brusius ist es wohl der größte Lauf seines Lebens. Für Vanessa Walkembach könnte es ein Schritt zurück ins Leben sein. Am Aschermittwoch beginnt für den Läufer aus Bad Honnef und die 19-Jährige aus Linz ein neues Kapitel. An diesem Tag startet der 47-Jährige gegen 9.15 Uhr am Siebengebirgsgymnasium zum Lauf durch die Eifel, Luxemburg, quer durch Frankreich, über die Pyrenäen und Nordspanien nach Santiago de Compostela oder sogar bis zum Kap Finisterre. Wenn alles gutgeht, wird er die 2500 Kilometer in rund 60 Tagen schaffen. Und falls es ihr Gesundheitszustand zulässt, wird er Vanessa Walkembach in ihrem Rollstuhl über die ersten Meter seines langen Laufes schieben. Begleitet werden die beiden von mehreren Klassen des Gymnasiums.

Die junge Frau leidet seit ihrer Kindheit unter verschiedenen Krankheiten, die sich im Laufe ihrer Jugend immer weiter verschlimmert haben. Vor drei Jahren zog sie sich bei einem Treppensturz zudem eine Nervenverletzung zu. Die vergangenen Jahre verbrachte sie mehr im Krankenhaus als zu Hause. Die Schule – Vanessa ging aufs Sibi – musste sie im vergangenen Sommer nach der elften Klasse abbrechen. Eine Ausbildung zur Krankenpflegerin musste sie nach wenigen Wochen aufgeben. Seit dem vergangenen Jahr kann sie ihren rechten Arm nicht mehr benutzen. Ständig hat sie starke chronische Schmerzen im Bein, sie hat Osteoporose und ist auf den Rollstuhl und fremde Hilfe angewiesen. Zuletzt musste sie sich in der Bonner Uniklinik nach einem erneuten Sturz einer Not-OP unterziehen.

Ein Assistenzhund ist der größte Wunsch

Der größte Wunsch der 19-Jährigen ist ein Assistenzhund, der ihr bei vielen täglichen Aufgaben sowie bei der Mobilisation und in Notfallsituationen helfen kann. Dieser Hund könnte im Notfall ihr Leben retten. Die Ausbildung eines solchen Hundes kostet jedoch rund 20 000 Euro, was Vanessa und ihre Mutter sich nicht leisten können, zumal die 19-Jährige aufgrund ihrer Behinderung arbeitsunfähig ist. Daher sammelt sie Spenden. „Ich möchte auf diese Weise auch meinen Beitrag leisten“, sagt sie.

In den nächsten Tagen bekommt Vanessa den neun Wochen alten Welpen Neelo, einen Golden Retriever. „Golden Retriever sind besonders gelehrig. Außerdem gibt es für mich keine schöneren Hunde“, sagt sie. In eineinhalb bis drei Jahren soll Neelo in mehreren, zum Teil wochenlangen und sehr teuren Lehrgängen zum Assistenzhund ausgebildet werden. Dann wird er Dinge lernen wie Licht an- und auszuschalten, die Waschmaschine ein- und auszuräumen bis zum richtigen Verhalten, wenn Vanessa in Gefahr ist und er Hilfe rufen muss. „Durch den Hund möchte ich mehr Selbstständigkeit zurückerlangen“, sagt Vanessa.

Lauf nur mit Karte und Kompass

Da kommt Volker Brusius ins Spiel. Der passionierte Läufer, der in Königswinter aufwuchs und die Ultradistanzen liebt, ist nach seinem Ausstieg aus dem Bad Honnefer Laufladen 7 G runergy zum Jahresende in einer Findungsphase. Im Herbst hatte ihm Vanessas Mutter Christina Kneip als Kundin die wohl folgenreichste Anfrage in seiner Zeit in dem Laden gestellt: Ob er nicht für ihre Tochter bei einem Lauf Spenden sammeln könne. „In dem Moment stand für mich fest, dass ich mich nicht direkt nach einer neuen Arbeit umschaue, sondern gleich zwei Träume auf einmal angehe“, berichtet Brusius: ohne Hilfe nach Santiago de Compostela zu laufen und damit zugleich Spenden zu sammeln für den Traum eines anderen Menschen. Spender können für jeden gelaufenen Kilometer einen Betrag geben. Bei einem Cent wären das zum Beispiel 25 Euro.

Seine Wohnung in Bad Honnef hat er aufgelöst, beim Amt hat er sich abgemeldet. In den nächsten Wochen wird er täglich einen Marathon laufen. Ohne Begleitung, möglichst ohne technische Hilfsmittel. Nur mit Karte und Kompass. „Ich laufe für eine herzensgute junge Frau bis ans Ende der Welt“, sagt er. Kap Finisterre, abgeleitet vom Lateinischen finis terrae, heißt genau das: Ende der Erde. 2013 hatte Brusius bereits an einer Staffel von Königswinter in die Partnerstadt Cognac teilgenommen. Elf Läufer teilten sich damals die 1300 Kilometer. Zwei Jahre später ging es von Cognac ans Kap Finisterre. „Damals dachte ich schon, dass ich diese Strecke irgendwann mal komplett alleine laufen möchte“, sagt er.

Dass Brusius für sie läuft, kann Vanessa immer noch kaum glauben. „Ich hätte niemals gedacht, dass jemand so etwas Tolles für mich macht“, sagt sie. Dankbar ist sie aber auch den Freunden und Bekannten, die sie unterstützen.

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