Interview mit Anja Vollmar Im Einsatz für Otjiwarongo

Königswinter · Weite Steppen, bizarre Felsenlandschaften, die älteste Wüste der Welt und nicht zuletzt eine artenreiche Tierwelt locken zahlreiche Touristen nach Namibia.

 Anja Vollmar und ihr Patenkind Selma.

Anja Vollmar und ihr Patenkind Selma.

Foto: privat

Doch das südafrikanische Land ist voller Kontraste – Safari-Idylle auf der einen, bittere Armut auf der anderen Seite. Um Kindern dort eine Chance auf ein besseres Leben zu geben, hat die Familie Vollmar aus Oberpleis vor sieben Jahren den gemeinnützigen Verein „Hilfe für bedürftige Kinder in Otjiwarongo e.V.“ gegründet. Bei einer Benefizveranstaltung an diesem Sonntag im Margarethenhof möchte Anja Vollmar um Unterstützung für ihr ehrenamtliches Engagement werben.

Warum brauchen die Kinder in Otjiwarongo Hilfe?
Anja Vollmar: Otjiwarongo ist eine Stadt etwa so groß wie Hennef, die ständig wächst. In den vergangenen Jahren hat es viele Dürren gegeben, darum ziehen zahlreiche Menschen vom Land hierher. Sie hausen meist ohne Strom und fließendes Wasser in Hütten aus Blech. Die Kinder sind nicht selten Halbwaisen oder Waisen, manchmal selbst an Aids erkrankt. Der Schulbesuch ist in Namibia zwar mittlerweile kostenlos, doch Geld für Schulsachen haben viele Eltern nicht. Die Kinder schämen sich darüber so sehr, dass sie nicht zur Schule gehen. Im Januar haben wir zum Beispiel einen 13-jährigen Jungen eingeschult, der vorher noch nie beim Unterricht war, weil er keine Schuluniform besaß. Die Schulsachen werden auch bis zum Zerfall getragen. Ich habe Turnschuhe gesehen, die sahen eher aus wie Sandalen. Oft haben die Schuhe Löcher in den Sohlen, denn so mancher hat einen Schulweg von zehn Kilometern pro Strecke, fünfmal die Woche.

Wie genau ist es zur Gründung Ihres Vereins gekommen?
Vollmar: Meine Eltern sind 2007 nach Namibia gereist. Über den Reiseleiter haben sie dort die deutsche Petra Schauenburg kennengelernt, die seit 15 Jahren in Namibia lebt. Als Leiterin des Drug Counselling & Informationscenters in Otjiwarongo sind ihr die Sorgen, Nöte und Bedürfnisse der Menschen dort bestens bekannt. Wir haben dann zunächst Patenschaften für bedürftige Kinder in Otjiwarongo übernommen, aber nach zwei Jahren dachten wir uns, dass wir mit der Gründung eines Vereins noch besser helfen und mehr Spenden sammeln können.

Wie viele Mitglieder hat der Verein denn mittlerweile?
Vollmar: Wir sind ein kleiner Familienverein geblieben, das ermöglicht es uns, schnell und unbürokratisch zu handeln. Entscheidungen können telefonisch getroffen werden, ohne gleich eine Mitgliederversammlung einberufen zu müssen. Aber wir sind natürlich auf Spenden angewiesen. Im Januar haben wir alleine damit 1000 Kinder mit Schuluniformen und Schulmaterial ausgestattet.

Was genau geschieht mit den Spendengeldern aus Deutschland?
Vollmar: Sie werden in regelmäßigen Abständen, ohne jegliche Verwaltungskosten, nach Namibia überwiesen. Hier werden sie in materielle Güter umgesetzt: Schuluniformen, Schulmaterialien, Lebensmittel, Hygieneartikel. Außerdem wird in mehreren Schulen die Ausstattung und der Ausbau von Klassenräumen finanziert.

Sind Sie auch selbst vor Ort?
Vollmar: Ich reise zweimal im Jahr nach Namibia, die Kosten dafür trage ich selbst. Zuletzt war ich im Januar dort und habe selbst Schulkleidung, Schultaschen, Schuhe und Materialien ausgesucht, gekauft und verteilt. Oft reist auch mein Sohn mit. Vor zwei Jahren haben wir zum Beispiel an der Karundu Primary School einen neuen Klassenraum errichtet.

Wie hilft der Verein noch?
Vollmar: Ein wertvoller Bestandteil der Arbeit sind die Patenschaften, die deutsche Familien für Kinder übernommen haben, sowie die Unterstützung der „Milchmäuse“: Babys, für die Milchpulver gekauft und in die Dörfer geliefert wird. Seit 2015 hat der Verein zudem eine Teilfinanzierung des Multi Purpose Help Centers in der Stadt übernommen. Die auf Spenden angewiesene Institution bietet rund 75 Kindern einen Zufluchtsort, versorgt sie mit Essen und hilft bei den Hausaufgaben.

Mit der Benefizveranstaltung gehen Sie jetzt erstmals in größerem Rahmen an die Öffentlichkeit.
Vollmar: Ja, nachdem wir zweimal mit einem afrikanischen Abend im privaten Umfeld „geübt“ haben, wollen wir den Rahmen erweitern und noch mehr Interessenten erreichen, auch welche, die uns vielleicht noch nicht kennen. Wir sind froh, mit dem Margarethenhof einen schönen Veranstaltungsort gefunden zu haben, der uns kostenlos zur Verfügung gestellt wird.

Was erwartet die Besucher?
Vollmar: Die Benefizveranstaltung ist natürlich ein Fundraising-Event. Dennoch wird hier auch ein anderes Namibia gezeigt: Ein wunderschönes Land in Afrika mit unglaublichen Naturwundern, Traditionen, Kontrasten und einer reichhaltigen Tierwelt – zu jeder Jahreszeit eine Reise wert. Es gibt afrikanisches Fingerfood, afrikanische Märchen, Musik, fotografische Impressionen und eine Auktion. Das Eintrittsgeld von zehn Euro pro Person kommt zu 100 Prozent den Kindern in Otjiwarongo zugute.

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