Königswinter Inklusion - Einige Förderschulen haben Wartelisten

RHEIN-SIEG-KREIS · Gemeinsam lernen, zusammen in der Pause spielen und sich freuen, wenn die Schulglocke zur letzten Stunde klingelt.

Zwar besteht erst zum kommenden Schuljahr 2014/15 für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf ein Rechtsanspruch auf Beschulung in einer allgemeinen Schule. Das heißt: Erst- und Fünftklässler mit sonderpädagogischem Förderbedarf haben Anspruch auf Unterricht in einer allgemeinen Schule.

Dennoch gehört das Thema Inklusion und Gemeinsamer Unterricht heute schon bei vielen Schulen in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis zum Unterrichtsalltag. So unterrichten allein im Rhein-Sieg-Kreis zwei Drittel aller öffentlichen Grund- und allgemeinen weiterführenden Schulen Kinder mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf gemeinsam. Bereits zum Schuljahr 2012/13 änderte der Kreis das Anmeldeverfahren dahingehend, dass Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemeine Schulen eingeschult werden, wenn ihre Eltern das wünschen.

An den Grundschulen sind dies derzeit 669 Schüler (von 22 182), die den Gemeinsamen Unterricht an 65 von insgesamt 101 öffentlichen Grundschulen im Kreis besuchen. Nur wenn die Eltern es ausdrücklich wünschen, erfolgt die Einschulung in einer Förderschule, so die Auskunft aus dem Kreishaus. Das waren im vergangenen Sommer an den acht Förderschulen des Kreises mehr als 120 Erstklässler. Insgesamt besuchen im Kreis derzeit 2227 Kinder und Jugendliche Förderschulen.

An den weiterführenden Schulen, also Haupt-, Real- , Sekundar- und Gesamtschule sowie an den Gymnasien im Kreis, haben aktuell 500 Schüler sonderpädagogischen Förderbedarf (von 42 748), die 44 von 65 öffentlichen Schulen der Sekundarstufe I und II besuchen. Hierbei nicht berücksichtigt sind die Schüler des Kreises, die eine Schule außerhalb, beispielsweise in Bonn, besuchen.

Für die Förderschulen im Kreis hat das geänderte Verfahren bislang nicht automatisch zur Folge, dass die Schülerzahlen insgesamt abnehmen. Laut Pressesprecher Dirk Kassel seien zwar die Schülerzahlen mit dem Förderschwerpunkt Lernen an den meisten Schulen gesunken. Jedoch sei die Schülerzahl bei den übrigen Förderschwerpunkten relativ konstant und im Bereich "emotionale und soziale Entwicklung" sogar "stetig anwachsend".

Kassel: "Für alle Förderschulen des Förderschwerpunktes emotionale und soziale Entwicklung existieren sogar Wartelisten, weil Schüler wegen Überschreitens der räumlichen Kapazität der Schulgebäude nicht mehr aufgenommen werden können." Demnach wäre der Bedarf an solchen Förderschulen höher denn je.

Dennoch gibt es Förderschulen im Kreis, die vor dem Aus beziehungsweise in ihrem Bestand gefährdet sind. Das trifft die Schulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen, die zukünftig nach einer neuen Landesvorgabe mindestens 144 Schüler haben sollten.

Das Land hatte im vergangenen Herbst die Mindestschülerzahlen für die jeweiligen Förderbereiche neu festgelegt, weil immer weniger Schüler an Förderschulen, insbesondere mit dem Schwerpunkt Lernen, angemeldet werden. Stattdessen bevorzugen Eltern für ihre Kinder die Beschulung an allgemeinbildenden Schulen. Deshalb sind beispielsweise die Albert-Schweitzer-Schule in Rheinbach und die Verbundschule in Uedorf gefährdet. Auch die Laurentiusschule in Mondorf ist mit ihren drei Förderschwerpunkten betroffen und läuft deshalb aus.

Die Drachenfelsschule der Stadt Königswinter - Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen - erreicht die vorgeschriebene Zahl ebenfalls nicht. Derzeit besuchen 104 Schüler die Einrichtung - 144 waren es auch schon früher nicht. Aufgeben will die Stadt Königswinter die Schule, die ebenso wie Schulleiterin Franziska Müller-Luhnau einen hervorragenden Ruf genießt, auf keinen Fall.

"Viele Kinder brauchen sie noch", so die zuständige Dezernentin Heike Jüngling. Daher führe man derzeit intensive Gespräche mit verschiedenen Städten über mögliche Kooperationen. "Der Rhein-Sieg-Kreis ist da sehr engagiert", lobt Jüngling. Und auch die Bezirksregierung zeige sich für verschiedene Modelle offen. Sie hofft daher, die Schule erhalten zu können.

Wie viele Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf nun genau ab dem neuen Schuljahr welche Schule besuchen, steht noch nicht fest. Kassel: "Das Anmeldeverfahren für das kommende Schuljahr wird erst zum Ende der Sommerferien abgeschlossen sein. Denn es ist keineswegs so, dass Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf automatisch auf die allgemeinen Schulen kommen.

Vor der Einschulung wird seitens der Schulen und der Schulaufsicht mit den Eltern in jedem Einzelfall gemeinsam beraten, an welcher Schule das Kind am besten gefördert werden kann." Wünschen die Eltern eine allgemeine Schule für ihr Kind, werde ihnen eine angeboten, so Kassel.

In Bonn gibt es 51 Grundschulen mit 11.638 Schülern. Davon haben 380 sonderpädagogischen Förderbedarf. Sie werden an 27 Grundschulen unterrichtet. Die 103 allgemeinbildenden Schulen in Bonn haben zusammen 41.027 Schüler, davon 2195 mit sonderpädagogischem Förderbedarf.

Die zehn Förderschulen in Bonn unterrichten insgesamt 1322 Schüler. Derzeit werden die meisten Schüler der Sekundarstufe I und II, die mit Förderbedarf eine weiterführende allgemeinbildende Schule besuchen, in Gesamtschulen unterrichtet, gefolgt von Hauptschulen. Nur drei von ihnen besuchen ein Gymnasium.

Laut Presseamt haben 130 Eltern von jetzigen Viertklässlern mit sonderpädagogischem Bedarf den Wunsch geäußert, ihre Kinder auf eine allgemeinbildende Schule anzumelden, 107 davon an einer Gesamtschule.

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