Forschungsgemeinschaft 20. Juli Interview zum Widerstand im Dritten Reich

Seit gestern läuft die 26. Königswinterer Tagung der Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 im Adam-Stegerwald-Haus. Über neue Erkenntnisse zum Widerstand im Dritten Reich und die Arbeit der Forschungsgemeinschaft sprach Moritz Rosenkranz mit Pressesprecher Horst Niemann.

 Gedenken: Besucher stehen im Bendlerblock in Berlin vor Porträts der Widerstandskämpfer Claus Schenk Graf von Stauffenberg (links) und Werner von Haeften. Die Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 tagt an diesem Wochenende in Königswinter.

Gedenken: Besucher stehen im Bendlerblock in Berlin vor Porträts der Widerstandskämpfer Claus Schenk Graf von Stauffenberg (links) und Werner von Haeften. Die Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 tagt an diesem Wochenende in Königswinter.

Foto: dpa

Ihre Tagung trägt den Untertitel "Neue Forschungen zum Widerstand im Dritten Reich". Gibt es 68 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges denn tatsächlich noch neue Erkenntnisse?
Horst Niemann: Ja, die gibt es. Viele Unterlagen tauchen etwa erst jetzt auf, weil sie lange in Archiven versteckt waren und beispielsweise erst nach der Wiedervereinigung zugänglich wurden. Es gibt immer wieder Neuigkeiten zu verschiedenen Themengebieten.

Wie hoch ist denn der Erkenntnisgewinn?
Niemann: Natürlich sind das oft nur kleine Details, die aber durchaus unter Wissenschaftlern Konfliktpotenzial haben können. Zusätzlich kommen bei uns auch oft Zeitzeugen zu Wort, etwa Witwen von damals hingerichteten Widerstandskämpfern. Zeitzeugen tragen immer ganz besonderes Wissen in sich.

Was wurde konkret schon erarbeitet auf den Tagungen?
Niemann: Wir haben uns beispielsweise genauer mit der typischen nationalsozialistischen Laufbahn im Dritten Reich befasst und untersucht, welche Chancen die Menschen überhaupt hatten, gegen ein System zu opponieren, aus dem sie kaum entrinnen konnten, weil sie von Kindesbeinen an indoktriniert wurden. Das erziehungspolitische Konzept des Regimes zielte auf die totale Vereinnahmung der Jugendlichen ab. Um die Durchdringung der "Volksgemeinschaftsideologie" in allen Lebensbereichen steuern und kontrollieren zu können, waren der NSDAP zahlreiche Verbände angeschlossen. Der junge Mensch durchlief diese Organisationen und wurde somit zum "Volksgenossen" erzogen.

Warum trifft sich die Forschungsgemeinschaft in Königswinter?
Niemann: Das hat Tradition. Gerade in der Anfangszeit, als Bonn noch Regierungssitz war, hatten wir viele regierungsnahe Mitglieder. Da hatte es ganz pragmatische Gründe, uns auf diesen Ort zu einigen.

Werden die Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich gemacht?
Niemann: Da wir vom Bund unterstützt werden, müssen wir unsere Ergebnisse publizieren. Das tun wir jedes Jahr in unserer Schriftenreihe, die wissenschaftlich fundiert und akzeptiert ist. Aber natürlich sind auch Besucher immer willkommen.

Tagung und Tagungsort:
Die Forschungsgemeinschaft 20. Juli 1944 hat 210 Mitglieder, aus Kapazitätsgründen trifft sich die Hälfte im geschichtsträchtigen Adam-Stegerwald-Haus in Königswinter, Hauptstraße 487. Vorträge werden an diesem Samstag zwischen 9 und 16.30 Uhr, am Sonntag von 10 bis 11.30 Uhr gehalten, auch zum Thema "Paul Franken und der 'Bonner Kreis' im Widerstand gegen Hitler". Zwischendurch ist Zeit zur Diskussion. Nach Gründung der Bundesrepublik 1949 war das Adam-Stegerwald-Haus unter anderem Residenz von Jakob Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen.

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