Immer ostwärts Ittenbacher reiste durch 19 Länder mit dem Auto

Ittenbach · Joachim Schuler legte auf seiner Autoreise "immer ostwärts" durch 19 Länder mehr als 35.000 Kilometer zurück. Er berichtet von menschenleeren Passstraßen und nicht immer unkritischen Begegnungen mit Grenzbeamten.

 Exotische Reiseeindrücke: Die orientalischen Fliesenmuster der Schule Sher-Dor-Medrese am Platz Registan im usbekischen Samarkand schimmern im sanften Abendlicht.

Exotische Reiseeindrücke: Die orientalischen Fliesenmuster der Schule Sher-Dor-Medrese am Platz Registan im usbekischen Samarkand schimmern im sanften Abendlicht.

Foto: Joachim Schuler

Wie ein Abenteurer sieht Joachim Schuler nicht aus. Hellblaues Hemd, weinrote Cordhose, das Haar akkurat gekämmt. Schuler breitet eine Landkarte auf dem Couchtisch im Wohnzimmer aus, schiebt die Brille zurecht und beginnt zu erzählen. Von einer Reise, die den 63-Jährigen aus Ittenbach im vergangenen Jahr durch 19 Länder führte. 161 Tage war er unterwegs, 35 442 Kilometer hat er zurückgelegt, zumeist allein in einem weißen Toyota Land Cruiser. Das Ziel seiner Reise hieß: immer ostwärts – und wieder zurück. Unter diesem Titel steht auch der Vortrag, den er an diesem Samstag hält.

„Eigentlich“, sagt Schuler, „sind wir schon immer gerne gereist.“ Und zwar eher mit dem Rucksack als all-inclusive. „Wir“, das sind Schuler, seine Frau Annette und die beiden Söhne. Als der ältere Sohn vor rund zwei Jahren mit seiner Freundin aufbrach, um mit dem Auto in die Mongolei zu fahren, begleitete Schuler das Paar bis in die Osttürkei. Und war fortan von dem Gedanken inspiriert, eine ähnliche Reise zu wagen. Im September 2016 nahm der Ingenieur im Ruhestand die Planungen in Angriff, „nachdem ich mir bei meiner Frau die Genehmigung geholt hatte“, wie er mit einem Augenzwinkern sagt.

Reiseroute ohne Mongolei und Baikalsee

Schuler legte die Reiseroute fest, die zu einem großen Teil der Strecke entsprach, die sein Sohn zuvor absolviert hatte. „Allerdings ohne Mongolei und Baikalsee.“ Visa, Versicherungen, Reiseführer und Karten, Zelt, Klappspaten, Reifenflickzeug, Wasser- und Dieselkanister, Navigationssysteme auf dem Smartphone – das alles hatte der 63-Jährige schließlich bis Ostermontag 2017 zusammengetragen. Am 16. April setzte er sich morgens in Ittenbach in den 15 Jahre alten Land Cruiser, der seinen Sohn bereits bis in die Mongolei gebracht hatte, und fuhr los.

Nach Budapest ging es am ersten Tag, „und bis Passau hat es ununterbrochen geregnet“, erinnert er sich. Vorfreude habe er empfunden, ein wenig Aufregung vielleicht, aber an keiner Stelle Furcht vor dem Ungewissen. „Die Freude, Neues zu entdecken, stand im Vordergrund.“ Über Serbien, Bulgarien, die Türkei und Georgien ging es nach Aserbaidschan und Armenien bis in den Iran, ein Land, das Schuler zutiefst beeindruckt hat. 29 Tage ist Schuler, zeitweise begleitet von seiner Frau, 6800 Kilometer durch den Iran gereist, teils bei Temperaturen von bis zu 47 Grad.

Viele Erinnerungen

„Ich habe selten Menschen erlebt, die so herzlich und gastfreundlich sind“, sagt Schuler. Isfahan und Persepolis im Süden gehörten zu den beeindruckendsten Städten, die er auf seiner Reise gesehen hat. Ein Sandsturm und die Begegnung mit einem Tankstellenbesitzer im iranischen Kurdistan, der dem Deutschen bei Rotwein aus der Colaflasche seine leidvolle Lebensgeschichte erzählte, sind ihm gleichfalls nachhaltig in Erinnerung geblieben.

Über Turkmenistan, Usbekistan, Tadschikistan, Kirgisistan erreichte der Ittenbacher Mitte August in Kasachstan den östlichsten Punkt seiner Reise. Da lagen atemberaubende Gebirgswelten, menschenleere Passstraßen und nicht immer unkritische Begegnungen mit Grenzbeamten hinter ihm. Wirklich brenzlig sei es nie geworden. „Die größte Gefahr in diesen Ländern ist der Straßenverkehr.“

Verständigt habe er sich mit Englisch, Händen und Füßen. Und nie sei er ohne einen Vorrat an Cola und Nüssen zur nächsten Etappe gestartet. Selbst sein Auto habe ihn praktisch nie im Stich gelassen. „Die Handbremse hat sich Mitte der Reise verabschiedet, mehr war nicht.“

Nächstes Ziel Südafrika?

Über Russland, das Baltikum und Polen fuhr Schuler zurück. „Als ich beim Überqueren der Grenze von Russland nach Estland erstmals wieder die EU-Flagge sah, hatte ich Heimatgefühle“, sagt er. Das dürfte sich verstärkt haben, als er vor der letzten Etappe einen Stopp in Berlin einlegte und beinahe ein Knöllchen wegen eines zu spät gelösten Parkscheins bekommen hätte. Am 24. September, um 15.50 Uhr, fuhr Schuler wieder in Ittenbach vor. Und gab seine Stimme ab: Es war der Wahlsonntag.

„Ich könnte morgen wieder los“, sagt Schuler und rückt noch einmal die Brille zurecht. Seiner Frau habe er allerdings versprochen, derartige Reisen vorerst nicht mehr anzutreten. Pläne hat er dennoch: Südamerika, vielleicht. Oder Australien und Neuseeland. „Nachts“, sagt er, „wenn ich nicht schlafen kann, gehe ich schon mal in Gedanken auf Reisen.“

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