Interview mit Felix Pieper "Ja, ein bisschen hoffe ich noch"

SIEBENGEBIRGE · Manchmal wünscht sich Winzer Felix Pieper, die Mayas hätten Recht behalten und die Welt wäre im Dezember 2012 untergegangen. Und ein bisschen fühlt es sich auch so an, nachdem ein großer Teil der Weinberge der Familie wegen Steinschlaggefahr gesperrt ist. Über die Folgen spricht er im Interview.

Wenn die Winzerwelt am Drachenfels in Ordnung wäre, was würden Sie dann jetzt gerade machen?
Felix Pieper: Wir würden die oberen Triebe einkürzen, damit der Weinstock nicht zu viel Energie in die Blätter steckt und ausreichend Licht und Luft an die Trauben kommen. Aber natürlich sähen die Weinberge auch nicht so aus, wie sie jetzt aussehen - so zugewuchert. Außerdem müssten wir in der obersten Lage, wo wir unseren Riesling Selection anbauen, Trauben rausschneiden, damit die übrigen mehr Power bekommen.

Was machen Sie denn mit Ihrer erzwungenen Freizeit?
Pieper: Wir füllen die Weine von 2012 ab. Außerdem gibt es viel im Restaurant zu tun. Noch haben wir Wein, den wir verkaufen können. Und wir bereiten den Keller für die Lese vor, grundreinigen ihn.

Das klingt, als hätten Sie noch Hoffnung....
Pieper: Naja, ein bisschen etwas können wir ja lesen. Und ja, ein bisschen hoffe ich noch, dass eine Lösung gefunden wird.

Was gibt der Zeitrahmen denn noch her? Wann ist der Wein 2013 endgültig verloren?
Pieper: Das lässt sich nicht genau festmachen und hängt auch vom Wetter ab. Bisher ist das Wetter - gerade rückblickend - unser bester Verbündeter. Das kalte Frühjahr hat dafür gesorgt, dass die Trauben nicht so kompakt sind und sich daher Krankheiten nicht so leicht ausbreiten. Auch das derzeitige Wetter ist gut, es gibt weniger Pilzbefall. Insgesamt sind wir gegenüber dem Mittel acht bis zehn Tage hinterher, dafür bin ich nicht undankbar. Aber normalerweise würden wir übernächste Woche für den Federweißen anfangen. Das wird wohl nichts. Bis Ende Oktober jedenfalls müsste die Lösung stehen.

Was heißt das für Ihre Mitarbeiter und Sie?
Pieper: Das hängt davon ab, wie es weitergeht. Wenn eine langfristige Lösung gefunden und im Herbst begonnen wird und wir im Frühjahr wieder arbeiten können, werden wir unsere sechs Festangestellten natürlich behalten - das wollen wir unbedingt. Aber wenn das Problem sich noch länger hinzieht...

Bringen Sie trotzdem Verständnis für das Vorgehen des Arbeitsschutzes auf?
Pieper: Wir haben schon immer in den Weinbergen gearbeitet, wir haben mit dem Risiko gelebt. Aber ja, ich verstehe die Arbeitsschützer auch. Die machen auch nur ihren Job. Das ist wie beim TÜV. Was mich ärgert, ist, dass so lange gewartet wurde.

Das hat Sie am meisten gefuchst?
Pieper: Ja, dass nichts passiert ist. Natürlich gibt es Gesetze, die die durchsetzen müssen. Aber das hier ist ein schwieriges Thema, das vielleicht auch etwas anders liegt als bei den Fällen, mit denen die sonst zu tun haben. Da hätte ich mir, sagen wir mal, mehr Sensibilität gewünscht.

Ausblick: Was bedeutet es, wenn Sie auch im Frühjahr nicht in den Weinberg können?
Pieper: Wenn wir im Frühjahr nicht in den Weinberg können, dann werden die jetzt schon langen Triebe weiter wuchern, dann wächst das Ganze zu einer Masse zusammen. Das wird dann ein riesiger Infektionsherd. Und die Reben gehen dann zügig kaputt.

Mit welcher Konsequenz?
Pieper: Wir müssten alle Stöcke rausreißen - womit es keinen Erosionsschutz mehr gäbe: ein Unwetter, und der Hang rutscht auf die B 42. Natürlich kann man neue Reben pflanzen. Aber es dauert Ewigkeiten, bis die neuen so viel tragen. Und es ist nicht nur eine Frage der Quantität: Die jetzigen Rebstöcke sind 30 bis 35 Jahre alt, sie haben tief gewurzelt und ziehen alles an Mineralien aus dem Boden. Da geht Qualität verloren.

Was erhoffen Sie sich von dem Termin am Dienstag, wo die Sachverständigen beider Seiten miteinander reden wollen?
Pieper: Nägel mit Köpfen. Für eine kurzfristige Lösung.

Und dann?
Pieper: Wir versuchen, dass Thema derzeit auch beim Land zu platzieren. Denn klar ist: Die kurzfristige Lösung muss nahtlos in eine langfristige, dauerhafte übergehen. Ich hoffe, dass die tolle Unterstützung durch die Bevölkerung da etwas bewirkt. Und ich bin froh, dass uns die Stadt Königswinter direkt finanzielle Unterstützung zugesagt hat.

Zur Person

Felix Pieper ist 30 Jahre alt. Nach dem Abitur nahm sich der gebürtige Königswinterer und Winzersohn zunächst eine Auszeit, "um festzustellen, was mir so gefallen könnte". Allerdings habe er dann relativ schnell festgestellt, dass er sich im elterlichen Betrieb engagieren wollte. Nach einem Praktikum bei Ahr-Winzer Adeneuer begann er sein Studium an der renommierten Weinfachschule Geisenheim.

Nach dem Studium arbeitete der Diplom-Weinbauingenieur unter anderem zwei Herbste in Neuseeland, um einmal eine "andere Dimension" von Weinanbau zu erleben. "Aber dort", sagt Felix Pieper und muss sogar schmunzeln, "gab es keine Felsen".

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