Kinderhilfe Otjiwarongo Wie ein kleiner Verein aus Oberpleis Großes in Namibia bewirkt
Oberpleis · Wie ein kleiner Verein Großes bewirken kann, stellt der Oberpleiser Verein „Hilfe für bedürftige Kinder in Otjiwarongo“ eindrucksvoll unter Beweis. Nach einer touristischen Reise in das südafrikanische Land ist die Idee zu dessen Gründung geboren.
Erst kam die Dürre, dann Corona und 2021 der Ukraine-Krieg, dessen wirtschaftliche Auswirkungen auch in Namibia spürbar sind – das alles macht die Situation für viele Menschen und vor allem für die Kinder in dem südafrikanischen Land immer hoffnungsloser. „Es reiht sich eine Katastrophe an die andere. Die Lage ist jetzt noch viel schlimmer, als sie schon vor Corona war“, berichtet Anja Vollmar aus Oberpleis. Vor 14 Jahren hat ihre Familie die „Hilfe für bedürftige Kinder in Otjiwarongo“ gegründet, die sich seitdem um die Schwächsten der Schwachen in der Region Otjiwarongo, einer 28.000 Einwohner-Stadt nördlich der namibischen Hauptstadt Windhoek, kümmert.
Aktuell führen drastische Preissteigerungen dazu, dass es für viele nicht mal mehr für das tägliche Schälchen „Maispap“ reicht. „Alles ist viel teurer geworden, ganz gleich ob Lebensmittel oder Hygieneartikel“, berichtet sie. Die Folge: „Immer mehr Menschen hungern.“ Bei einer Benefiz-Veranstaltungen am Sonntag, 19. März, in Bad Honnef möchte sich der gemeinnützige Verein nicht nur der Öffentlichkeit vorstellen, sondern hofft auch, dringend notwenige Spenden für die Fortführung seiner Arbeit sammeln zu können.
Tatsächlich haben 30 Prozent der Bevölkerung in Namibia laut eines Berichts des Globalen Netzwerks gegen Ernährungskrisen nicht genügend zu essen. Die Zahl der vom Hunger betroffenen Menschen hat sich von 441 000 Anfang 2021 binnen eines Jahres auf 750 000 erhöht. 2021 wurde Namibia daher erstmals als „Land mit einer größeren Ernährungskrise“ eingestuft. Auch die Lebensbedingungen der Menschen sind schlecht: Mehr als jede vierte Behausung in Namibia ist aus Wellblech hergestellt, nahezu die Hälfte aller Haushalte hat keine Stromversorgung und auch keine Toilette.
Der kleine Verein aus Oberpleis hilft, wo er kann: rund 1000 bedürftige Kinder werden jedes Jahr nicht nur mit Lebensmitteln versorgt, sondern auch mit Schulmaterialien, Kleidung und Hygieneartikeln. „Wir möchten Kindern die Chance auf ein besseres Leben geben“, sagt Anja Vollmar. „Otjiwarongo“ bedeutet eigentlich so viel wie „Schöner Platz der fetten Rinder“, doch der Name täuscht: Dürren haben ein ausgezehrtes Land zurückgelassen. Fette Rinder gibt es her seit langem nicht mehr, stattdessen Siedlungen aus Wellblechhütten. Und die Perspektive für die Menschen auf ein besseres Leben ist gleich Null, denn auch Arbeit gibt es viel zu wenig.
Viele Menschen in Namibia suchen nach der Pandemie einen Job
Während der Pandemie mussten zudem viele Lodges und Hotels schließen und haben ihr Personal entlassen. Auch Tourguides, Parkplatzwächter oder Souvenierverkäufer hatten von jetzt auf gleich kein Einkommen mehr. „Jetzt ist Corona zwar vorbei, aber man weiß noch nicht, wie sich der Tourismus entwickelt“, so Vollmar. Durch die Preissteigerungen überall auf der Welt würden sich viele Reisegäste überlegen, eine Fernreise anzutreten.
Leidtragende sind wie so oft die Kinder: Sie sind nicht selten Halbwaisen oder Waisen, häufig auch an Aids erkrankt. Eine Chance auf eine Zukunft haben sie, wenn überhaupt, über eine gute Schulbildung. „Motivation ist mehr als genug vorhanden, doch leider bietet das System oft nur schlechte Chancen für Kinder ärmster Familien, da sie die Kosten für Uniformen und Schulmaterial nicht aufbringen können“, berichtet Vollmar.
Die Kinderhilfe arbeitet vor Ort mit der deutschen Sozialpädagogin Petra Schauenburg zusammen. Sie kauft immer zum Schuljahresbeginn im Januar mit den Spendengeldern aus Deutschland Schulsachen für die Kinder ein, da eine Teilnahme am Unterricht sonst nicht möglich ist. In diesem Jahr kämpft auch der Verein mit den gestiegenen Preisen. Es konnte längst nicht so viel Material beschafft werden, wie eigentlich gebraucht wird. „Unsere Lager sind schon wieder leer. Es sind so viele Kinder gekommen. Und wir bekommen immer noch Anrufe.“
Viel Not und Elend hat Vollmar, die regelmäßig auf eigene Kosten nach Otjiwarongo reist, schon gesehen: Babys mit starken Untergewicht, Kinder mit Verbrennung, wie sie durch offenes Feuer schnell entstehen, ausgezehrte Mütter, die keine Milch für ihre Säuglinge mehr haben. Wer auch immer in Not an die Türe klopft, dem versucht der Verein schnell und unbürokratisch zu helfen.
Gegründet wurde die Kinderhilfe 2009 von Vollmars Eltern in Folge einer Namibia-Reise. Über den Reiseleiter hatten sie damals Schauenburg kennengelernt, der als Leiterin des „Drug Counselling & Informationscenters“ in Otjiwarongo die Sorgen, Nöte und Bedürfnisse der Menschen bestens bekannt sind. Zunächst übernahm die Familie aus Oberpleis Patenschaften für bedürftige Kinder in Otjiwarongo, „aber nach zwei Jahren dachten wir uns, dass wir mit einem Verein noch besser helfen können“. Vollmar verbürgt sich dafür, dass „jeder gespendete Euro kommt zu 100 Prozent den bedürftigen Kindern zu Gute“ kommt.
Sie ist stolz darauf, dass der kleine Verein so viel Gutes bewirken kann. So finanziert die Kinderhilfe beispielsweise auch das „Milchmäuse-Programm“, durch das Mütter, die ihre Babys nicht stillen können, mit Milchpulver versorgt werden. 50 Familien werden zudem als Teil des „Notversorgungs-Porridge-Programms“ mit Maismehl, Öl und Zucker versorgt. Für eine Spende von zehn Euro kann der Verein dazu beitragen, dass eine Familie einen Monat lang nicht mehr hungern muss.