Familienberatungsstelle wechselt ins Provisorium Pandemie belastet immer mehr Familien im Siebengebirge

Königswinter/Bad Honnef · Die Familien- und Erziehungsberatungsstelle der Städte Bad Honnef und Königswinter legt ihren Jahresbericht vor.

 Das neue Provisorium der Familienberatungsstelle nehmen (v. l.) Carina Bierbrauer, Jürgen Scheidle, Cornelia Glagla, Tatjana Luberg, Christine Schulz und Andrea Kemp in Augenschein. Anfang Juli ist der Umzug.

Das neue Provisorium der Familienberatungsstelle nehmen (v. l.) Carina Bierbrauer, Jürgen Scheidle, Cornelia Glagla, Tatjana Luberg, Christine Schulz und Andrea Kemp in Augenschein. Anfang Juli ist der Umzug.

Foto: Stadt Königswinter

Mit Beginn der Sommerferien zieht die interkommunale Familien- und Erziehungsberatungsstelle der Städte Bad Honnef und Königswinter (FEB) vorübergehend in sieben Bürocontainer auf den Parkplatz direkt gegenüber der Beratungsstelle in der Schützenstraße 4 in Königswinter-Tal. In dieser Zeit wird in den bisherigen Räumen an einer Verbesserung des Schallschutzes gearbeitet. „Wir freuen uns, dass der Vermieter diese Maßnahme nun umsetzt, da wir den bis dato unbefriedigenden Zustand bereits seit unserem Umzug vor zweieinhalb Jahren bemängelt haben“, berichtet Jürgen Scheidle, Leiter der FEB.

Anfang Juli bezieht das Team der FEB die neuen Container. Die gute Nachricht, so Scheidle: Für Kinder, Jugendliche und Familien ändert sich in dieser Zeit nichts. Telefonnummer, Mailadresse sowie das Beratungsangebot bleiben bestehen. Lediglich an den Tagen des Umzuges kann es zu Einschränkungen der Erreichbarkeit kommen. Mitte August 2021 soll es zurück in die renovierten Räume gehen.

Indes geht aus dem Jahresbericht 2020 der FEB hervor, dass Familien durch die Corona-Krise immer häufiger erhebliche psychosoziale Belastungssituationen erleben. Bei Eltern wie auch bei Kindern und Jugendlichen würden sich zunehmend Anzeichen psychischer Störungsbilder vermehren, die teilweise auch auf einen therapeutischen Behandlungsbedarf hinweisen, heißt in dem jetzt vorgelegten Bericht. Immer häufiger seien familiäre Konfliktsituationen als Auswirkung der anhaltenden Krise, insbesondere des langen Lockdowns bei Job, Schule und Kita identifizierbar. Bei vielen Eltern führt das dazu, dass es auch in der Partnerschaft kriselt. Darüber hinaus machen sich Mütter und Väter erhebliche Sorgen um die gute und gesunde Entwicklung ihrer Kinder.

„Run“ auf Familienberatungsstelle blieb im ersten Lockdown aus

Während des ersten Lockdown waren allerdings der zunächst erwartete und befürchtete „Run“ von „überforderten Eltern“ sowie eine Zunahme von gemeldeten Fällen häuslicher Gewalt ausgeblieben. „Viele Familien mussten sich in der ersten Corona-Welle zunächst einmal selbst und den neuen Alltag organisieren“, heißt es im Bericht. Nicht wenige seien offensichtlich sogar erfreut über mehr „Familienzeit“ gewesen – zumindest in den ersten Wochen.

Nach den Sommerferien sind die Fallzahlen in der FEB bis einschließlich November dann nämlich spürbar, um circa 19 Prozent, im Vergleich zum Vorjahr, angestiegen. Die Gesamtzahl der Beratungsfälle liegt über das ganze Jahr gesehen mit insgesamt 387 dennoch niedriger als im Vorjahr, 2019 waren es 473 gewesen. Entsprechend dem Trend in den Herbst- und Wintermonaten ging es auch im ersten Quartal dieses Jahres mit der Anzahl der Anmeldungen Ratsuchender leicht aufwärts.

Krisensituation belastet Jugendliche sehr

Die FEB verzeichnete zum Ende des Jahres 2020 einen Anstieg an pubertierenden Jugendlichen mit deutlichen Anzeichen einer individuellen Krisensituation: Antriebsschwierigkeiten, depressive Verstimmungen, Schul- und Lernschwierigkeiten. Zudem traf die aktuelle Krise Familien, Väter, Mütter, Kinder und Jugendliche, die ohnehin belastet sind oder waren, wesentlich härter und existenzieller als Menschen in psychosozial und wirtschaftlich stabileren Familiensystemen.

Deutlich zugenommen hat 2020 die Anzahl der Beratungen bei Verdachtsfällen einer möglichen Kindeswohlgefährdung: Sie ist um mehr als 50 Prozent gestiegen. Wurden in den zurückliegenden Jahren durchschnittlich 26 Ratsuchende, die beruflich oder ehrenamtlich im Kontakt mit Kindern und Jugendlichen standen, verzeichnet, waren es 2020 schon 40. „Eine Tendenz, die sich mittlerweile auch im ersten Quartal 2021 abbildet“, heißt es in dem Bericht.

Auch auf die alltägliche Arbeit der Mitarbeiter der FEB hatte die Pandemie Auswirkungen: Statt Angebote und Sprechstunden in den Familienzentren wurden als Elternratgeber YouTube-Videos zu Themen wie Homeoffice und Kinderbetreuung, Familienorganisation und Mediennutzung produziert. Anstatt zu Familiengesprächen in den Einrichtungen lud die FEB in Kooperation mit Familienzentren Eltern zu Online-Cafés ein, aus Gesprächen von Angesicht zu Angesicht wurden vermehrt Telefon- und Videoberatungen. Bereits unmittelbar zum ersten Lockdown ging eine Homepage der FEB mit Elterntipps online – mit vielen Rubriken und Wissenswertem rund um das Zusammenleben als Familie in Pandemiezeiten.

Für Fragen steht der Leiter der FEB, Jürgen Scheidle, zur Verfügung. Familien- und Erziehungsberatungsstelle der Städte Bad Honnef und Königswinter, Schützenstraße 4, Königswinter, ☏ 0 22 23/29 86-53 60, E-Mail: feb@koenigswinter.de.

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