Kommunalwahl 2020 Die Stadtentwicklung ist auch in Königswinter ein großes Thema

Analyse | Königswinter · Öffentlich geförderter Wohnraum ist in Königswinter knapp, bezahlbare Wohnungen sind Mangelware. Das liegt vor allem am fehlenden Bauland. Doch auch auf die Attraktivität der Innenstadt für den Tourismus müssen die Stadtplaner schauen.

 Zeitgemäße Ladenlokale gibt es in der Königswinterer Altstadt ebenso wie leer stehende Häuser, an denen die Fassade bröckelt.

Zeitgemäße Ladenlokale gibt es in der Königswinterer Altstadt ebenso wie leer stehende Häuser, an denen die Fassade bröckelt.

Foto: Frank Homann

Das Problem „Stadtgarten“ scheint zur allseitigen Zufriedenheit gelöst – Spielplatz und alte Bäume bleiben, neue bezahlbare und auch geförderte Wohnungen entstehen dennoch. Die Diskussion um das Projekt zeigt deutlich ein Dilemma, in dem sich die Stadtplanung in Königswinter befindet. Öffentlich geförderter Wohnraum ist knapp, bezahlbare Wohnungen sind Mangelware. 4700 Bewerbungen für 65 Wohnungen erreichten den Vermarkter des jüngst fertiggestellten Paul-Carré in Niederdollendorf via Internet.

Auch bei der Königswinterer Wirtschafts- und Wohnungsbaufördergesellschaft (WWG) fragen zunehmend mehr Menschen nach Wohnungen. Waren es 2019 insgesamt 280, erreichten die WWG bereits im ersten Halbjahr 2020 186 Anfragen. „Wir brauchen dringend mehr bezahlbare Wohnungen“, sagt Geschäftsführer Andreas Pätz.

Das Problem liegt dabei nicht am fehlenden guten Willen der Politik, sondern im fehlenden Bauland. Nach Ansicht von Pätz lässt sich dieses Problem nur gemeinsam mit den anderen Kreiskommunen und der Stadt Bonn lösen – in diesem Zusammenhang verweist er auf das Projekt Neila (Nachhaltige Entwicklung durch Interkommunales Landmanagement). Gefördert vom Bund und unterstützt von der TU Dortmund sollen in der Region nicht nur der Bedarf an Grundstücken ermittelt, sondern auch die entsprechenden Flächen identifiziert werden. Die Kommunalpolitik vor Ort setzt in erster Linie auf das Schließen von Baulücken – die sogenannte Nachverdichtung. Das viel diskutierte Stadtgarten-Projekt ist eine solche Nachverdichtung.

Weitere Wohnungen sollen im ehemaligen Hotel Loreley und auf dem Zera-Gelände entstehen. „Auch wenn da noch nichts zu sehen ist, da tut sich was“, sagt Pätz zum Hotel Loreley. Vermarktung und Neugestaltung des Geländes, auf dem die Zera beheimatet war, die im vergangenen Jahr mit ihren Mitarbeitern aus der Altstadt nach Oberpleis umgezogen ist, ist ebenso dringend.

„Die Zera-Mitarbeiter fehlen der Altstadt“, macht Andreas Pätz die enge Verzahnung von Wohnen, Arbeiten und Einzelhandel am Beispiel deutlich. „Wenn wir beispielsweise eine Arztpraxis ansiedeln wollen, müssen wir dafür sorgen, dass auch die Arzthelferin hier eine bezahlbare Wohnung findet“, umreißt er.

Die Besonderheit in Königswinter: Die Stadt muss nicht nur für die Königswinterer attraktiv sein. Über die Straßen der Altstadt flanieren nicht nur Einheimische, sondern vor allem Touristen, in erster Linie aus Deutschland in diesem Jahr, aus aller Welt in den Jahren vorher. Viel zu lange hat sich die Stadt auf dem touristischen Hochbetrieb der 70er Jahre ausgeruht. Die Entwicklung nun nachzuholen, ist mühsam, aber sichtbar in Angriff genommen.

Gab es in der Altstadt 2016 noch 23 leere Ladenlokale, stehen inzwischen nur noch acht Geschäfte leer, berichtet der WWG-Chef. Er befürchtet aber, dass infolge der Corona-Pandemie zwei oder drei Geschäfte bis zum Ende des Jahres den Betrieb einstellen müssen. Derzeit präsentiert sich die Altstadt als bunte Mischung von hübschen kleinen Geschäften mit teilweise außergewöhnlichem Sortiment auf der einen Seite, und Häusern und Geschäften, die aus der Zeit gefallen wirken, auf der anderen Seite. Und mit einem Mahnmal am Eingang zur Altstadt vom Rhein aus: Das Café Europa, verkauft an einen Investor, ist nach Auseinandersetzungen mit der Stadt nun eine ruhende Dauerbaustelle.

Den Einzelhandel in der Altstadt zeitgemäß und nach den Bedürfnissen von Touristen und Einheimischen gleichermaßen neu zu gestalten, ist mit einigen Herausforderungen verbunden. Eine davon ist die Größe der Geschäfte: Mit durchschnittlich 54 Quadratmetern sind sie ausgesprochen klein und nicht für jede Nutzung geeignet. Eine weitere sind die Verhandlungen mit den derzeitigen Eigentümern. Die seien zwar meist bereit, ihre Häuser zu verkaufen, „aber sie haben oft sehr unrealistische Preisvorstellungen“, beschreibt Pätz.

In Angriff genommen ist auch ein zentraler Knotenpunkt: die Rheinallee soll in Zukunft die Stadt weiter zum Rhein hin öffnen. Die Stadt will für die Umgestaltung einen Wettbewerb ausschreiben. Eine Agentur wird den Wettbewerb organisieren und überwachen: Am Rhein soll es auch weiter so schön bleiben, wie in alten Weinlieder besungen.

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