Kritik an Vorgehen Der Steinbrecher in Pleiserhohn wurde abgerissen

Pleiserhohn · Nach wiederholtem Vandalismus ließ der Kreis das Bauwerk in Pleiserhohn abreißen. Pleiserhohner kritisieren das Vorgehen und die fehlende Kommunikation im Vorfeld.

 Kein Stein steht mehr auf dem anderen: Am Mittwochvormittag rollten die Bagger am Steinbrecher in Pleiserhohn vor.

Kein Stein steht mehr auf dem anderen: Am Mittwochvormittag rollten die Bagger am Steinbrecher in Pleiserhohn vor.

Foto: Frank Homann

Nun ist der Steinbrecher selbst abgebrochen worden. Gestern rückten die Bagger an: Der Rhein-Sieg-Kreis ließ das etwa 150 Jahre alte Überbleibsel einstiger Steinbruchtätigkeit bei Pleiserhohn abreißen. Bemühungen, dieses Bauwerk unter historischen Aspekten als Mahnmal des Zweiten Weltkrieges zu erhalten, wurden damit zunichte gemacht. „Ich bin entsetzt über die Art, wie hier Fakten geschaffen wurden“, sagte Jonathan Schreyer dem General-Anzeiger. Der Pleiserhohner hatte im März mit Bürgern seines Heimatortes die Initiative „Brechi bleibt“ gestartet, nachdem die Abrisspläne bekannt wurden und der Königswinterer Hauptausschuss beim Kreis einen Aufschub erreicht hatte, um die historische Bedeutung des Steinbrechers zu klären.

In einer Pressemitteilung hatte der Kreis am Mittwochmorgen über den Abriss informiert: „Der Rhein-Sieg-Kreis wird heute die Reste des ehemaligen Steinbrechers in Königswinter-Pleiserhohn abreißen lassen. Der Kreis hatte das Gelände, auf dem das Gebäude stand, für sein Naturschutzprojekt ‚chance7‘ und dessen Arbeiten am nahegelegenen Eisbach gekauft. Der Kreis kann als Grundeigentümer keine gefährlichen und nicht verkehrssicheren Bauruinen für die Allgemeinheit zugänglich halten. Die Zwischenlösung, mit der wir abwarten wollten, ob sich andere Interessenten melden, wurde durch den Vandalismus unmöglich gemacht.“ Christoph Schwarz war bereits Ende vergangener Woche deutlich geworden: „Zweimal wurde der Schutzzaun rund um den Steinbrecher systematisch komplett und mutwillig zerstört, zuletzt am ersten Mai-Wochenende. So können wir das nicht lassen“, hatte der Kreis-Umweltdezernent betont.

Abrissarbeiten für März geplant

Bereits Mitte März sollte der Steinbrecher, der für das Naturprojekt keine Rolle spielt, abgerissen werden. Bäume waren abgeholzt worden, was die Bewohner der umliegenden Ortschaften erzürnte. Sie riefen die Initiative „Brechi bleibt“ ins Leben, demonstrierten und brachten Banner an. 300 Unterschriften kamen in kurzer Zeit zusammen. Das Thema beschäftigte auch die Königswinterer Politik. Der Hauptausschuss forderte, den Abriss auf Eis zu legen – eine Mehrheit folgte dem Dringlichkeitsantrag von CDU und Königswinterer Wählerinitiative (Köwi). Die Bitte der Fraktionen: eine Prüfung der historischen Bedeutung des Steinbrechers vorzunehmen, der Einschüsse aus den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs im Siebengebirgs aufweist, um ihn gegebenenfalls als Mahnmal zu erhalten.

Das Naturschutzprojekt „chance7“ möchte durch Erhalt und Optimierung des Bachtals und seiner begleitenden Ufergehölze, Feuchtwälder und Grünlandflächen Lebensräume für gefährdete Tier- und Pflanzenarten schaffen. Bewohner von Pleiserhohn jedoch waren empört, dass ohne ihr Wissen Bäume gefällt wurden und der Brecher zur Disposition stand. Zahlreiche Löcher von Panzergranaten waren in dem Gemäuer zu entdecken. Beim Vorrücken der Amerikaner nach der Überquerung der Brücke von Remagen am 7. März 1945 stießen die US-Soldaten auf Widerstand von Resten der deutschen Wehrmacht – auch in Pleiserhohn und den Dörfern der Umgebung.

Die Einschusslöcher am Steinbrecher waren Zeugen der Kämpfe. Das bestätigte Andrew B. Denison, der seit 25 Jahren in Pleiserhohn lebt. Der Politikwissenschaftler und Direktor von Transatlantik Network Königswinter betrachtete diese von Kanonenfeuer durchschossenen Wände des Pleiserhohner Steinbrechers als Testament eines Krieges und als Warnung vor dessen Wiederkehr. „Diese alten Wände stehen an einem Ort, wo der Verlauf des Zweiten Weltkrieges von größter Bedeutung war“, sagte er. „Sie zeigen wie sonst nirgendwo auf den vielen damaligen Schlachtfeldern des Brückenkopfes, welche gewaltige Einwirkungskraft die Geschosse ausüben konnten.“ Schon lange sähen die Bewohner der umliegenden Dörfer die Ruine als ein Mahnmal gegen den Krieg. „Wir könnten den Steinbrecher herausparzellieren“, hatte Schwarz gesagt. Auf sein Angebot im Ausschuss, den Brecher für den symbolischen Preis von einem Euro zu erwerben, habe er allerdings keine Reaktion erhalten.

„Der Brecher ist einfach eine Ruine“

Und: „Auch wenn das Gebäude zum Ende des Zweiten Weltkriegs zu einem Zielobjekt der Alliierten wurde, ließ sich eine nennenswerte historische Bedeutung daraus nicht ableiten. Das waren normale Kampfhandlungen. Der Brecher ist einfach eine Ruine, deren Reste gefährlich in der Gegend herumstehen. Die Zerstörer des Zauns haben sich einen Bärendienst erwiesen.“

Diesen Vandalismus lehnt auch Schreyer ab. „Ich weiß nicht, mit welcher Intention diese Absicherung beschädigt wurde“, sagte er. Durch Corona sei er in den letzten Wochen beruflich stark angespannt gewesen. Aber dennoch habe er Kontakt mit dem „chance7“-Projektleiter Christoph Rothenwöhrer gehabt. „Unsere Absprache war, ein Tüv-Gutachten zur Verkehrssicherung zu beauftragen.“ Auch ein Denkmalschutzgutachten habe noch ausgestanden. „Ich sollte kontaktiert werden, wenn das vorliegt.“

Dass zeitgleich zur Meldung des Kreises die Bagger rollen, ist für ihn unverständlich und enttäuschend. „Wie sollen so die Bürger motiviert werden, bei den ,chance7‘-Maßnahmen, die ich nicht ablehne, mitzuwirken?“, fragt sich Schreyer. So hatte Kreissprecherin Rita Lorenz in der Meldung betont: „Ich würde mich freuen, wenn sich die Pleiserhohner bei der Neugestaltung des Areals mit einbringen, um die Gegend um den Eisbach weiterhin erlebbar zu halten. Wir bleiben weiter gesprächsbereit.“

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