Angebot im Siebengebirgsmuseum Auf den Spuren besonderer Frauen in Königswinter

Königswinter · Besondere Frauen, die die Geschichte der Stadt prägten, gab es auch im 19. und frühen 20. Jahrhundert in Königswinter. Was sie machten und wer sie waren.

Schon 1852 wurde die erste Schule für Höhere Töchter gegründet - die Stühle mussten die Schülerinnen allerdings mitbringen.

Schon 1852 wurde die erste Schule für Höhere Töchter gegründet - die Stühle mussten die Schülerinnen allerdings mitbringen.

Foto: Iris Zumbusch

Eines haben sie alle gemeinsam: In der Beschreibung der Königswinterer Stadtgeschichte nehmen Frauen - wie andernorts auch - einen nicht allzu großen Raum ein. Der Blick auf die städtischen Straßennamen mag das spiegeln. Viele Straßen sind nach bekannten Männern benannt. Straßen, die das Wirken der Frauen würdigen, lassen sich an einer Hand abzählen. Die Zahl der Frauen, die sich in Königswinter um das Wohl der Stadt verdient gemacht haben, überschreitet die Anzahl der weiblichen Straßennamen allerdings deutlich. Denn auch anno dazumal haben Frauen in der Gesellschaft viel bewegt, auch wenn das Korsett aus Konventionen es ihnen nicht immer leicht gemacht hat.

In der Reihe „Kostprobe unterwegs“, einer mehrmals jährlich vom Siebengebirgsmuseum veranstalteten Stadtführung zu Schwerpunktthemen, ging es diesmal um „Witwen, Hausmädchen, höhere Töchter - auf den Spuren der Frauen in Königswinter“. So sei diese „Kostprobe“ im Zusammenhang mit dem Weltfrauentag im März zu sehen, der an den Kampf der Frauen um Befreiung aus gesellschaftlichen Zwängen und um politische, rechtliche und gesellschaftliche Gleichberechtigung erinnere, erklärte Angelika Kolsdorf-Krause, Mitarbeiterin des Museums und Stadtführerin der Frauentour. Rund 20 Frauen waren zum Museum gekommen, um von dort zu einem Rundgang durch die Altstadt zu starten und mehr über die Geschichte der historischen Frauenschicksale zu erfahren.

Bild der Frau im 19. Jahrhundert bestätigte sich nicht immer

In der Badeanstalt der Witwe Johanna Reinarz waren Frauen unter sich.

In der Badeanstalt der Witwe Johanna Reinarz waren Frauen unter sich.

Foto: Repro: Iris Zumbusch

„Als ich begann, mich mit dem Thema der Frauen in Königswinter ungefähr bis zur Einführung des Frauenwahlrechts 1919 zu beschäftigen, hatte ich mehr oder weniger erwartet, dass mein Bild von Frauen im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts bestätigt werden würde: das der Frau als Hausfrau, Ehefrau und Mutter, die weitgehend hinter den Kulissen tätig war und in der Öffentlichkeit vor allem als wirtschaftlich selbstständig agierende Person kaum eine Rolle spielte“, so Kolsdorf-Krause. Doch zu ihrem Erstaunen sei sie bei der Recherche auf eine Reihe historischer Frauen gestoßen, die sehr wohl im Stande gewesen waren, auch wirtschaftlich auf eigenen Füßen zu stehen. „Die Frauen, von denen ich spreche, waren zwar im heutigen Sinne nicht emanzipiert, ihre beruflichen Tätigkeiten waren meistens aus der Not heraus geboren. Aber ihre Selbstständigkeit war beachtlich, gerade weil sie nicht dem Frauenideal des 19. Jahrhunderts entsprach.“

Da waren zunächst die Witwen, meist unsichtbare Schattenfrauen, verwitwet ohne weibliche Vornamen, sondern Witwen Peter, Josef, Paul plus Familienname. Wenn Frauen Witwen wurden, gab es nur wenig staatliche Unterstützung. Die hinterbliebenen Geschäfte oder Unternehmen übernahmen nicht selten die Witwen, zumindest bis die Söhne herangewachsen waren. Oder sie gründeten eigene Betriebe.

So übernahm etwa die 1854 die in Linz geborene Gertrud Lemmerz (1854 bis 1925) nach dem Tode ihres Mannes zunächst alleine die „Motorenfahrzeug-Fabrik-Drachenfels“. Sie machte unter „Peter Lemmerz Wwe“ Werbung für Produkte wie Nähmaschinen, Fahrräder, Motor-Zweiräder oder Motorwagen. Sie war damals 38 Jahre alt. Später führten die Söhne das Werk weiter. Die Firma erlangte als „Lemmerz-Werke“ Weltruhm, ein Verdienst, das ohne den Einsatz der Witwe nicht möglich gewesen wäre.

Angelika Kolsdorf-Krause (l.) berichtet in der Königswinterer Altstadt anhand von Beispielen über das Wirken starker Frauen früherer Jahrhunderte.

Angelika Kolsdorf-Krause (l.) berichtet in der Königswinterer Altstadt anhand von Beispielen über das Wirken starker Frauen früherer Jahrhunderte.

Foto: Iris Zumbusch

Badeanstalt der Witwe Johanna Reinarz

Ebenfalls als starke Unternehmerin erwies sich Peter Reinarz Wwe. Johanna Reinarz - ihre genauen Lebensdaten sind nicht bekannt - betrieb Ende des 19. Jahrhunderts eine schwimmende Badeanstalt für Frauen und Mädchen. Die Einrichtung war auf Flößen gebaut. Männer durften nur zweimal die Woche abends für je eine Stunde baden.

Vor Haus Bachem, heute Verwaltungssitz des Bürgermeisters, gab Kolsdorf-Krause Einblick in das Leben von Emma Bachem (1869 bis 1929), eine zutiefst konservative Frau, die es als „schönste Aufgabe“ empfand, dem Manne aufopfernde Lebensgefährtin zu sein. „Nebenbei“ war sie Vorsitzende des Elisabethvereins, richtete eine Suppenküche ein, gründete die Ortsgruppe des Vaterländischen Frauenvereins vom Roten Kreuz, sorgte für Lazarette in zahlreichen Gebäuden, so auch in der Turnhalle am Palastweiher, betreute ein Genesungsheim für Frauen auf Schloss Drachenburg und war zudem politisch überaus aktiv im Stadtrat, im Kreistag des Siegkreises sowie im Preußischen Landtag als Zentrumsmitglied. „Eine echte Powerfrau also“, merkte eine Teilnehmerin des Rundgangs an.

Großes soziales Engagement

Viele Frauen gründeten, um Geld dazu zu verdienen, kleine „Winkel“: Lädchen, oftmals nur hinter Fenstern, aus denen Kolonialwaren verkauft wurden, die „Winkelswar“. Zigarren für den Herrn, Kamelle für die Kinder und Besen, Bürsten, Schrubb- und Waschutensilien für die Frauen. Stellvertretend für so viele weitere Powerfrauen sei noch Catharina Uhrmacher (1881 bis 1954) genannt. Sie hatte gemeinsam mit ihrem Bruder den Druckereibetrieb Tillewein in der Altstadt gekauft. Sie wurde Journalistin, führte das „Echo des Siebengebirges“ viele Jahre und war als resolute „Fräulein Cathrinchen“ eine Institution.

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