Fehlerhafte Anordnungen Tempo-30-Zonen in Königswinter auf dem Prüfstand

Siebengebirge · In einigen Gemeinden und Städten des Rhein-Sieg-Kreises wie in Königswinter wurden Tempo-30-Zonen angeordnet - teilweise fehlerhaft. Diese sollen nun überprüft werden.

 Über eine Länge von rund 1700 Metern erstreckt sich die Tempo-30-Zone in Berghausen.

Über eine Länge von rund 1700 Metern erstreckt sich die Tempo-30-Zone in Berghausen.

Foto: Frank Homann

Fehlerhaft angeordnete Tempo-30-Zonen und verkehrsberuhigte Bereiche stehen in Königswinter wie in den anderen Städten und Gemeinden des Rhein-Sieg-Kreises ab sofort auf dem Prüfstand. Auch wenn noch offen ist, um welche Bereiche in welchen Ortschaften es sich in Königswinter handelt, ist davon auszugehen, dass es zahlreiche Änderungen oder sogar komplette Aufhebungen geben wird. Die Verwaltung hat bereits festgestellt, dass in einigen Fällen die rechtlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

In der Vergangenheit wurden in Königswinter wie in anderen Kommunen zahlreiche Tempo-30-Zonen oder Streckenverbote – das heißt eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer – oder auch verkehrsberuhigte Bereiche, in denen nur Schritttempo gefahren werden darf, angeordnet. Vorausgegangen waren meist Anträge von Bürgern oder Fraktionen, die dann anschließend auch von den Kommunalpolitikern beschlossen wurden. Dabei hat sich die Stadt bei der Umsetzung jedoch nicht immer an die vorgeschriebenen Rechtsgrundlagen und Voraussetzungen gehalten.

Ein solches Beispiel ist die Berghausener Straße. Auf ihrer gesamten Länge von 1700 Metern wurde die Hauptstraße durch Berghausen im Jahr 2013 als Tempo-30-Zone beschildert. Hinweistafeln hinter den beiden Ortsschildern und Markierungen auf der Fahrbahn weisen die Verkehrsteilnehmer darauf hin. Dabei hielt sich die Stadt jedoch nicht an die vorgeschriebenen Regeln (siehe Infokasten). So ist die Zone deutlich länger als ein Kilometer, und auch die Bebauung ist zum Teil lückenhaft. Die Straße wird zudem täglich von mehr als 2000 Fahrzeugen und einer Buslinie befahren.

Das fehlende „Zonenbewusstsein“ hat Konsequenzen: Verkehrsmessungen im Jahr 2016 ergaben, dass 15 Prozent der Verkehrsteilnehmer schneller als 51 Stundenkilometer fuhren, die restlichen 85 Prozent bis zu 51 Stundenkilometer schnell. Die Verwaltung stellte auch bereits im September 2018 fest, dass die rechtlichen Grundlagen für eine solche Zone in Berghausen nicht vorliegen. Der Bau- und Verkehrsausschuss bat damals darum, vor Aufhebung der Zone zu prüfen, ob durch die Anlegung von Parkständen eine Verkehrsberuhigung erreicht werden könnte. Der Planentwurf liegt seit September 2019 vor. Doch damals wurde der Tagesordnungspunkt vertagt und seitdem nicht erneut aufgerufen, sodass die Tempo-30-Zone in Berghausen weiter Bestand hat.

Landrat Sebastian Schuster hatte die Kommunen des Kreises im Sommer 2020 in zwei Schreiben darauf hingewiesen, dass sich Hinweise mehren würden, dass politische Räte oder Ausschüsse verkehrsrechtliche Entscheidungen träfen, für die sie nicht zuständig seien. Dies geschehe oft auch gegen anderslautende Beschlüsse nach Abstimmung mit den Fachbehörden und der Unfallkommission.

Diese Vorgehensweise sei nicht haltbar. Solche Entscheidungen seien laut Straßenverkehrsgesetz allein laufendes Geschäft der Verwaltung, denen eine rechtliche Bewertung zu Grunde liegen müsse. „Diese kann grundsätzlich nicht durch einen politischen Beschluss ersetzt werden. Daran ändern auch unzutreffende Hinweise in Fraktionsanträgen oder die Bezeichnung von Eingaben als Bürgerantrag nichts“, so der Landrat, der im Übrigen in Berghausen wohnt. Während die Zuständigkeit in den elf kreisangehörigen Städten im Rhein-Sieg-Kreis bei deren Straßenverkehrsbehörde liegt, ist das Straßenverkehrsamt des Kreises bei den acht kreisangehörigen Gemeinden in dieser Funktion tätig. 

Wegen vieler unbesetzter Stellen in der technischen Verwaltung hatte die Stadt Königswinter den Kreis zunächst um Aufschub gebeten, sieht sich jetzt aber wieder personell in der Lage, der Aufforderung Folge zu leisten. „Wir haben Jahrzehnte anders gehandelt und müssen nun von dieser Gewohnheit Abschied nehmen“, teilte der Technische Dezernent Theo Krämer den Mitgliedern des Bau- und Verkehrsausschusses mit. Die damit verbundenen Sorgen könne er zwar verstehen. „Wenn wir aber dazu aufgefordert werden, rechtswidrige Anordnungen zurückzunehmen, müssen und werden wir das tun“, sagte er.

Laut Krämer kann sich die Verwaltung allein aus Kapazitätsgründen nicht sofort um alle Tempo-30-Zonen, Streckenverbote oder verkehrsberuhigten Bereiche in Königswinter kümmern. „Wir werden zunächst die Fälle prüfen, für die Anträge vorliegen oder die bei Begehungen auffallen“, sagte er dem GA. „Dabei handelt es sich um eine sehr vielschichtige Angelegenheit, die uns in nächster Zeit sehr intensiv beschäftigen wird.“ Einige Beispiele sollen demnächst dem Ausschuss vorgestellt werden. „Das wird nicht auf Begeisterung stoßen“, ist sich Krämer schon jetzt sicher.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort