„Nicht davor nicht dahinter“ Urgesteine des Humors treffen in Königswinter ins Schwarze

Königswinter · Der Königswinterer Verein „Nicht Davor Nicht Dahinter“ bietet beim Kabarettfestival ein hochkarätiges Programm an.

 Willi Armbröster (rechts), hier mit Nedim Hazar, kennt alle Königswinterer Befindlichkeiten und weiß diese gekonnt und pointiert in Worte zu fassen.

Willi Armbröster (rechts), hier mit Nedim Hazar, kennt alle Königswinterer Befindlichkeiten und weiß diese gekonnt und pointiert in Worte zu fassen.

Foto: Frank Homann

Es tut sich was in Königswinter. Und zwar nicht davor und nicht dahinter, sondern mittendrin in der Altstadt: Die flackernden Impulse, die bereits seit einigen Jahren von Seiten der Kunstszene greifen und immer wieder für nachhallende Farbakzente sorgen, haben sich ausgebreitet.

Beim bestens besuchten „Kabarettfestival unterm Drachenfels“ im Garten von Haus Bachem jedenfalls loderten die Kulturflammen einen ganzen Abend lang gewaltig. Und das sicher nicht nur, weil die engagierten Künstler nacheinander mit zündelndem Wortwitz, glühendem Temperament oder knisternder Spöttelei den Gästen ordentlich einheizten. Das passiert, wenn der Funke überspringt, wenn die Melange stimmt, wenn Menschen zusammen kommen, die mit Herzblut etwas verfolgen.

Vereinsname geht auf kölsches Liedgut zurück

Dazu der Blick auf die Initiatoren: Dass Königswinter ein ergiebiger Nährboden für Kultur und Kunst sein könnte, wenn die nötigen Energien dafür frei gesetzt würden, haben auch Ulrike Dufner und Nedim Hazar erkannt. Königswinter sei als Wohnort wunderschön, aber es fehle etwas. „Als Zugezogene in der Altstadt ansässig, wollten wir deshalb für Königswinter etwas tun“, beschrieb Dufner den keimenden Wunsch nach breiterem kulturellen Angebot. Dem Wunsch folgten Taten: 2020 gründeten die beiden Kulturfreunde den Verein „Nicht davor Nicht Dahinter – Kultur & Kunst in Königswinter" Der Bezug zum bekannten Lied „Es war in Königswinter, nicht davor und nicht dahinter“ das einst die kölsche Mundartgruppe „Die drei Colonias“ in die Welt schickte, ist natürlich nicht zufällig gewählt.

Die Aufführung eines Heimatmusicals 2021 im Königswinterer Hof lieferte einen fulminanten Einstieg in die Vereinstätigkeit. „Wir wollten Königswinter wachküssen“, so Dufner. Das war ihnen gelungen. Ihr Dank gilt auch unterstützenden Künstlern wie der Kabarettistin Nessi Tausendschön, die bereits beim Musical mitgewirkt hatte.

Auch die Verantwortlichen der Stadt zeigten sich begeistert. „Dieser Verein ist ein Glücksfall für die Stadt“, erklärte Klaus Ruppert, Vorsitzender des Kulturausschusses in Königswinter. „Königswinter ist eben Königswinter“, brachte es Ulrike Dufner, heute erste Vorsitzende des Vereins, bei der Begrüßung auf den Punkt. Bei künftigen Veranstaltungen, die der Verein organisiere, stehe das Interkulturelle besonders im Fokus. Ihr ausdrücklicher Dank gilt den Akteuren der Stadt für die Kooperation.

Da kam der erste Auftritt eines Königswinterer Kultururgesteins beim Kabarettabend gerade recht. Willi Armbröster kennt als über Achtzigjähriger jeden Winkel, jede Befindlichkeit von Königswinter, auch wenn er Dollendorfer ist. Darauf legt er wert.

Willi Armbröster weiß um die Königswinterer Befindlichkeiten

Einst mit dem „Orden für die geschliffenste Zunge“ ausgezeichnet, hat er bis heute von seinem Wortbiss als Redner nichts verloren. „Vor 75 Jahren hatte ich meinen ersten Auftritt im Königswinterer Hof“, spielte er dem neuen Kulturverein einen Ball zu. Denn der Verein würde gerne den Königswinterer Hof als Spielstätte übernehmen, wenn dort wieder eine kulturelle Nutzung vorgesehen sei. „So, wie es in Königswinter war, wird es nie wieder sein“, ist Armbröster überzeugt und legte das auch dem Publikum in humoriger Deutlichkeit dar.

Ansichtskarten, Strohhüte, Nicke-Eselchen oder Kuckucksuhren mit Nachtigallenbesetzung waren für die Scharen von Fremden vorhanden: „Will man durch Königswinter lofe, muss man zuerst ne Strohhut kofe“. Klare Sache. Mit Eselchen, Droschken oder zu Fuß sei man den Drachenfels hochgekommen. Das alles hatte was vom rheinischen Ballermann plus Stallgeruch einer Zirkusmanege. Wegen der Hinterlassenschaften der Esel. „Kunst und Kultur sind nicht das Sahnehäubchen, sondern die Hefe im Teig“, betonte Armbröster.

Spontan hatte er übrigens noch Richard Kern, Ordensträger der Ritter vom Siebengebirge, bekannt durch seine vieljährige Tätigkeit als Fotograf vom Drachenfels, Sänger und Ehrenmitglied des MGV Gemüthlichkeit Königswinter auf die Bühne geholt. So kam das Publikum noch in den Genuss des besagten Liedes „Es war in Königswinter“.

Anka Zink, Kabarettistin, die nach eigenen Angaben „keine Haftung für neu entstehende Denkprozesse“ übernimmt, führte den humorigen Bühnenreigen weiter und beleuchtete ausgiebig den Handykult in all seinen aberwitzigen Facetten, die Vorzüge der noch handylosen Zeit fest im Blick. Als man sich noch einfach so verabredete, ohne vorab aufwendige „Google-Doodle-Rudel“ gebildet zu haben.

Mit Kabarettist Robert Gries eroberte die politische Streitkultur in seiner besten Form den Garten des Königswinterer Bürgermeisteramtes. Begleitet von den Lachsalven der Zuhörer fuhr Gries Verbalgeschütze auf, die treffsicher und schonungslos die Missstände in Wirtschaft und Verteidigung im Lande ins Wanken brachten.

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