Rauschendorf Konzerte zwischen Hobel und Säge

RAUSCHENDORF · Normalerweise kreischen in der Schreinerwerkstatt von Werner Schmitz die Kreissägen, die Hobelmaschine rattert, Späne fliegen durch die Luft.

 Passend zur blauen Stunde präsentierte das Quartett "Baroque in Blue" in Rauschendorf mitreißenden Jazz.

Passend zur blauen Stunde präsentierte das Quartett "Baroque in Blue" in Rauschendorf mitreißenden Jazz.

Foto: Werner Melsbach

Drei Tage lang standen die Maschinen nun jedoch still, stattdessen gaben Musiker den Ton an: Gleich drei Konzerte fanden in den Räumen der Schreinerei in Rauschendorf statt - ein außergewöhnliches Ambiente für außergewöhnlich gute Musik.

Angefangen hatte alles vor einem Jahr, als Martin Lintzen, seines Zeichens Klavierbauer, quasi als Untermieter in die Schreinerei einzog. "Ich habe mich hier direkt heimisch gefühlt", erinnert er sich.

Das Einzige, dem er hinterhertrauerte, waren die Konzerte, die Lintzen in dem Klaviergeschäft, in dem er zuvor tätig gewesen war, immer wieder gerne veranstaltet hatte. "Das kannst du doch hier auch", lautete die Antwort von Schreinermeister Werner Schmitz - und prompt war eine Idee geboren, die schon bei der Premiere im April vergangenen Jahres zu einem Riesenerfolg wurde.

Das erste Werkstattkonzert fand nicht nur bei den Zuhörern, sondern auch bei Musikern so großen Anklang, dass immer mehr größere und kleinere Bands sowie Ensembles anklopften, um auch einmal zwischen Hobel und Kreissäge spielen zu können.

Da die erforderlichen Umbaumaßnahmen in der Werkstatt jedoch mit einem enormen Aufwand verbunden sind, fanden jetzt gleich drei Konzerte hintereinander in der Schreinerei statt. "Wir haben hier im Vorfeld Tonnen bewegt", berichtet Lintzen. Schwere Maschinen und Apparaturen mussten beiseite geräumt werden, um Platz für die Besucher zu schaffen.

Tagelang wurde außerdem in der Werkstatt geputzt und gefegt, damit die Zuhörer nicht über einen Teppich aus Sägespänen laufen müssen. Dabei durfte natürlich der Betrieb nicht ruhen - sowohl für die Mitarbeiter der Schreinerei als auch für den Klavierbauer war bis Freitagnachmittag noch normales Alltagsgeschäft angesagt.

"Wir sind jetzt schon ganz schön geschlaucht", muss Lintzen daher auch zugeben. Lohn für die Mühe ist jedoch die positive Resonanz, die die Veranstalter sowohl seitens des Publikums als auch der Musiker erhalten. Zum Konzert mit dem Boogie-Woogie-Duo Jörg Hegemann und Patrick Ziegler reisten sogar Fans aus Bochum und Limburg an und übernachteten vor Ort im Wohnmobil.

Es ist die ganz besondere Atmosphäre, die begeistert. Es duftet nach Holz in der Schreinerei, ein großer Kaminofen verbreitet nicht nur eine behagliche Wärme, sondern auch sanften Feuerschein. Die Klavierecke, in der Lintzen sonst an seinen Pianos arbeitet, ist zum Konzert in blaues Scheinwerferlicht getaucht - die passende Beleuchtung für eine blaue Stunde mit dem Quartett "Baroque in Blue".

Die vier Musiker aus Siegburg - allesamt Mitarbeiter der dortigen Musikschule - servierten an diesem Abend aber nicht etwa klassische Barockmusik, sondern vielmehr mitreißenden Jazz. Allerdings nicht frei improvisiert, sondern nach Noten - genauer gesagt, nach einem mehr als 100 Seiten dicken Notenbuch. Karen Fälker-Herkenhöhner (Flöte), Hans Peter Herkenhöhner (Piano), Wendel Biskup (Bass) und Uli Poth (Schlagzeug) begeisterten das Publikum mit der Suite Nr. 2 von Claude Bolling.

Der in Cannes geborene Komponist machte sich als Jazz-Pianist und Filmmusikkomponist einen Namen. Seine 1987 komponierte Suite, eine Art "Jazz im barocken Gewand", hielt sich unglaubliche 560 Wochen in den US-Pop-Charts. Und auch auf der persönlichen Hitliste der Konzertbesucher dürfte das Stück seit dem Konzert ganz oben stehen, der Applaus jedenfalls wollte kein Ende nehmen.

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