Outlet Center in Königswinter Kritische Stimmen in Bad Honnef überwiegen

BAD HONNEF · Ein 20.000 Quadratmeter großes Areal, circa 120 Geschäfte, zwei Millionen Besucher pro Jahr und Investitionen in Höhe von 50 bis 80 Millionen Euro - Zahlen wie diese werden in der Diskussion um ein mögliches Factory Outlet Center (FOC) in Königswinter abgewogen.

Ein Investor würde auf Teilen ehemaliger Industrieflächen nahe der Innenstadt gerne ein FOC errichten. Die Diskussion macht vor der Stadtgrenze nicht halt: Für die Bad Honnefer Werbegemeinschaft Centrum gerät die Idee schon zum frühen Zeitpunkt, da Beratung und Entscheidungen noch ausstehen, gar zur "Drohkulisse". Auch bei einer stichprobenartigen GA-Umfrage bei Geschäftsleuten überwogen die negativen Bewertungen.

"Ich würde mich freuen, wenn wir mit einer gut besuchten Einstiegsdiskussion die Entschlossenheit des starken Bad Honnefer Fachhandels demonstrieren können und die zwingend wichtige politische Unterstützung auf breiter Plattform erreichen", lässt Centrums-Chef Georg Zumsande in der Einladung zum Treffen für Dienstag, 28. Januar, wissen.

Die Unterstützung von Wolfgang Diehl, der in vierter Generation ein Schuhfachgeschäft führt, ist ihm dabei sicher. "Daumen runter", so lautete seine knappe Antwort auf die Frage, was er von einem FOC halte. Vor allem Fachgeschäfte in der Modebranche, aber nicht nur sie würden unter Outlet-Angeboten leiden, so Diehl. "Jeder Euro kann nur einmal ausgegeben werden", sagt Gunda Holst-Ophoven, deren Familie drei Modegeschäfte betreibt.

Dass Outlet-Center die Innenstädte bedrohen, glauben wie sie auch Ilona Worischek und Karin Franken. Und: "Das betrifft die ganze Region", ist sich Franken, die das gleichnamige Fachgeschäft für Wäschemoden vor 33 Jahren gegründet und 2006 an Worischek übergeben hat, sicher. Auf der Strecke blieben immer Fachgeschäfte in den Citys, der Blick nach Bad Münstereifel etwa belege das.

Während Großinvestoren "Luft" hätten, über Jahre durchzuhalten - kleine, oft inhabergeführte Geschäfte hätten diese nicht. Verlierer seien aber auch die Kunden, so Franken und Worischek: Mit überproduzierter Vorjahresware oder "Restposten in wenig gängigen Größen" böten FOCs oft eine "Mogelpackung", sagt Franken aus eigener Anschauung.

Und sind FOCs vermeidbar? Wohl kaum, meint Holst-Ophoven: "Ein FOC zieht Kunden an, die alleine das Ziel haben, günstig zu kaufen." Dieser Trend halte leider an, durch alle Branchen. Reinhold Bähr, Herrenausstatter in Bad Honnef seit 1985, sagt zu den Plänen für Königswinter: "Eine solche Größenordnung wäre schädlich für die gesamte Rheinschiene." Auch Königswinter selbst werde verlieren: "Die können in der Altstadt dann noch ihr Winzerfest machen, und das war's." Franken sieht es ebenso: "Nach mehreren Stunden im FOC tun den Kunden die Füße weh, die gehen nirgendwo mehr hin, sondern rauschen nur noch über die Autobahn nach Hause."

Das glaubt auch Waltraud Kröll von Form & Design: "Zu glauben, die Kunden gingen danach in die City, ist ein Irrglaube." Zwar sei von FOCs vor allem die Modebranche betroffen. Aber, so Kröll: "Jeder Einzelhandel lebt vom anderen. Wir alle brauchen intakte Innenstädte." Zugeklebte Schaufenster, weil Geschäfte aufgeben müssten, seien tödlich für das gesamte Gefüge. Sie hofft, dass das "hohe Level" der Honnefer Innenstadt erhalten bleibt.

Doch dafür, so auch Franken und Andrea Tröstrum, Mitarbeiterin bei Juwelier Walscheid, brauche es auch städtische Investitionen für eine starke Innenstadt. Nur ein Beispiel: gut erreichbarer, möglichst kostenfreier Parkraum. Vor allem an Samstagen erlebe sie, dass Kunden das Geschäft wieder verließen, weil die Parkzeit ablaufe und Knöllchen drohten.

Franken schlägt den Bogen weiter: "Wir brauchen hier dringend einen Vollsortimenter", sagt sie, "und die Beseitigung der Hinterhöfe am Saynschen Hof." Stadtplanung sei, zum ohnehin großen Engagement der Geschäftswelt, ein wichtiger Baustein, damit sich (noch) intakte Innenstädte erfolgreich gegen Entwicklungen wie FOCs stemmen könnten.

Wie gefährlich wäre ein Factory Outlet Center in Königswinter für Bad Honnefs Innenstadt? Um diese Frage geht es beim Monatstreffen der Innenstadtgemeinschaft Centrum am Dienstag, 28. Januar. Mitglieder sowie Gäste aus Politik und Bürgerschaft treffen sich um 19.30 Uhr in der Parkresidenz, Am Spitzenbach 2. Referent ist Fachanwalt Hansjörg Tamoj.

Wie stehen Sie zum geplanten Factory Outlet Center in Königswinter?

"Solche Einrichtungen entwickeln eine Sogwirkung, die Innenstädte im Umfeld immer negativ zu spüren bekommen, vor allem die Modebranche. Und zu glauben, die Königswinterer Altstadt würde von einem FOC profitieren, halte ich für eine Utopie: Ein FOC ist immer ein geschlossenes System." Reinhold Bähr (65), Bähr Herrenmoden

"Man sollte keine Panik machen, sondern erst mal abwarten. Klar ist aber auch: Ein FOC in Königswinter wäre für die Bad Honnefer Innenstadt prekär. Unsere kleine, feine Innenstadt, die sich bisher erfolgreich gegen alle negativen Entwicklungen stemmt, wäre hier sehr stark betroffen." Philomena Archut (61), Philomena Damenmode

"120 Stores in einem FOC, da wären alle Branchen betroffen. Die Geschäftswelt in Honnef oder Siegburg tut alles, um ihre Innenstädte, auch mit Veranstaltungen, attraktiv zu halten. Solche Initiativen bräuchte auch Königswinter - das wäre besser als ein FOC, das die Citys rundum kaputt macht." Wolfgang Diehl (51), Schuhhaus Diehl

"Wir sind ohnehin in einer Konkurrenzsituation in Honnef, durch viele neue Modegeschäfte auf einer Straße. Ein FOC wäre sicher zusätzlich schädlich. Das Internet macht den Geschäften schon genug zu schaffen. Und wenn am Ende alle Innenstädte tot sind, ist das Geschrei groß." Marita Kochanski (55), Barbarina-Moden

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